Die Elefanten Hannibals
Körbe wurden von den Sklaven zur Straße hinuntergetragen und kleinen Eseln auf die Rücken gebunden.
Hannibal hatte sein Lager nicht in Capua aufgeschlagen, sondern fünf Meilen davon entfernt, am Ufer des Volturno. Auf dem Weg dahin traf Magon wiederholt Söldner, die zu zweit oder zu dritt gingen und in ihrer Muttersprache Lieder grölten. Einige wurden von halbnackten, stark geschminkten Frauen begleitet.
Im Gras lagen einige Soldaten, an ihrer Kleidung als Iberer erkennbar. Im Vorübergehen hörte Magon ein paar Fetzen ihres betrunkenen Geschwätzes.
„Als ich aus dem Amphitheater komme, steht sie an der Ecke. Solche Augen! Na, und auch das übrige..."
„Und hast du sie da stehengelassen?"
Dröhnendes Gelächter.
Nein, die betrunkenen Soldaten rühmten sich nicht ihrer kriegerischen Heldentaten. Wenn man sie so ansah, konnte man kaum glauben, daß sie sich in Feindesland befanden. Magon wurde vieles klar. Sein Bruder Hannibal hatte neue gefährliche Feinde erhalten - Ausschweifung und Luxus. Sie drangen ins Heer ein und zerstörten es von innen, wie der Wurm den Apfel. Nach den entsetzlichen Strapazen in den Alpen, nach blutigen Schlachten, Dreck und Entbehrung waren Hannibals Krieger in dieses gesegnete Land gekommen, das die Belohnung für alles war, was sie ertragen hatten. Eine durchaus verdiente Belohnung! Sie den Soldaten zu rauben, ihnen das zu nehmen, was ihnen greifbar war und was sie verdient hatten - dazu hatte auch Hannibal nicht die Macht.
Hannibal schloß seinen Bruder in die Arme und führte ihn und seine Begleiter an die reich gedeckte Tafel. Und während Magon aus einem Silberbecher Falernerwein trank und an einem Hühnerbein knabberte, überlegte er: Ja, die Männer, die am Trasimenischen See und bei Cannae kämpften und siegten, haben ein Recht auf ein weiches Lager, auf einen guten Wein und auf schmackhaftes Essen. Dennoch ist all das Luxus und wird das Heer zugrunde richten.
„Nun erzähle, was du erreicht hast, Bruder", sagte Hannibal, nachdem Magon seinen Hunger gestillt hatte.
Und Magon gab einen Bericht von den Nackenschlägen, die die Karthager in Iberien erlebt hatten, von der Meuterei der Schiffsführer, dem Abfall der iberischen Bundesgenossen und der Schlacht am Ebro, wo sich nur Masinissa hervorgetan hatte.
„Ja, Masinissa verdient die Belohnung, nach der er sich sehnt", sagte
Hannibal nachdenklich.
„Sprichst du von der Heirat mit Sophonisbe?"
Hannibal nickte.
„Ich fürchte, daß Hanno ein doppeltes Spiel treibt", seufzte Magon bekümmert. „Es geht das Gerücht, daß Hanno Verhandlungen mit Syphax aufnahm, nachdem dieser seine Reiterei gegen Karthago gesandt hatte. Er soll ihm Sophonisbe angeboten und zum Lohn dafür einen Friedensvertrag und ein Bündnis gegen Rom verlangt haben."
„Ja, Hanno ist ein Krämer", bestätigte Hannibal verächtlich. „Der reiche König Syphax kann ihm mehr bieten als Masinissa, der bisher nur Thronfolger ist und nichts besitzt als sein Pferd."
„Aber was ist das für ein herrliches Tier! Ich würde alle Reichtümer der Welt dafür hergeben ..."
„... wenn du sie hättest", fiel Hannibal ihm trocken ins Wort. „Denn soviel ich weiß, hat dich der Krieg nicht reicher gemacht als mich. Alles, was man uns aus Karthago schickt und was wir hier durch Gewalt oder gutes Zureden erhalten, geht an die Söldner. Und der Krieg wird noch lange dauern."
„Nein, bald wird er zu Ende gehen", widersprach Magon überzeugt.
„Hasdrubal rüstet sein Heer für einen Übergang über die Alpen nach deinem Vorbild aus. Und Masinissa wird ihn begleiten. Wenn wir drei
Brüder zusammen in Italien kämpfen, wird sich Rom nicht halten können."
Casilinum
Diesen kleinen Ort am Volturno kannte vor dem Krieg mit den Karthagern kaum jemand. Seine Mauern waren weniger hoch und fest als die vieler anderer italischer Städte.
Kurz vor der Schlacht bei Cannae lag hier eine kleine Einheit von römischen Legionären, die den Anschluß an das Hauptheer verpaßt hatten. Als sie von der Niederlage bei Cannae erfuhren, blieben sie weiterhin in der Stadt und warteten auf Befehle aus Rom. Solche Befehle trafen aber nicht ein, die Legionäre hörten nur, daß das unweit gelegene Capua zu Hannibal überging. Zweifellos würden die Einwohner von Casilinum diesem Beispiel folgen. Deshalb drangen die Römer in ihre Häuser ein, metzelten sie nieder und verrammelten die Stadttore.
Es mißfiel Hannibal, eine feindliche Festung in seiner
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