Die Elben - 02 - Die Könige der Elben
bedeckte dies nicht den ganzen Körper, und die Hornissen griffen sofort die haarlosen Partien an der Vorderseite des Kopfes um Rüssel und Augen herum an. Die Elben wussten nicht, wie empfindlich die Haut des Mannus dort war, ob Hornissenstiche sie überhaupt durchdringen konnten, aber das Mannus war außer sich, und der Trork konnte sich nur mit Mühe an den Haaren des Tiers festhalten. Die Insekten versuchten in die Öffnungen des Rüssels und in die Ohren einzudringen oder ins Maul zu gelangen, und Dutzende von Stichen in die etwa einen Meter lange, rosafarbene Zunge ließen diese anschwellen. Das gewaltige Tier bekam Atemnot, litt unter Todesangst. Es war wie von Sinnen.
Keandir erkannte, dass es dringend geboten war, einzugreifen. Er ließ Hornbläser Eskidor das Angriffssignal geben, damit ihnen das Herr von Elben und Zentauren zu Hilfe kam, und Thamandor schoss den Flammenspeer ab; schnurgerade zog sich der Feuerstrahl durch die Luft und traf genau den Punkt, an dem eine der Ketten im Felsgestein mit dem Ring verankert war. Innerhalb eines Augenblicks glühten Ring und Kettenglieder rot auf und zersprangen. Das sich gegen die Zugkraft der Trorks stemmende Mannus wurde daraufhin nur noch von einer Kette gehalten und taumelte zurück, während jener Trork, der das Hornissennest auf den Rücken des Riesentiers gebracht hatte, hinabgeschleudert wurde.
Das Mannus riss und zerrte an der zweiten Kette, und die Trorks konnten das weiße Mammut nicht mehr halten – wohl auch, weil sie so erschrocken waren über den Lichtschuss des Flammenspeers. Das Mannus trampelte wütend wegen der Hornissen auf der Stelle herum. Es drängte nach vorn, zwischen den beiden Felsentürmen hervor und auf die Trorks zu, die das Tier offenbar mit seiner misslichen Lage in Verbindung brachte. Es griff die Trorks an und stieß dabei mit dem linken Hinterbein den Käfig mit Asagorn und den anderen Gefangenen um.
Thamandor streckte es mit einem Schuss seiner Einhandarmbrust nieder. Das magische Gift fraß sich in den massigen Körper und verwandelte ihn in eine dampfende, amorphe Masse.
Die Trorks heulten auf vor Wut. Aber vor allem erfüllte sie Panik und Orientierungslosigkeit. Doch diejenigen, welche die Flucht ergriffen, prallten mit dem heranrückenden Elbenheer unter Siranodirs Führung zusammen. Schon klang Kampflärm auf, Schreie gellten – zumeist von Trorks und nicht aus Elbenkehlen.
»Vorwärts!«, rief Jay Kanjid und zog sein Rapier. Er stürmte voran, ohne jemanden gefragt oder sich mit seinen elbischen Kampfgefährten abgesprochen zu haben. Doch Keandir, Thamandor und die anderen Mitglieder seines Stoßtrupps erhoben sich ebenfalls aus ihrer Deckung.
Hier und dort kam es zu Kämpfen mit Trorks, aber die meisten der augenlosen Wilden ergriffen sofort die Flucht. Jay erreichte den Käfig mit seinen Gefährten. Mit ein paar gezielten Hieben seines Rapiers öffnete er den Holzkäfig, dann machte er sich daran, auch die anderen Gefangenen zu befreien.
Isidorn befreite inzwischen seinen Sohn und dessen Mitgefangene. Zwei von ihnen waren leicht verletzt worden, als der Käfig umgestoßen worden war, Asagorn hatte sich davon aber schon wieder erholt. Die Verwundeten würden sehr schnell genesen, und zwar dank ihrer angeborenen Selbstheilungskräfte und einem Repertoire an Heilzaubern, die in dünn besiedelten Gebieten wie Nordbergen oder Meerland jeder Elb beherrschen musste, da er im Falle einer Verletzung nicht damit rechnen konnte, alsbald in die Hände eines Heilers zu gelangen.
»Asagorn!«, rief Herzog Isidorn bewegt und schloss seinen Sohn in die Arme.
»Ich hatte schon nicht mehr damit gerechnet, Euch je lebend wiederzusehen, Vater«, erwiderte der Herzog von Meerland.
In diesem Augenblick geschah es – etwas, mit dem keiner der Elben oder Zentauren gerechnet hatte!
Zwischen den beiden Felssäulen öffnete sich ein Spalt aus Licht, wurde immer breiter und füllte den Zwischenraum zwischen den Felsen schließlich zur Gänze aus.
Keandir kämpfte gerade gegen einen einzelnen Trork, der dann aber ebenso in den Bann dieser Erscheinung geriet wie der Elbenkönig. Aber Keandir löste sich schneller aus der Erstarrung und schlug seinem Gegner den Kopf ab, und als daraufhin ein weiterer Trork den König blindwütig angriff, traf diesen ein Bolzen aus Thamandors rechter Einhandarmbrust, während der elbische Waffenmeister den Flammenspeer in der Linken hielt; er wollte die Waffe nicht in unmittelbarer Nähe des Königs
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