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Die Elefanten Hannibals

Die Elefanten Hannibals

Titel: Die Elefanten Hannibals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Nemirowski
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einmal meine Tapferkeit im Kampf gegen eure Feinde, die Römer, beweisen soll. Das will ich tun. Doch danach werden wir immer beisammen sein." 
    „Immer?" wiederholte Sophonisbe.
    „Ja. Ich werde mich niemals von dir trennen. Wir werden zusammen auf die Jagd reiten, nebeneinander im Gras liegen und in die Sterne schauen. Du weißt, jeder Mensch besitzt seinen Stern, den die Götter zur selben Zeit schufen wie ihn. Wenn der Stern fällt, stirbt der Mensch. Dein Stern ist wahrscheinlich schöner und leuchtender als jeder andere. Nachts betrachte ich häufig den Himmel und suche ihn. Ich habe das Gefühl, wenn ich ihn fände, würde ich dich niemals verlieren. Aber am Himmel stehen so viele Sterne! Sie funkeln auf, erlöschen, wechseln die Plätze, als wollten sie mich verspotten, und hüllen sich in einen blauen Vorhang, so daß ich sie nicht mehr sehen kann."
    „Ich will dir meinen Stern zeigen", sagte Sophonisbe traurig. „Es ist ein ganz gewöhnlicher kleiner Stern. Am Tage, als ich zur Welt kam, stieg er am Himmel auf und brachte Sommerhitze mit. Die Priester sagen, es sei ein Unglücksstern. Komm heute nacht, dann wollen wir ihn zusammen betrachten."
    „Heute nacht bin ich schon auf See", erwiderte Masinissa. „In wenigen Stunden fährt die Flotte nach Iberien. Magon, Hannibals Bruder, will mich mitnehmen. Dein Vater wird von mir hören. Im Kampfgetümmel Iberiens werde ich deinen Stern finden." 
     
     
Die Verschwörung
     
    Die Reste des von Hannibal besiegten römischen Heeres sammelten sich in Canusium, einer Stadt in der Nähe von Cannae, neun Meilen stromabwärts des Aufidus. Es war ein kleiner Ort, der aber dicke Mauern besaß und zu den stärksten Festungen Italiens gehörte. Hannibal war schon oft an Canusium vorübergezogen, hatte aber nie versucht, es einzunehmen.
    Trotzdem fürchteten sich die Canusier vor den Karthagern, von deren Sieg schon ganz Italien erfahren hatte, und verschlossen vor den Römern ihre Häuser, um den Zorn der Karthager nicht herauszufordern. 
    Auf diese Weise erhielten die erschöpften römischen Legionäre nichts zu essen; sie wagten aber auch nicht, sich die Lebensmittel mit Gewalt zu nehmen, denn sie hatten Angst, daß die Canusier sich dann mit den Karthagern verbinden würden.
    In der ganzen Stadt gab es nur eine einzige mitleidige Seele, eine alte Witwe, deren Mann im römischen Heer gedient hatte. Sie öffnete großzügig ihre Vorratshäuser in der Stadt und ließ durch ihre Sklaven außerdem Schafe und Schweine von ihrem Landgut holen und den Soldaten übergeben. Doch diese Lebensmittel würden höchstens für zwei bis drei Tage reichen. Was sollte dann geschehen?
    Auf dem Stadtplatz sammelten sich die Flüchtlinge. Darunter befanden sich ganz alte Legionäre, deren Gesichter mit Narben bedeckt und deren Rücken durch die Last der Waffen gekrümmt waren. Daneben standen oder saßen halbe Kinder, deren Wangen das bronzene Rasiermesser noch nie berührt hatte. Sie hatten verstörte Augen und schmutzige, verweinte Gesichter. Cannae war ihre erste Schlacht gewesen; sie hatten das Grauen dieses Gemetzels erlebt, viele hatten sich totgestellt und waren so lange zwischen den Leichen liegengeblieben, bis sie unter dem Schutz der Dunkelheit entfliehen konnten. Andere, wie der junge Kommandeur Publius Scipio, waren durch die schnelle Strömung des Aufidus davongetrieben und gerettet worden. Sie hatten geschworen, der Gottheit dieses Flusses ein Dankopfer zu bringen. 
    Publius hatte den langen Aufenthalt im kalten Wasser nicht unbeschadet überstanden. Ihn schüttelte das Fieber. Seine Zähne klapperten. Aber er nahm sich zusammen und verteilte mit den anderen Kommandeuren Korn und Fleisch unter den Legionären. Plötzlich legte sich ihm eine Hand auf die Schulter.
    „Du bist es, Philus?" sagte er zu einem jungen Mann. „Was ist?" 
    „Eine Verschwörung!" stieß Philus mit zitternder Stimme hervor. „In einem Hause der Meteller haben sich viele Kommandeure versammelt. Sie wollen mit dem Schiff aus Italien fliehen!"

    Wieder die Meteller! dachte Publius. Ihm fiel die Begegnung mit Gnaeus Naevius ein, der die Ränke dieser Patrizierfamilie entlarvt hatte. Jetzt wollte ein Meteller die Krieger zum Verrat anstiften. Nein, das durfte nicht geschehen.
    „Freunde!" rief er über den weiten Platz. „Wir haben den entsetzlichen Tag von Cannae überlebt, aber jetzt droht uns neues Unheil! Wem die Rettung des Vaterlandes am Herzen liegt, der folge mir!" 
    Die Verschwörer

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