Die Elementare von Calderon
noch während sie sich drehte, verbog sich der Bogen und wand sich, schneller als eine Schlange, um ihren Arm. Er war nicht lang genug, sich um ihren ganzen Oberkörper zu spannen, doch es genügte, um ihren Arm zu lähmen. Sie konnte das Schwert nicht erreichen.
Der Mann stürmte auf sie zu, und mit Cirrus’ Hilfe stieg sie ein Stück höher. Mitten in der Luft vollführte sie eine Rolle und zielte mit dem Absatz auf den Angreifer.
Wieder verfehlte sie ihr Ziel, seinen Nacken, und traf stattdessen seine Schulter. Cirrus hinderte ihre Füße daran, die Erde zu berühren, doch noch während sie versuchte, das Gleichgewicht zurückzuerlangen, wurde sie brutal am Knöchel gepackt, in weitem Bogen herumgeschleudert und auf den kalten Boden geworfen.
Amara wollte sich aufrappeln, doch nach dem Aufprall war sie leicht benommen, und so konnte sie nicht schnell genug reagieren. Ehe ihr die Flucht gelang, hatte der Mann sich mit ganzem Gewicht auf sie gestürzt und drückte sie auf den Boden. Eine Hand packte ihre Kehle und zerrte den Kopf zur Seite, als wollte sie ihr das Genick brechen wie einem schwachen Kätzchen.
»Wo ist er?«, fauchte Bernard. »Wenn du dem Jungen etwas zuleide getan hast, bringe ich dich um.«
Amara stellte jede Gegenwehr ein, scheuchte Cirrus fort und lag ganz still unter dem wütenden Wehrhöfer. Aus den Augenwinkeln
konnte sie den dunkelhaarigen Riesen ansehen, der trotz des Wetters nur leichte Kleidung trug. Er hatte eine Holzfälleraxt dabei, die er jedoch fallen gelassen hatte, ehe er Amara packte. Nur mit Mühe konnte sie atmen und sprechen. »Ich habe ihm nichts getan. Ich bin nur geblieben, um die Verfolger aufzuhalten. Er ist mit dem Sklaven weitergelaufen.«
Die granitharte Hand ließ ein wenig lockerer. »Verfolger? Was für Verfolger?«
»Die Fremden. Die ankamen, als du mit mir in der Halle warst. Sie sind ganz bestimmt hinter uns her. Bitte, Herr. Wir haben keine Zeit.«
Der Wehrhöfer knurrte. Er hielt sie mit einer Hand fest, zog ihr mit der anderen das Schwert aus dem Gurt und warf es zur Seite. Dann durchsuchte er sie, bis er unter ihrer Tunika das Messer fand, das sie Fidelias gestohlen hatte, und er schob die Stoffschichten grob zur Seite, um es ebenfalls herauszuholen. Erst danach lockerte er den Griff um ihren Hals weiter. »Ich weiß nicht, wer du bist, Mädchen«, sagte er. »Aber bis ich dahintergekommen bin, rührst du dich nicht vom Fleck.« Während er sprach, schloss sich die Erde über ihren Ellbogen und Knien und fesselte sie mit Wurzeln an den Boden.
»Nein«, protestierte Amara. »Wehrhöfer, ich heiße Amara. Ich bin Kursorin der Krone. Der Erste Fürst selbst hat mich in euer Tal geschickt.«
Bernard erhob sich, trat ein Stück zurück und wühlte in einem Beutel, den er am Gürtel trug. »Ach, du bist keine Sklavin, wie? Nein. Mein Neffe steckt dort draußen irgendwo in Schwierigkeiten, und das ist allein deine Schuld.«
»Nur, weil ich ihn vom Wehrhof weggebracht habe, lebt er überhaupt noch!«
»Das behauptest du«, sagte Bernard. Sie hörte, wie Wasser aus einer Flasche in einen Becher oder eine Schale floss. »Wo ist er jetzt?«
Amara wehrte sich gegen die Erdfesseln. Sinnlos. »Das habe ich doch gesagt. Er ist mit Faede vorgegangen und hat mir etwas über einen dichten Wald erzählt.«
»Faede ist bei ihm? Und diese drei Fremden verfolgen ihn? Wer sind sie?«
»Ein abtrünniger Kursor, Aldrick ex Gladius und eine Wasserhexe mit beträchtlichen Fähigkeiten. Sie versuchen jeden zu töten, der die Marat im Tal gesehen hat. Ich glaube, die Marat planen einen Überfall, und sie helfen ihnen dabei.«
»Bei den Krähen«, entfuhr es Bernard. Dann fragte er ein wenig lauter: »Isana? Hast du das gehört?«
Eine ferne, blecherne Stimme neben seiner Hand antwortete. »Ja. Tavi und Faede sind vermutlich an der Furt des Flusses. Wir müssen so schnell wie möglich zu ihnen.«
»Wir treffen uns dort«, knurrte Bernard. »Was soll ich mit dem Mädchen anstellen?«
Einen Augenblick später ertönte wieder Isanas Stimme, aber so, als würde sie das Sprechen viel Kraft kosten. »Sie will Tavi nichts Böses, da bin ich sicher. Sonst kann ich nichts dazu sagen. Beeil dich, Bernard.«
»Mache ich«, antwortete Bernard. Dann drehte er sich wieder so, dass Amara ihn sehen konnte, und trank den Becher leer. »Dieser Mann, der hinter dir her ist, mit dem Schwertkämpfer. Wieso hast du gedacht, er käme?«
Amara schluckte. »Er ist ein Erd- und Holzwirker.
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