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Die Elefanten meines Bruders (German Edition)

Die Elefanten meines Bruders (German Edition)

Titel: Die Elefanten meines Bruders (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Pöll
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mörderaufgeregt. Weil sich ganz viel ändern wird. Wir bekommen ein paar neue Lehrer und ein paar von unseren Mitschülern sind weg, durchgefallen. Ich bin nicht durchgefallen, weil meine Eltern immer einen Trumpf im Ärmel haben. Sie sagen dann vermutlich, dass ich sowieso schon bei Frau Dr. Käfer auf der Couch liege. Und wenn ich auch noch durchfalle, dann gerät leicht alles außer Kontrolle.
    Meine Lehrer stellen sich das bestimmt vor wie in einem Horrorfilm. Dass ich dann eines Morgens bei Unterrichtsbeginn nicht da bin und einer fragt:
    „Wo ist denn der Hoffmann schon wieder?“
    „Schon wieder“ ist aber gemein, weil ich noch gar nicht zu spät gekommen bin. Ich bin immer pünktlich, weil ich sonst total Panik bekomme. Das habe ich erst vor ein paar Monaten gemerkt, seit es auf der U-Bahn-Linie zur Schule eine Baustelle gibt. Wir haben auf die U-Bahn gewartet, aber sie ist nicht gekommen. Das heißt, sie ist schon gekommen, aber nicht um 7.42 Uhr, sondern erst um 7.47 Uhr. Also viel zu spät. Fünf Minuten zu spät. Fünf Minuten sind genug Zeit, dass mein System total zusammenbricht. Wenn die U-Bahn nicht kommt, dann schaue ich in einer Minute ungefähr vierhundertmal auf die Uhr. Immer wieder. Und bei jedem Mal Auf-die-Uhr-Sehen werde ich ein bisschen hibbeliger. Eeeeekkk, Ackckackckackckackckackackackackack.
    Die U-Bahn kommt aber trotzdem nicht früher. Mona sagt mir das auch hundertmal. Ich glaube, manchmal ist sogar Mona genervt, wenn ich so supernervös bin. Aber das hilft nichts und ich kann auch gar nichts dafür. Weil der Autopilot schon an meine Tür klopft und auf Überlebensmodus schaltet. Wenn ich zum dreihundertsten Mal auf die Uhr schaue, bin ich schon total zappelig und hopse auf der Stelle. Gottseidank gibt es im U-Bahnhof, wo wir warten, eine Säule wie vor der Tiefgarage. Um die bin ich dann 15-mal im Uhrzeigersinn gelaufen, und 15-mal zurück, als die U-Bahn eingefahren ist. Das finden die Leute im U-Bahnhof komisch, aber das ist mir egal. Mona hat solange mit dem Schulranzen die Lichtschranken der Schiebetüren blockiert, denn sonst hätte ich die 15 Rückrunden nicht geschafft.
    Solange es die blöde Baustelle auf der Schullinie gibt, fahren wir jetzt immer eine andere Strecke. Da müssen wir zwar zweimal umsteigen, aber wir müssen nicht warten und können immer in Bewegung bleiben.
    Mein Mathelehrer hat wahrscheinlich Angst, dass ich mit einer abgesägten Schrotflinte herum ballere, wenn ich durchfalle. Ich würde in jedem Fall das alte Waschbecken von der Wand schießen, weil das im Sommer immer so unheimlich gluckert. Außerdem hört man im Unterricht durch die Rohrleitungen immer das Quietschen, wenn der Hausmeister irgendwo ein rostiges Ventil zuschraubt. Quietschquietschquietschquatschquutschquietsch. Ich würde so lange mit meiner Mafia-Schrotflinte auf das Waschbecken schießen, bis eine riesige Wasserfontäne aus der Wand kommt. Dann würde ich aber losrennen, damit ich vor dem Pausenbeginn am Kiosk bin und mir als Erster eine Ingwer-Limonade und eine Brezel kaufen kann.
    In der letzten Woche vor dem Ferienende verstehe ich mich noch besser mit Mona wie sonst. Sie ist dann auch völlig aus dem Häuschen, weil die Ferien zu Ende gehen. Wir müssen dann an einem der letzten Ferientage soviel machen, wie irgendwie geht. Das nervt die Erwachsenen manchmal. Sogar Monas Mutter. Deshalb haben Mona und ich mal beschlossen nachts ins Schwimmbad zu gehen und Kunstspringen vom Dreimeter-Brett zu üben. Nachts pennen die Erwachsenen. Außer sie sind bei der Polizei oder haben Notdienst im Krankenhaus oder so.
    Wir sind auf das Kunstspringen gekommen, weil wir beim Herumzappen bei einem Sportwettbewerb hängen geblieben sind. Da sind die Schwimmer von einem 20-Meter-Turm gehopst. Wahnsinn. Das wäre mir viel zu hoch. Aber drei Meter sind OK. Mona und ich haben geknobelt, wer was machen muss. Mona probiert die dreifache Schraube und ich den Doppelsalto. Ich wollte auch die Schraube probieren, weil das in Zeitlupe aussieht wie eine Turbine. Mona war aber dagegen. Sie hat gesagt, dass das ihre Figur ist und sie es als Erster gesagt hat. Das stimmt auch. Deshalb muss ich jetzt den Doppelsalto probieren. Aber der Doppelsalto ist auch nicht so schlecht.
    Wir sind aber gar nicht bis zum Schwimmbad gekommen. Monas Mutter hat nämlich eine schwache Blase. Sie steht nachts ungefähr 20-mal auf und geht aufs Klo. Mona und ich waren schon unterwegs, da hat sie es gemerkt. Ich habe ganz schwarze

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