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Die Elben - 02 - Die Könige der Elben

Die Elben - 02 - Die Könige der Elben

Titel: Die Elben - 02 - Die Könige der Elben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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in Erfahrung bringen können.
    Ansonsten war das Reich Xarors beinahe spurlos verschwunden. Man hatte in den Gebieten des Zwischenlandes, die von Elben erforscht worden waren, weder Ruinen noch irgendwelche sonstigen Hinterlassenschaften entdeckt. Allerdings hatte man bisher auch nicht allzu intensiv danach gesucht.
    Zunächst waren die Elben über lange Zeit damit beschäftigt gewesen, ihr neues Reich aufzubauen, und da wollte niemand an eine düstere Vergangenheit erinnert werden, in der das so einladend vor ihnen liegende Land das Zentrum eines düsteren Schatten-Imperiums gewesen war. Und seitdem die barbarischen Rhagar an den Küsten des südlichen Zwischenlands aufgetaucht waren, war die Sorge darüber in den Vordergrund getreten, wie man sich dieser Flut von Barbaren erwehren sollte. Deren bedrohlichste Waffe war nicht ihre ungeheure Brutalität und Grausamkeit, auch nicht ihre Fähigkeit, zumindest die technischen und kulturellen – weniger die magischen – Errungenschaften der Elben zu kopieren.
    Nein, ihre auf lange Sicht wirkungsvollste Waffe war die erschreckend hohe Zeugungsfreudigkeit. Die Rhagar vermehrten sich rasch, ihre Kinder wuchsen schnell heran und neigten dazu, aufgrund ihrer kurzen Lebensspanne bereits selbst Kinder in die Welt zu setzen, noch bevor sie in ihrer eigenen Entwicklung ein Stadium erreicht hatten, das unter Elben auch nur annähernd als geistige Reife bezeichnet worden wäre.
    Eines Tages, da war sich Keandir sicher, würden sie so zahlreich sein, dass sich ihnen keine noch so gut ausgerüstete Elbenarmee widersetzen konnte. Keandir hatte oft darüber nachgedacht, dass dieser ungehemmt ausgelebte Zeugungswille wohl die Art der Rhagar war, sich dem unumstößlichen Faktum ihres frühen Todes entgegenzustellen.
    Das Zeugen von Nachwuchs war für sie die einzige Möglichkeit, die Zeitalter zu überdauern. In gewisser Weise waren sie aufgrund ihrer schon bei der Geburt gegebenen Nähe zum eigenen Tod bedauernswerte Geschöpfe, deren Grausamkeit jedoch dafür sorgte, dass das Mitleid der Elben mit ihnen nie überhandzunehmen drohte, obwohl sie sich vom Aussehen her sehr ähnelten.
    »Alles hat mit der Begegnung mit dem Augenlosen Seher angefangen«, sagte Keandir auf einmal zu Ruwens Überraschung, denn eigentlich hatte sie nicht damit gerechnet, dass er ihr noch eine Antwort geben würde. Sie hatte inzwischen gelernt, dass diese Phasen der inneren gedanklichen Versenkung weder ein Zeichen schwindender Liebe auf Seiten des Königs waren, noch eines für aufkommenden Lebensüberdruss. Er wandte sich ihr zu und sah sie an, als wollte er noch etwas sagen. Er öffnete halb den Mund, doch es kam kein einziges Wort über seine Lippen.
    Ruwen stieg ebenfalls aus dem Bett. »Ihr habt mir gegenüber nie viel über Eure Begegnung mit dem Augenlosen erzählt«, sagte sie und wechselte dabei in die Höflichkeitsform, die übliche Anrede für einen Elbenkönig. Die sprachliche Distanz, die sie damit zum Ausdruck brachte, war ein Spiegelbild der inneren Ferne, die sie stets gespürt hatte, wenn es um dieses Thema ging. Lange Zeit hatte Ruwen sich einzureden versucht, dass es nicht wichtig wäre, denn schließlich hatte seinerzeit Prinz Sandrilas den Augenlosen Seher erschlagen.
    Manches hatte Ruwen geahnt, anderes hatte sie selbst auf gewisse Weise mitempfunden, da sie während Keandirs Begegnung mit dem Augenlosen immer wieder für kurze Momente eine schwache geistige Verbindung zu ihm gehabt hatte. Etwa in dem Augenblick, als ein dunkler Schatten seine Seele bedeckte. Anderes hatte sie aus den Erzählungen jener Elben erfahren, die damals Zeugen von Keandirs Kampf mit dem Feuerbringer geworden waren, eines Geschöpfs, dem Xaror den Auftrag gegeben hatte, den Augenlosen Seher zu bewachen, und den dieser einen Bruder des Furchtbringers genannt hatte.
    Das Wenigste aber hatte sie aus Keandirs eigenen Worten erfahren.
    Keandir schloss die Augen. Sein Gesicht zeigte einen Ausdruck der Qual. Bilder erschienen vor seinem inneren Auge. Bilder der Vergangenheit.
    Sechsfingrige Hände, die sich um das uralte Hartholz zweier Zauberstäbe legen, beide mit barbarisch anmutenden Schnitzereien versehen, der eine dunkel und von einem Schatten aus Schwarzlicht umgeben, der andere aus hellem, fast weißem Holz und aus seinem Inneren heraus leuchtend, sodass er von einem Lichtflor umrahmt wird.
    Ein zum Leben erwachender, sich bewegender geflügelter Affe aus Gold an der Spitze des hellen Stabs – ein auf die

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