Die Elementare von Calderon
ab. Selbst nachdem die Verbindung unterbrochen war, überfluteten Odianas Gefühle sie weiter und machten es ihr schwer, sich der nächsten Aufgabe anzunehmen.
Dann hörte sie, sehr leise und sehr sanft, Odianas Stimme. »Du kannst nicht dagegen ankämpfen, weißt du«, flüsterte sie. »Du musst es annehmen. Eines Tages werden sie alle kommen, Hofmädel. Du musst dich von ihnen überwältigen lassen. Alles andere ist... Wahnsinn.«
Isana blickte die Wasserhexe an. Auf deren Gesicht breitete sich ein Lächeln aus, das jedoch eher einer gequälten Grimasse glich. Isana schüttelte den Kopf, verdrängte die Gefühle und bemühte sich, klar zu denken. Tavi. Bernard. Sie musste sich befreien und ihre Familie suchen. Die brauchte ihre Hilfe, oder zumindest sollten sie sich keine Sorgen um sie machen. Also konzentrierte sie sich, und langsam konnte sie wieder einen klaren Gedanken fassen.
»Wir müssen hier verschwinden«, sagte Isana. »Ich habe keine Ahnung, wie viel Zeit uns noch bleibt.«
Odiana blickte sie stirnrunzelnd an. »Du hast mir meine Ohren genommen, Hofmädel. Ich kann dich nicht hören, oder? Aber wenn du gesagt hast, wir sollten hier verschwinden, stimme ich dir voll und ganz zu.«
Isana deutete auf den Boden jenseits des Glutkreises. »Kords Elementar. Er bewacht die Erde drüben.« Sie zeigte darauf.
Odiana schüttelte den Kopf. Einen Augenblick lang flatterten ihre Augen, und sie holte keuchend Atem, wobei sich ihre Finger zum Ring bewegten. »Ich... ich schaffe es höchstens zu gehen.
Leider kann ich dir nicht helfen.« Sie senkte den Kopf und fügte hinzu: »Nimm einfach meine Hand. Ich begleite dich.«
Niedergeschlagen schüttelte Isana den Kopf. Draußen wurde eine Tür aufgestoßen, und Kord brüllte: »Es ist Zeit, meine Damen!« Darauf folgte ein heiseres Lachen aus mehreren Kehlen.
Voller Panik erhob sich Isana und nahm Odianas Hand. Sie rief Bächlein und schickte ihn aus, damit er das Dach des Räucherhauses erkundete, und während die Männer sich näherten, sammelte der Elementar alles Wasser auf, das er finden konnte. Isana fühlte ihn in sich und konnte so instinktiv wahrnehmen, was er sah: das Wasser in der Schneeluft, das Schmelzwasser im Räucherhaus und in der Erde darunter.
Isana spürte es, sammelte es an einer Stelle und setzte es dann mit einem leisen Ruf frei.
Das Wasser stürzte vom Dach und überspülte den Glutkreis. Das Feuer zischte wild, und Sekunden später war die Luft von wallendem Dampf erfüllt.
Draußen ertönte ein Schrei, und Kord stampfte heran. Der schwere Riegel wurde zurückgeschoben und die Tür aufgesto ßen.
Mit einer weiteren knappen Geste schickte Isana Kord die hei ßen Dampfschwaden ins Gesicht und auch gegen die Männer, die hinter ihm standen. Geschrei und Gejammer hallten über den Hof, und der Sklavenhalter und seine Kumpane wichen zurück.
Isana konzentrierte sich auf den Boden vor sich, und am Rande der Glut bildete sich aus dem Dampf wieder flüssiges Wasser, das sich zu einem glänzenden Steg sammelte. Etwas Derartiges hatte sie nie zuvor versucht. Sie machte Bächlein klar, was sie von ihm wollte, holte tief Luft und trat auf diesen flüssigen Steg. Er waberte zwar, besaß jedoch eine gewisse Festigkeit, die verhinderte, dass sie auf den Boden durchsank.
Ihr entfuhr ein leiser Triumphschrei, und sie trat ganz auf die Wasserplanke, wobei sie Odiana mit sich zog. Rasch erreichten sie
die Tür und sprangen nach draußen auf die Erde. Odiana wankte, blieb jedoch dicht bei ihr.
»Halt!«, brüllte Kord aus der Dampfwolke. »Ich befehle dir, stehen zu bleiben! Auf den Boden mit dir, Miststück! Auf den Boden!«
Isana warf Odiana einen Blick zu, doch die Wasserhexe starrte mit trüben Augen ins Leere und stolperte hinter ihrer Führerin her. Falls der Ring auf Kords Stimme reagiert hatte, ließ sie es sich nicht anmerken.
»Bächlein«, zischte Isana. »Such ein Gewässer!« Und deutlich spürte Isana die Beschaffenheit der Umgebung, das sanfte Gefälle von den Bergen bis zur Mitte des Tales und den kleinen Fluss, der in einen anderen Strom mündete und schließlich zum Eismeer führte.
Isana rannte über die kalte Erde los und ließ sich von Bächlein den Weg zum nächstgelegenen Gewässer zeigen, wobei sie ihr warmes Blut durch die nackten Füße scheuchte, damit diese nicht erfroren. Hoffentlich würde Odiana so geistesgegenwärtig sein und das Gleiche tun.
Hinter ihnen rief Kord seinen Elementar, und der Grund rechts von ihr
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