Die Elefanten Hannibals
schickten sich gerade an, das Haus zu verlassen, als ihnen Publius mit mehreren Legionären in den Weg trat.
Unentschlossen prallten sie zurück. Was wollte dieser junge Kommandeur von ihnen?
„Besinnt euch!" rief Publius ihnen zu. „Ihr vergeßt eure Pflicht gegenüber dem Vaterland!"
„Unsere Pflicht?" wiederholte der nicht viel ältere Meteller spöttisch. „Erfüllt etwa das Vaterland seine Pflicht uns gegenüber? Wir wollen keine Sklaven der Karthager werden und auch nicht das Gnadenbrot einer alten Witwe essen. Ein Cannae genügt uns. Wir wollen frei sein!"
„Aber um welchen Preis willst du deine Freiheit bewahren, du Verräter!" versetzte Publius. „Um den Preis der Versklavung deiner Mutter und deiner Schwester? Um den Preis ihrer Demütigung und Schande? Nein, ein Römer kann nicht frei sein, solange Hannibal auf der italischen Erde weilt."
„Schluß mit dem Gefasel!" schrie der Meteller. „Wir haben keinen anderen Ausweg. In Rom wird man uns als Feiglinge zum Tode verurteilen, wenn dort bekannt wird, daß wir vor Hannibal geflohen sind. Und wenn Hannibal uns erwischt, wird er uns zu Sklaven machen, weil wir Römer sind. Und wenn wir in Canusium bleiben, verrecken wir vor Hunger!"
„Nein, wir haben noch einen anderen Ausweg!" widersprach Publius. „Wir dürfen die Waffen nicht wegwerfen! Zwar sind wir nur noch wenige und haben nicht die Kraft, Hannibal eine entscheidende Niederlage zuzufügen, aber wir sind imstande, seine Truppen des Nachts zu überfallen, ihm den Troß zu rauben, seine Vorratslager zu vernichten. -Möge der allmächtige Gott Jupiter mich und mein ganzes Geschlecht vernichten, wenn ich diese Waffe nicht im Blut des Feindes bade!" Er schwang sein Schwert über dem Kopf des Metellers. „Hört, ihr Verschwörer. Sprecht diesen Schwur nach, sonst seid ihr des Todes!"
„Möge der allmächtige Gott Jupiter mich und mein ganzes Geschlecht vernichten, wenn ich diese Waffe nicht im Blut des Feindes bade!" wiederholten viele Stimmen in dumpfem Chor.
Kampf der Gladiatoren
Hannibal hielt seinen Einzug in Capua. Tausende Einwohner standen auf Straßen und Plätzen, um den berühmten Feldherrn zu sehen. Die reichen Kaufleute hatten den Weg vom Stadttor bis zum Hause des Pacuvius, wo Hannibal wohnen würde, mit bunten Teppichläufern belegen und mit den berühmten kampanischen Rosen bestreuen lassen, deren köstlicher Duft von den Dichtern besungen wird. Die Willkommensrufe verschmolzen zu einem Brausen, das dem der Meeresbrandung glich.
Zwei Jahre lang war Hannibal nun schon in Italien, und während der ganzen Zeit hatte Capua den Römern die Treue gehalten. Zwei Jahre lang hatten die Senatoren Capuas, die mit den römischen Senatoren verschwägert waren, das Verlangen des Volkes nach einem Bündnis mit Hannibal gezügelt! Erst nach der Schlacht bei Cannae, als auch die Angst vor der Rache Roms geschwunden war, hatten sie sich zu einem solchen Bündnis bereit gefunden, zumal sie damit nun ehrgeizige Pläne verfolgten. Sie hofften, daß Capua mit Hannibals Hilfe in der Lage sein würde, sich die von Rom geraubten Ländereien zurückzuholen und zur ersten Stadt Italiens aufzusteigen. Sie versperrten sich jeden Rückweg, indem sie sämtliche römischen Bürger, die sich in geschäftlichen Angelegenheiten in Capua und Kampanien befanden, verhafteten und umbrachten. Anschließend schlössen sie mit Hannibal ein Bündnis unter der Bedingung, daß Capua seine Unabhängigkeit, Selbstverwaltung und Gerichtsbarkeit behielte.
Es war Hannibals Absicht, unmittelbar nach der Ankunft den Senat von Capua zusammenzurufen, um einen Plan des gemeinsamen Vorgehens gegen Rom auszuarbeiten, aber seine Gastgeber protestierten.
„Zunächst wollen wir dir ein Gastmahl geben, und dann zeigen wir dir die Stadt!" erklärte Pacuvius, einer der capuanischen Gastgeber.
Nach dem Essen befahl Hannibal Gnaeus Naevius zu sich.
„Du wirst mich bei meinem Rundgang durch die Stadt begleiten!" erklärte er. „Die Capuaner sollen sagen: ,Das ist Hannibal in Begleitung seines Dichters.'"
„Hast du keine Angst, daß sie denken werden: Das ist Gnaeus Naevius in Begleitung Hannibals?" lächelte der Dichter.
Pacuvius erschrak. Welche Frechheit, in diesem Ton mit dem allmächtigen Feldherrn zu reden!
Aber Hannibal lachte nur.
„Wirst du in deinem Poem auch den Jubel beschreiben, mit dem ich hier empfangen wurde?" erkundigte er sich.
„Mein Poem soll eine wahrheitsgetreue Chronik sein",
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