Die Elben - 02 - Die Könige der Elben
Prinz Sandrilas, der Befehlshaber des elbischen Kriegsheeres, an der Besprechung teil. Denn wenn die Herzogtümer nach innen auch nahezu vollständige Autonomie hatten und nur nominell dem König der Elben unterstellt waren, so waren sie doch hinsichtlich ihrer Verteidigung auf die Flotte und das Heer Elbianas angewiesen. Aus eigenen Kräften konnten sie zwar der Aggression eines lokalen Menschenherrschers begegnen, nicht aber einem vereinten Rhagar-Heer, wie es zuletzt der Eisenfürst Comrrm angeführt hatte.
Besonders bedroht war natürlich das Grenzland Elbara, das nach wie vor unter der Herrschaft von Herzog Branagorn stand, den man einst Branagorn den Suchenden genannt hatte.
Seine Provinz wurde im Süden von der inzwischen stark ausgebauten Aratanischen Mauer begrenzt, die von der Küste des Zwischenländischen Meeres bis zu jenem Gebirge reichte, in dem die Berge Zylopiens an das Bergland von Hocherde grenzten.
Herzog Ygolas – ehemals Ygolas der Bogenschütze – war von König Keandir zum Herzog von Nuranien erhoben worden, nachdem Herzog Merandil in der Schlacht an der Aratanischen Mauer gefallen war.
Neben ihm hatte Herzog Isidorn von Nordbergen Platz genommen, der von der Gründung eines neuen, Nordgond genannten Hafens an der dem Eisland gegenüberliegenden Küste seines Herzogtums berichtete. Isidorn überlegte gar, seine Residenz von dem weiter westlich gelegenen Berghaven nach Nordgond zu verlegen, aber das sei ein Plan für das nächste Jahrhundert. Des Weiteren sprach Isidorn davon, dass unter der Führung seines Sohnes Asagorn eine Gruppe von Elben auf dem Landweg bis an die östliche Küste des Zwischenlandes vorgedrungen sei und dort die Häfen Meergond und Meerhaven gegründet habe.
»Ihr habt einen Sohn, Herzog Isidorn?«, fragte Keandir erstaunt. »Wir haben wirklich lange Zeit nichts voneinander gehört, denn mir ist noch nicht einmal bekannt, dass Ihr Euch eine Gemahlin genommen habt.«
»Es ist die liebliche Merenwé«, berichtete Herzog Isidorn, und ein besonderer Glanz trat dabei in seine Augen. »Ich traf sie, als ich auf dem Rückweg von der Schlacht an der Aratanischen Mauer den Nur bis zum Quellsee hinaufsegelte und Turandir besuchte.« Turandir am Quellsee des großen Stroms Nur war die südlichste Stadt in Isidorns Provinz. Sie lag zwischen dem Ufer des Quellsees und den ersten Gebirgsketten von Nordbergen.
»Erst ein Jahrhundert der Zweisamkeit, und Ihr wart Euch bereits sicher, dass die liebliche Merenwé die Mutter Eures Sohnes sein darf?«, fragte Prinz Sandrilas, der sein Erstaunen kaum zu verbergen vermochte. »Dann muss es wahre Liebe sein, wenn Ihr Euch so früh so sicher gewesen seid.« Er war der einzige Athranor-Geborene im Raum und hatte damit noch die Zeit des Aufbruchs aus der Alten Heimat erlebt, während es sich bei allen anderen Anwesenden um Seegeborene handelte.
In nicht allzu ferner Zukunft – das war König Keandir durchaus bewusst – würde er auch die Elbiana-Geborenen an den Führungsaufgaben des Reiches beteiligen müssen. Sein Statthalter von Nord-Elbiana hatte angedeutet, sein Amt höchstens noch ein Jahrhundert ausüben zu wollen, weil er sich dann dem Studium alter Schriften und der spirituellen Erbauung zu widmen gedachte. Möglicherweise wäre dies der richtige Zeitpunkt, einen geborenen Elbianiter zum Nachfolger zu benennen. Doch darüber hatte Keandir noch keine abschließende Entscheidung getroffen.
Herzog Isidorn fuhr fort: »Ich muss Euch korrigieren, werter Prinz. Mein Sohn ist bereits fast ein Jahrhundert alt. Die Entscheidung, mit der lieblichen Shirawén eine Familie zu gründen, wurde noch sehr viel schneller getroffen, als Ihr vermutet, und im Rückblick muss ich dazu sagen, dass es wohl ein besonderer Überschwang der Leidenschaft war, der uns dazu trieb.«
»Das klingt ja fast schon nach den hastigen Hochzeitsgebräuchen der Rhagar, über die man sich die schauerlichsten Geschichten erzählt«, entgegnete Prinz Sandrilas. »Ich hoffe nicht, dass ausgerechnet Ihr als Herzog von Nordbergen, der Ihr doch fern von jeder Rhagar-Siedlung lebt, damit anfangt, die Gewohnheiten dieser Barbaren zu übernehmen!«
»Ich bin einfach nur meinem Herzen gefolgt«, erklärte Isidorn mit fester Stimme.
»Genau das meine ich ja!«, sagte Sandrilas. Er warf Keandir einen kurzen Blick zu und fuhr dann fort: »Es steht mir zwar nicht zu, Euch zu kritisieren, aber in der Vergangenheit habe ich den König zeitweilig vertreten, als dieser aufgrund
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