Die Elementare von Calderon
Vorsprung.
Während er sich dem sanften grünen Leuchten des Kroatsch näherte, schaute er noch einmal zu Kitai hoch und lächelte grimmig.
Kitai stieß einen scharfen Pfiff aus, und sein Seil verharrte plötzlich.
Tavi war verwirrt. Bis der andere Junge sein Messer zog, Tavis Seil packte, das ihn noch dreißig Fuß über dem Boden hielt, und mit einem Grinsen im Gesicht begann, daran zu säbeln.
33
Tavi warf einen Blick nach unten und griff dann nach Faedes Rucksack. Er riss die Klappe auf und schnappte sich das Erste, was ihm in die Finger kam, obwohl sich das Seil dabei zu drehen begann. Er zielte so gut er konnte und warf den Gegenstand nach dem Marat über ihm.
Kitai stieß einen Schrei aus und ruckte zur Seite. Ein Stück Käse traf den Stein neben seinem Kopf, klebte dort einen Augenblick und fiel dann hinunter in Richtung des wachsbedeckten Bodens.
Der Maratjunge betrachtete den Käse, daraufhin sah er Tavi an und zog eine böse Miene. Doroga hatte nicht aufgehört, das Seil hinunterzulassen, und deshalb war der Schnitt, mit dem der Welpe angefangen hatte, schon ein Stück tiefer gesunken, außerhalb seiner Reichweite. Kitai hielt sich an der Steilwand fest, packte Tavis Seil erneut und begann wieder zu sägen. »Dummer Aleraner«, sagte er. »Besser du fällst und brichst dir ein Bein. Dann musst du umkehren und wirst nicht von den Hütern gefressen.«
Tavi wühlte im Rucksack herum und fand ein Tuch mit Keksen darin. Er nahm einen und warf ihn auf Kitai. »Damit dein Clan mich auffressen kann?«
Diesmal ließ sich Kitai nicht ablenken. Der Keks prallte von seinem ausgestreckten Arm ab. »Zumindest essen wir dich nicht lebendig.«
»Hör auf damit!«, schrie Tavi. Er warf noch einen Keks, aber natürlich ohne jede Wirkung. Ein erster Strang des Seils löste sich mit leisem Schnappen, und Tavi klopfte das Herz bis zum Hals, als er nun hin und her schwang. Er schaute nach unten. Es waren noch vielleicht zwanzig Fuß bis zum Boden. Einen Sturz aus solcher
Höhe würde er nicht unverletzt überstehen, möglicherweise müsste er sogar aufgeben.
Der nächste Strang war durchtrennt, und Tavi baumelte heftiger hin und her. Seine Arme und Beine zitterten. Er blickte nochmals nach unten, fünfzehn Fuß oder etwas mehr, und so schnell er konnte, ließ er sich aus der Schlaufe herausgleiten, packte das Seil mit den Händen und ließ sich hängen.
Dann riss das Seil, und Tavi stürzte.
Da Doroga ihn weiter heruntergelassen und Tavi sich an die Schlaufe gehängt hatte, war er in nur noch etwa zehn Fuß Höhe. Nicht viel mehr als die Höhe des Stalldaches, und von dem war er schon häufig gesprungen - wenn auch meist in einen Heuhaufen. Er musste einfach nur die Beine locker halten und sich abrollen, wenn das ging.
Der Fall schien ewig zu dauern, und als Tavi landete, fuhr ihm die Wucht des Aufpralls durch Knöchel, Schenkel und Hüften bis in den Rücken. Er taumelte, fuchtelte wild mit den Armen und schlug auf die Seite. Die Luft wurde ihm aus den Lungen getrieben. Einen Moment lang lag er reglos da und umklammerte den Rest des Seils.
Nach ein paar Augenblicken konnte er wieder atmen, und gleichzeitig wurde er sich einiger Dinge bewusst. Erstens gab es hier unten keinen Schnee. Nun ja, er hatte ja auch von oben keinen gesehen, aber die Bedeutung dieser Tatsache wurde ihm erst jetzt klar. Es war warm. Feucht. Stickig. Langsam drückte er sich vom Boden hoch und setzte sich auf.
Die grün leuchtende Wachsschicht fühlte sich durchaus angenehm an, und er ließ die Hände kurz darauf liegen, damit seine kalten Finger sich aufwärmen konnten. Seine Unterschenkel kribbelten wie von tausend winzigen Nadelstichen, doch das ließ rasch nach. Nun fühlten sich seine Beine eher wund an.
Er stand auf, wobei der Rucksack unbequem hin und her rutschte, und schaute sich seine Umgebung an.
Was aus der Höhe hübsch ausgesehen hatte, wirkte nun verwirrend und beunruhigend. Die wachsartigen Pflanzen, das Kroatsch , wuchs bis zu den Steinwänden des Lochs und hörte dort auf. Nur an einer Stelle war es an den Steinen hochgekrochen, um einen einsamen, dürren Baum zu erdrosseln, der aus einem Riss im Fels gesprossen war. Das eigenartige Leuchten sorgte für einen verwirrenden Schattenfall, da jeder überwucherte Baum gleich mehrere geisterhafte Schatten in verschiedene Richtungen warf. Unter dem Kroatsch wirkten die schemenhaften Umrisse der Stämme und Äste wie Knochen, die durch Fleisch schimmerten.
Er hörte ein
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