Die Elfen 01 - Vor der Elfendämmerung
Form zu erkennen war.
«Till!«, rief die Königin der Hohen Elfen.
Keine Antwort. Nicht die geringste Bewegung.
»Ziehen wir sie zu uns heran«, sagte Blade und griff nach dem Seil, das sie mit dem hinteren Floß verband.
Lliane kam ihm zu Hilfe, und Zug um Zug glitt das Floß näher und durchschnitt den Schilfvorhang, der sich hinter den beiden ersten wieder geschlossen hatte. Auf dem ersten Gespann reckten die beiden Zwerge, auf den Zehenspitzen stehend, vergeblich die Hälse. Sie hätten, um über die hohen Schilfrohre hinwegsehen zu können, auf Frehirs Schultern steigen müssen ...
»Zum Teufel!«, fluchte Blade plötzlich. »Schaut euch das an! Entsetzlich!«
»Was ist los?«, fragte Tsimmi Frehir, der den Wald der Wasserpflanzen problemlos überblickte.
Der Barbar antwortete nicht, aber die angeekelte Miene, der verzerrte Mund und die Augen, die schier aus den Höhlen traten, waren nicht dazu angetan, seine Gefährten zu beruhigen. »Ja, was ist denn los?«, explodierte Miolnir. »Frehir!«
Der Riese antwortete, ohne die Augen abzuwenden.
»Blade hat zwei Pferde entdeckt. Oder besser das, was davon übrig ist ...«
»Was soll das heißen?«, fragte der Zwerg und stellte sich verzweifelt auf die Zehenspitzen.
»Die Pferde sind zerfleischt worden.«
»Die Monster unter dem Wasser!«, jammerte Oisin und hielt den Kopf zwischen die Hände.
Hinten waren Blade und die Königin auf das letzte Floß gesprungen. Lliane riss mit einem Ruck die Plane weg und stieß einen Seufzer der Erleichterung aus, als sie die zusammenge kauerten Körper Tills, seines Hundes und des Zwergenpagen sah. Sie schüttelte sie, um sie aufzuwecken, aber nur der Zwerg und der Hund kamen zu Bewusstsein.
Auch Till trug auf Gesicht und Armen die Spuren unzäh li ger Stiche und war wie Uther von einer eiskalten Schweiß Schicht bedeckt. Außerdem schien er einen entsetzlichen Schlag gegen die Stirn erhalten zu haben, der ihm offenbar das Bewusstsein geraubt und die Haut über mehrere Zoll aufgerissen hatte. Seine rechte Gesichtshälfte war von getrocknetem Blut befleckt, und zwischen den Wundrändern bewegten sich noch schwach die Flügel einiger Stechmücken.
Lliane verlor das Gleichgewicht. Blade hatte mit dem Dolch die Leinen durchtrennt, die die beiden halb aufgefressenen Pferde noch festhielten, und die Kadaver versanken sofort blubbernd in den Untiefen des Sumpfes.
»So haben wir es also überstanden«, murmelte Rogor in seinen Bart und setzte sich auf.
Blade packte ihn rücksichtslos an den Schultern und zwang ihn aufzustehen.
»Was ist geschehen?«, schrie er.
Der Zwerg wehrte sich und eine Sekunde lang funkelten seine Augen gefährlich. Unwillkürlich zuckte die Königin angesichts dieses plötzlichen Furcht erregenden Aussehens des Zwerges zusammen. Der lange rote Bart, den er normalerweise im Gürtel trug, stand wild in alle Richtungen ab und gab, unter der roten, mit den Runen König Baldwins bestickten Tunika, den Blick auf das metallische Glänzen einer Rüstung frei.
Rogor bemerkte den Blick der Königin und brachte seine Kleidung rasch in Ordnung.
»Sagt uns, was geschehen ist«, verlangte auch sie.
»Diese Tage sind entsetzlich gewesen«, sagte Rogor mit niedergeschlagenen Augen und bemüht, sich wieder zu beruhigen. »Der verehrte Till wollte die Pferde retten, aber das war eine unmögliche Aufgabe. Sie waren verrückt geworden wegen der Mücken. Dann ist das erste Pferd mitsamt seinem Gepäck über Bord gegangen und wir sind beinahe gekentert. Unglück- licherweise wurde es immer noch von seiner Leine festgehal- ten und hat sich im Wasser so sehr aufgebäumt, dass es die anderen mit sich gezogen hat.«
Der Zwerg wandte sich seinen Gefährten zu und zeigte sei- ne schlammverkrusteten Kleider.
»Ich bin selbst reingefallen, seht ihr? Letztlich glaube ich,
dass der Schlick mich vor den Mücken beschützt hat...«
»Und dann?«, fiel Blade ihm ungeduldig ins Wort.
Rogor warf ihm einen Blick zu, in dem deutlich seine Wut und Gereiztheit zu lesen waren - was der Königin nicht entging-
»Und dann musste der Elf Till unbedingt diese verfluchten Gäule retten!«, fuhr Rogor mit lauterer Stimme fort. »Sie versanken in diesem Sumpf und wieherten wie verdammte Seelen, und dann sah man irgendwelche Schlangen oder Fische, was weiß ich, riesige, schuppige Biester, die das Wasser entsetzlich aufgepeitscht haben und sie stundenlang mit kleinen Bissen zerfleischt haben! Und er, er zog und zog wie ein
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