Die Elefanten meines Bruders (German Edition)
er ist nicht ausgerastet oder so, sondern hat die Wolter Brüder nur einige Sekunden ganz grimmig angesehen, bevor er sagte:
„Ich wollte den jungen Herren nur mitteilen, dass unsere beiden Freunde hier ganz ausgezeichnet getanzt haben. Shakespeare hätte gewiss seine große Freude daran gehabt und begeistert geklatscht.“
Alex und Peter standen völlig bescheuert da und glotzten total blöde, Muhhhh. Ich habe innerlich gejubelt und sogar Mona hat schon wieder ganz leicht gegrinst. Aber Serrano war noch nicht fertig.
„Euch beiden aber muss ich dringend ans Herz legen, Euch ein wenig sorgfältiger mit Eurem Text zu befassen. Ihr habt nämlich beide einige Sätze unterschlagen. Du…“
„Alex“, half ich Serrano.
„Du, Alex, im zweiten Akt, und Du kurz vor der ersten Tanzszene. Ich bin mir nicht sicher, ob Shakespeare darüber begeistert wäre.“
Alex und Peter schwiegen, ohne ein Wort zu sagen, und als Alex rot wurde, trollten sie sich. Mona und ich schrien vor Begeisterung und umarmten Serrano.
Beim nächsten Abendessen habe ich mich an der Frage festgebissen, ob man nach einer schlechten Theateraufführung sein Geld zurückbekommt. Ich meine nicht so bei einer Aufführung von Kindern, sondern bei einer in einem richtigen Theater mit Logenplätzen, wo man richtig Geld abdrücken muss.
Eigentlich müsste man doch dann sein Geld zurück bekommen, so wie im Restaurant, wenn die Suppe versalzen war, oder? Mein Vater war total angepisst, weil ich ihn nicht in Ruhe ließ. Ich kann mich an Fragen festbeißen wie ein Terrier. Dann gebe ich mich nicht mit Ausreden zufrieden und gebe keine Ruhe, bis alles schön beantwortet ist und mein Fusionsreaktor aus dem roten Bereich zurückkommt. Das mag mein Vater aber nicht. Frau Dr. Käfer und meine Direktorin antworten immer auf alle Fragen von mir. Ich habe schon mal vermutet, dass sie das vielleicht nur machen, damit ich nicht nachfrage. Ich weiß ja wirklich nicht, ob sich die Direktorin um die Arbeitserlaubnis für die Außerirdischen kümmert oder ob sie das nur so gesagt hat, damit ich Ruhe gebe. Das machen Erwachsene manchmal. Das nennt man dann Berechnung. Es hat aber nichts mit Mathe zu tun. Es kommt bei der Berechnung also keine Zahl heraus. Also nicht 14 oder so.
Mein Vater hat gesagt, dass im Theater niemand sein Geld zurück bekommt, nur weil die Zuschauer „Buh“ schreien. Das ist so, wie wenn ich mir ein Pistazieneis kaufe und ganz plötzlich kein Pistazieneis mehr mag. Sondern von einer Sekunde auf die andere plötzlich nur noch Walnusseis essen will. So wie Mona. Dann kann ich das Pistazieneis auch nicht zurückgeben. Das sagt jedenfalls mein Vater. Dabei bin ich mir fast sicher, dass ich mit ein oder zwei Rainmain-Schreien vor dem Eiswagen mein Pistazieneis schon umtauschen könnte. Ich habe es aber noch nie ausprobiert, weil mir Pistazieneis ja am allerbesten schmeckt.
Trotzdem sind wir nicht weiter gekommen mit der Berechnung. Meine Mutter sagte nur noch mal:
„Jetzt hör endlich auf.“
Man darf nicht lügen und man darf nicht berechnend sein. Jedenfalls dürfen Kinder das nicht. Später sieht es anders aus. Wenn man arbeitet, dann darf man auch nicht lügen. Aber wer gar nicht lügt und gar nicht berechnend ist, den beißen die Hunde. Das sagt mein Vater manchmal.
Ich habe mal mit Mona darüber gequasselt, als wir Otto mit Zahnpasta schön abgeschrubbt haben. Mona hatte im Drogeriemarkt extra gefragt, ob die milde Zahncreme auch gut ist, wenn man ein Chamäleon richtig sauber kriegen will. Und die Verkäuferin meinte:
„Jaja.“
Sie hatte so einen total genervten Gesichtsausdruck, „lasst mich in Frieden ihr blöden Kinder!“. Es war ihr total egal, ob wir mit ihrer blöden Zahncreme unser Chamäleon sauber bekommen.
Eigentlich sollten wir alle Erwachsenen zu Frau Dr. Käfer schicken und nicht Kinder wie mich. Die Erwachsenen sind eigentlich alle völlig irre.
21
Nach dem Schulfest waren gleich die Sommerferien da und es wurde mörderheiß. Ich weiß das noch ganz genau, weil ich so einen Sonnenbrand hatte, dass ich zwei Tage nicht richtig schlafen konnte und die ganze Nacht geschrien habe, weil ich dachte, mein Körper würde sich nach einem Strahlenangriff auflösen. Meine Mutter musste zwei Nächte lang an meinem Bett sitzen und mit mir reden. Sie war danach so erschöpft, dass sie am nächsten Tag am Küchentisch eingeschlafen ist. Das tut mir leid, aber ich konnte ja nicht wissen, dass es gleich so schön wird.
Wir
Weitere Kostenlose Bücher