Die Elben - 02 - Die Könige der Elben
ansehen zu müssen«, sagte sie einmal zu ihrem Gemahl, als es ihr besonders schlecht ging. Eine Gelenkentzündung, die selbst elbische Mittel nicht heilen und ein Schmerzzauber kaum lindern konnte, hatte sie für Wochen ans Bett gefesselt.
Magolas ergriff ihre Hand. »Ich habe die Hoffnung noch nicht aufgegeben«, sagte er. »Es wird sicher ein Heilmittel geben. Ganz bestimmt…«
Eines Tages erschien ein Wanderer im Palast des Königs Magolas. Es war Lirandil der Fährtensucher, von dem immer fantastischere Gerüchte und Legenden in Umlauf gekommen waren und den man inzwischen auch Lirandil den Weitgereisten nannte.
»Ihr wart lange fort«, begrüßte ihn Magolas in seinem Throns aal, nachdem man ihm Lirandil angekündigt hatte. »Und nun findet Ihr mich als König in Aratania vor.«
»Ich habe Euren Weg aus der Ferne verfolgt«, sagte Lirandil.
»Euer Ruf ist bis in das verborgenste Tal von Hocherde und die äußersten Ländern der Rhagar gelangt. Ich habe von Euren Taten in Hocherde und Maduan gehört und auch davon, was Ihr in Kossarien oder Aybana vollbracht habt. Selbst in den östlichsten Rhagar-Reichen Haldonia und Marana bewundert man Eure Macht, und in Cosanien sieht man in Euch den Nachfolger des Eisenfürsten Comrrm.«
»Und dennoch ist mein Herz voller Kummer, und mein Leben rollt auf den Abgrund zu«, antwortete Magolas. »Ich habe mir mein eigenes Reich geschaffen. Ein Elb, der über die Kurzlebigen herrscht. Ein Langlebiger, der in den Augen der Rhagar nahezu unsterblich ist und ihre rohe Kraft auf langfristige Ziele lenken kann. Aber so mächtig ich auch sein mag, ich bin nicht in der Lage, meiner geliebten Gefährtin Larana das Leben zu retten. Sie wird jämmerlich zugrunde gehen, weil die Natur oder die Namenlosen Götter oder welch ein grausames Gesetz auch immer dies so beschlossen hat.
Selbst die Magie scheint mir keine Möglichkeit geben zu wollen. Ich habe eine Heilerin hier in Aratania, und sie konnte die schlimmsten Auswirkungen dieser Krankheit dämpfen.
Aber gewinnen kann ich diesen Kampf, welcher der wichtigste meines Lebens ist, nicht!«
»Ich sehe Euren tiefen Schmerz«, sagte Lirandil. »Doch ich fürchte, auch ich werde wenig dazu beitragen können, ihn zu lindern.«
»Es bleibt mir wohl nichts anderes, als die letzte Zeit mit ihr zu genießen, bevor ihre Seele an einen Ort geht, an dem ich sie nicht zu erreichen vermag. Ich weiß nicht, ob ich das verkrafte oder ob mich dann der Lebensüberdruss dahinrafft. Das große Magolasische Reich steht auf tönernen Füßen, und da Larana und mir bisher auch keine Kinder vergönnt waren, wohl weil die fruchtbare Zeit einer Menschenfrau nur ein paar Jahre beträgt, wird mich dies Reich nicht lange überleben, wenn mich die Verzweiflung übermannt und ich meiner erbärmlichen Existenz ein Ende setze.«
Selten hatte Magolas so offen über seinen Schmerz gesprochen, aber auf die Dauer war es ihm unmöglich, seine Verzweiflung in seinem Herzen einzuschließen. Mit Larana, die mit ihm sonst alles teilte, konnte er darüber nicht sprechen, denn er war der Überzeugung, dass dies den Schmerz auf ihrer Seite nur noch vergrößert hätte.
Der Großkönig, wie die Rhagar Magolas oft ehrfürchtig nannten, zwang sich zu einem Lächeln und sagte: »Berichtet mir dennoch ausführlich von Euren Reisen, Lirandil. Das wird mich ablenken.«
Ein ganzes Jahr blieb Lirandil in Aratania und berichtete Magolas von seinen Erlebnissen. Eine Notwendigkeit, möglichst schnell nach Elbenhaven zurückzukehren, sah er nicht, denn inzwischen hatte sich im ganzen Zwischenland herumgesprochen, dass König Keandir die Elbensteine zurückgeholt und den Axtherrscher der Trorks getötet hatte.
Schon in Karanor hatte Lirandil dies mit Freuden vernommen.
»Man könnte nun meinen, dass meine Mission vergeblich war, denn schließlich hat König Keandir mich ausgeschickt, um den Verbleib der Steine zu ergründen. Aber zwischenzeitlich stieß ich bei meiner Suche auf Hinweise darauf, dass ein großer Plan des Bösen die Elbenheit in Zukunft bedrohen wird. Es gab einst ein Dunkles Reich, das den Kontinent Ethranor beherrschte und zuerst von Xaror und dem Augenlosen Seher, später von Xaror allein regiert wurde. Die Bibliotheken der Halblinge in Osterde enthalten zahlreiche Schriften, die diese Zeit behandeln. Ich lernte ihre Sprache, so wie ich ihnen die meine beibrachte, und verbrachte Jahre dort, auf der Suche nach Hinweisen auf das Volk der Sechs Finger und Xarors
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