Die Elben - 02 - Die Könige der Elben
erkennbar. Die Stäbe des Augenlosen Sehers trug er nicht bei sich, wie Keandir feststellte. Dafür aber die monströse Axt, die ihn kennzeichnete. Er wirbelte sie durch die Luft, und ein schauderhaftes Lachen dröhnte in Keandirs Kopf, während aus der Finsternis, die unter der Kapuze war, nur gurgelnde Laute hervordrangen.
Die Gnome griffen sofort in die Kämpfe ein, die mit einer Verbissenheit geführt wurden, die auf Seiten der Trorks keine Flucht und kein Nachgeben mehr zuließ. Ihr Gott hatte zu ihnen gesprochen und führte sie nun selbst in den Kampf, obwohl das Opferritual misslungen war. Damit zeigte er seine Gnade, aber auch seine Kraft, denn er hatte das Opfer nicht nötig, um sich dem Feind entgegenzustellen.
Keandir wandte sich an Thamandor. »Ich werde den Axtherrscher zum Zweikampf stellen!«, erklärte er mit fester Stimme. »Er muss uns die Elbensteine und die Zauberstäbe zurückgeben!«
»Wie wollt Ihr ihn bezwingen, mein König?«
»Falls ich es nicht schaffe, tötet uns beide mit einem Feuerstrahl Eures Speers!«, befahl König Keandir.
Eine Antwort des Waffenmeisters wartete Keandir nicht ab.
Mit einem Gedankenbefehl rief er eines der Pferde herbei, mit denen die Krieger seines Heeres herbeigeritten waren und dessen Besitzer vom Feind aus dem Sattel gerissen worden war. Er schwang sich auf dessen Rücken und ließ es voranpreschen. Seine Augen füllten sich mit purer Finsternis.
Er konnte spüren, wie sie seine Seele durchdrang, sich ausbreitete und ihm Kraft gab. Finsternis gegen Finsternis – er würde alles, was von dieser dunklen Kraft in ihm war, mobilisieren müssen, wenn er in diesem Kampf bestehen wollte. Dutzende von Gedanken rasten ihm in diesem Moment durch den Kopf. Einer davon war Ruwen gewidmet, ein anderer Brass Elimbor.
Doch diesmal konnte er mit der Hilfe des verklärten Brass kaum rechnen. Der Kampf fand nicht in der seltsamen Zwischenwelt statt, die der Axtherrscher für seine Reisen benutzte und in der sich auch Brass Elimbor zu materialisieren vermochte, sodass er in das Geschehen eingreifen konnte.
Doch plötzlich hallte eine Stimme in seinem Kopf wider. Sie war warm und tief und voller Vertrauen. »Ich bin bei dir, König Keandir. Jetzt und immer!«
»Brass Elimbor!«
Seine Lippen murmelten diesen Namen, und für einen Moment schienen weder Zeit noch Kausalität oder das Schicksal eine Rolle zu spielen.
Mit einem Kampfschrei, der in den Ohren eines Elben barbarisch klang und von primitiver Gewalt geprägt war, preschte er auf den übermächtigen Gegner zu. Drei Gnomenkrieger ritten ihm entgegen, alle drei auf dem Rücken eines einzigen Pferdes. Ein Metallhaken, der mit einer Schleuder abgeschossen wurde, ritzte ihn an der Schulter, und während Keandir den Heilungszauber murmelte, erreichte er das Trio und holte mit einem einzigen Streich alle drei Feinde aus dem Sattel. Schicksalsbezwinger durchdrang den Brustkorb des Ersten, glitt etwas empor und schlug dem Zweiten den Kopf ab, während die messerscharfe Schneide dem dritten Gesicht und Schädel in der Mitte vertikal spaltete.
Hirnmasse und Blut spritzten. Der Elbenkönig hatte Schicksalsbezwinger mit beiden Händen geführt und lenkte das Ross kraft seiner Gedanken.
Er wirbelte herum, trieb das Pferd voran und hatte nur noch den Axtherrscher vor sich, dessen Axt mit der furchtbaren Doppelklinge bereits auf ihn zusauste.
10
DAS GESICHT DES GESICHTSLOSEN
Keandir duckte sich. Die Schulter, an der ihn der Metallhaken des Gnoms getroffen hatte, schmerzte kaum; dafür sorgte der Heilzauber, den der König angewandt hatte. So konnte er sich voll und ganz auf den Kampf gegen den Axtherrscher konzentrieren; es musste ihm gelingen, diese finstere Gestalt diesmal an der Flucht in eine andere Dimension zu hindern.
Und dafür, davon war Keandir überzeugt, musste er ihm den Weg zum Lichttor zwischen den Felsen verwehren.
Dicht strich die Doppelklinge der Axt über den König hinweg, streifte aber noch dessen Helm, sodass ihm dieser vom Kopf gerissen wurde. Keandir führte Schicksalsbezwinger mit beiden Händen und führte einen Stoß gegen den Oberkörper des Axtkriegers, doch der parierte den Schlag mit der monströsen Axt und lenkte die Klinge zur Seite. Der nächste Hieb des Axtherrschers verfehlte Keandir erneut nur knapp, traf aber den Hals seines Rosses. Mit schmerzerfülltem Wiehern ging das Tier zu Boden. Keandir sprang aus dem Sattel und rollte sich geschickt ab. Der Axtherrscher schleuderte die Axt
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