Die Eistoten: Thriller (German Edition)
Josef ist harmlos. Ich habe mir schon gedacht, dass er wieder ums Haus schleicht, um die Nackerten anzuschauen.«
»Egal, keine Alleingänge mehr. Dieser Journalist ist tot. Und der Fall ist komplizierter, als ich dachte. Und wie alles in Hintereck stinkt er gewaltig zum Himmel.«
»Sag mir nicht, dass auch der Journalist erfroren aufgefunden wurde.«
»Nein, er ist auf dem Grünten abgestürzt. Allerdings, meinte seine Kollegin, an einer Stelle, wo man gar nicht abstürzen kann, wenn man es nicht drauf anlegt.«
»Oder wenn jemand nachgeholfen hat.«
»Das ist gut möglich. Offiziell war es ein Unfall. Die Wahrheit hat Mulder wohl mit sich genommen. Es ist aber schon ein Zufall, dass Mulder kurz nach der Veröffentlichung seines Artikels über die Eistoten gestorben ist. Aber das ist nicht alles. Zugl ist dem Journalisten auf den Leim gegangen. Der Journalist hat sich wahrscheinlich als Detektiv ausgegeben. Zugl hatte sich von Wegener und Gruber Geld geliehen, weil er nicht genügend Bargeld hatte, um Mulder zu bezahlen. Zugl verlor sein Haus und seine Frau den Verstand. Anfangs sah es wohl so aus, dass Jakob Mulder den Zugl nur gemolken hat.«
»Und wie hat Zugl Mulder getroffen?«
»Ich glaube, dass Mulder den Vater des Mädchens getroffen hat. Nachdem die Polizei keine Ermittlungen eingeleitet hatte, hat Mulder dem Zugl eingeredet, dass er den Mörder seiner Tochter finden kann.«
»Du meinst, Mulder wusste gar nicht, ob Ina Zugl ermordet wurde.«
»Er hat es erst einfach angenommen. Und weil diese Vermutung noch Geld einbrachte, hat er sie weiterverfolgt. Doch dann ist Mulder auf etwas gestoßen. Er fand heraus, dass Ina Zugl tatsächlich ermordet wurde und dass sie nicht die einzige Tote war.«
»Dann ist Mulder ganz zufällig oder aus purer Geldgier auf die Eistoten gestoßen.«
»Und auf die Spur eines eiskalten Mörders.«
»Der ihn dann am Grünten von der Felskante gestoßen hat. Mann, ich habe mal gesehen, wie ein Schäferhund abgestürzt ist. Vierzig Meter, auf nackten Felsen. Platsch! Im Umkreis von fünf Metern waren noch die Organe verteilt.«
»Tom, hör auf mit deinen Horrorgeschichten. Ich habe keine Zeit. Wenn ich in zwei Tagen nicht mehr als nur bloße Vermutungen habe, dann sperrt mein Vater mich in die Klapse.«
»Ich komm mit.«
»Das ist kein Scherz. Zwei Wochen soll ich in der Alpklinik bleiben.«
»Scheiße, was willst du denn da?«
»Man will mich kaltstellen. Mein Vater und allen voran Amalia.«
»Ich kann das Telefon deiner Schwester anzapfen oder ihre Telefonnummer auf einer Pornoseite veröffentlichen.«
»Meine Schwester ist unwichtig. Aber ich habe eine Idee. Hör zu …«
Die Verbindung wurde unterbrochen. Alice rutschte auf dem glatten Trottoir. Jemand schrie in sein Handy und gestikulierte wild. Ihr kamen Leute entgegen, massenweise Pelzmäntel, gefüllte Plastiktüten, jeder war noch hektischer als sein Vorgänger, es wurde überholt und gestoßen. Im Schneematsch stapften Pudel und schüttelten sich die Füße. Kruzifix, fluchte ein Herr im Lodenmantel, als er Alice anrempelte. Weihnachtenwar noch nicht vorbei, und schon fluchten sie wieder. Für jeden Fluch, hatte Pfarrer Bez im Religionsunterricht gesagt, ließ Gott seine Sünder ein Jahr vor dem Paradiestor stehen. Alice hatte das damals schon sehr komisch gefunden, weil die Schlange der Hinterecker vor dem Paradiestor nie enden würde. Für jede Minute, die allein ihr Großvater vor dem Tor stehen müsste, würde er zehn Flüche von sich geben. Das hieß, jede Minute müsste er zehn Jahre länger stehen. Letztendlich kam sie zu dem Resultat, dass die gesamte Menschheit und darunter auch die besten aller edelsten Menschen vor dem Paradiestor wären.
Alice drehte sich um. Sie wollte auf die andere Straßenseite, wo sie nicht gegen den Strom schwimmen musste. Sie hatte den Fuß schon über einen grauschwarzen Schneehaufen gesetzt, als sie ihn sah. Er bewegte sich ohne Eile und wie sie gegen den Strom. Ach, wer sollte sie schon verfolgen? Niemand wusste, dass sie hier war. Nicht einmal ihr Vater. Er glaubte, dass sie brav im Wartezimmer des Psychiaters wartete. Sie bog um die Ecke. Der Geruch von Bratwurst und Popcorn.
Der Residenzplatz lag nun hinter ihr. Die Praxis Schrebers war in der nächsten Seitengasse. Alice steckte ihr Handy ein und nahm die Abkürzung hinter dem Würstlstand, als plötzlich etwas auf sie zuraste. Die eisige Kälte auf der Stirn, und plötzlich lag sie am Boden mit dem Gesicht im
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