Die Elben - 02 - Die Könige der Elben
sie in kleinen Horden zusammenleben, die raubend und plündernd durch die Gegend ziehen«, mischte sich Siranodir mit den zwei Schwertern in das Gespräch ein.
Isidorn wandte sich ihm zu und nickte. »Ja, das haben wir immer gedacht. Dann aber sahen wir die Scharen von Trorks, die sich in der Senke zwischen der Gebirgskette und dem Waldreich versammelt haben. Ich sage Euch, werter Siranodir, hinter dem allem steht ein Plan!«
Draußen begann es zu stürmen. Die Fensterläden klapperten, und durch die zahlreichen Ritzen von Burg Turandir zog der Wind in das Gemäuer.
Herzog Isidorn versicherte, dass solche Stürme um diese Jahreszeit in Turandir nichts Ungewöhnliches waren und dass das Unwetter bald wieder vorüberziehen würde. »Allerdings tut man gut daran, alles festzubinden, was nicht wegfliegen soll, bevor so ein Sturm losbricht«, ergänzte er.
König Keandir, Thamandor und Siranodir saßen zusammen mit dem Herzog am Kamin, während die Mannschaften der acht Schiffe in der örtlichen Garnison der Stadtwache untergebracht waren; dort war aufgrund der hohen Verluste, welche die Elbenkrieger im Kampf gegen die Trorks erlitten hatten, erschreckend viel Platz.
Nachdem Herzog Isidorn seine Gäste bewirtet und Keandir seine Gemahlin Merenwé vorgestellt hatte, kam ein Gesandter der Zentauren hinzu. Er hieß Sokranos und wusste die Elbensprache mit einer Feinsinnigkeit des Ausdrucks zu benutzen, von der die Athranor-Geborenen behaupteten, dass sie den jüngeren Elben völlig abhanden gekommen wäre. Für den Gesandten wurde ein Lager aus Fellen bereitet, das groß genug war, um seinen Pferdekörper darauf zu betten.
»Es ist mir eine außerordentliche Freude, dem König der Elben einmal persönlich zu begegnen«, sagte er und deutete dabei mit seinem menschlich wirkenden Oberkörper eine Verbeugung an. »Das Volk der Zentauren steht in der Schuld Eures Reiches, denn ohne die Hilfe der Elben hätten die Trorks uns längst ausgerottet.«
»Wir betrachten die Zentauren als Verbündete«, sagte Keandir. »In der Schlacht an der Aratanischen Mauer kämpfte ich mit Euren Vorfahren Seite an Seite.« Die durchschnittliche Lebenserwartung der Zentauren war, wie man inzwischen wusste, zwar etwas höher als die der Menschen, aber im Vergleich zur Lebensspanne der Elben kaum mehr als ein Augenblick. Nur wenige Zentauren schafften überhaupt das hundertfünfzigste Jahr. Keiner der nun lebenden Zentauren war schon im kampffähigen Alter gewesen, als die Schlacht an der Aratanischen Mauer getobt und nicht nur unzählige Elben, sondern genauso viele Zentauren ihr Leben gelassen hatten.
Sokranos berichtete, dass er Boten zu den Siedlungen im nördlichen Waldreich geschickt habe, um von dort Hilfe für die Stadt Turandir zu erbitten. »Aber von diesen Boten ist nur einer zurückgekehrt«, erklärte der Zentaur. »Und der versicherte mir zwar, dass ein kleines kampfkräftiges Heer der Zentauren auf dem Weg zum Dunklen Auge Nordbergens sei, doch dieser Trupp hätte Turandir längst erreichen müssen.«
»So ist das Schicksal dieser Zentaurenkrieger also ungewiss«, meinte Isidorn.
»Ebenso wie das der anderen Boten, die ich entsandte«, bestätigte Sokranos. »Ich halte es durchaus für möglich, dass sie abgefangen und getötet wurden.«
»Sagt mir, werter Sokranos, Ihr Zentauren kommt doch viel herum«, sagte Keandir und brachte die Sprache auf ein Thema, das ihm schwer auf dem Herzen lag. »Die Trorks haben Pranken mit je sechs Fingern und keine Augen, und ich dachte, Ihr wüsstet vielleicht etwas über Geschöpfe, die ihnen in dieser Hinsicht ähneln.«
Sokranos straffte den menschenähnlichen Oberkörper. Die Züge seines Gesichts waren zwar nicht so feingeschnitten wie die eines Elben, sie hoben sich aber von denen der Menschen deutlich ab. Die Augen waren kastanienbraun, die Brauen buschig, sie verliefen sehr schräg und waren nach oben gewölbt. »Geschöpfe, die den Trorks ähneln?«, fragte er. »An Grausamkeit können es höchstens die Rhagar mit ihnen aufnehmen, doch was die äußeren Merkmale betrifft, die Ihr nanntet, so erzählt man sich zwar von einem Geschöpf, das ebenfalls sechs Finger an jeder Hand hat und gesichtslos ist, aber es dürfte sich dabei eher um eine Legende handeln, mit der man Kinder erschreckt, damit sie gehorchen.«
»Wir Elben erschrecken unsere Kinder nicht, damit sie uns gehorchen«, meldete sich die sanfte Stimme Merenwés zu Wort.
Der Zentaur lächelte. »So sind die Sitten eben
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