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Die Elfen 04 - Die Elfenkönigin

Die Elfen 04 - Die Elfenkönigin

Titel: Die Elfen 04 - Die Elfenkönigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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entlangführte. Bildete sie es sich nur ein, oder hatte er eine sinnlichere Art, sich zu bewegen? Noch in der Höhle hatte sie Falrach geheilt. Sie sehnte sich danach, in seinen Armen zu liegen. Nicht in denen Ollowains! Sie wünschte sich, mit ihm an einem einsamen Ort zu sein. Tagelang! Ihre Gedanken befremdeten sie. Hatte der Marsch durch die Wüste auch sie verändert? Es hieß, in der Wüste würde man zu sich selbst finden. Oder veränderte sie die Lebenskraft, die sie dem Kobold gestohlen hatte?
    Sie schob die Gedanken von sich. Ein letztes Stück Weg war noch zu gehen. Eine letzte Probe zu bestehen. Wieder sah sie zu Falrach. Er hatte einen guten Körperbau. Er war wie geschaffen dazu, mit ihm … Sie schritt weiter aus. Nicht jetzt!
    Die Schlucht lockte mit einem kleinen See, dessen Wasser fahlgrün schimmerte. Früher einmal hatte es dort Kaimane gegeben; sie hatten auf Steinböcke und andere Tiere gelauert, die aus den Felsen hinabstiegen, um dort zu trinken. Emerelle bestand energisch darauf, den schmalen Pfad zu nehmen, der aus der fast senkrechten Felswand geschlagen war. Die Grauhäute sahen sehnsüchtig zum Wasser hin, doch wagte es keiner, sich ihr zu widersetzen. Sie spürte den Hass der Kobolde. Er war die Kraft, die sie noch auf den Beinen hielt. Die meisten Kinder mussten inzwischen getragen werden. Ein Greis war auf dem letzten Stück Weg durch die Wüste an Entkräftung gestorben. Aber sie marschierten.
    Auch Emerelle fühlte sich zu Tode erschöpft. Alle äußerlichen Wunden waren verheilt, aber die Schmerzen hatten ihre Kräfte aufgezehrt und ihre Seele verletzt. Sie hatte sich verändert … Wenn sie einige Nächte gut geschlafen hätte, dann wäre das vorbei, redete sie sich ein.
    Ein Schwärm hellgrüner Palmwächter flog durch die Schlucht. Die kleinen Vögel musterten sie neugierig. Gewiss hatten sie noch niemals Zweibeiner gesehen! Mit munterem Gezwitscher stürzten sie sich in die Tiefe. Sie schössen dicht über dem schillernden Wasser dahin und verschwanden dann zwischen den Uferpalmen. Der Pfad, dem sie folgten, war kaum eine Elle breit. Einige der Grauhäute drückten sich dicht an den heißen Fels und vermieden es, hinabzusehen. Emerelle war schwindelfrei. Jedes Mal, wenn der Pfad sich um einen Felsvorsprung wand oder eine Kehre machte, beugte sie sich weit über den Abgrund, um aus einem anderen Blickwinkel in die Schlucht hinabzuschauen. Der See hatte einen anderen Umriss als früher. Wie sehr sich das weite Tal wohl verändert hatte?
    Hier zwischen den Tafelbergen hatte der Zauber, den die Grauhäute so treffend Drachenatem nannten, keine Macht mehr. Der Wind, der über die weißen Felsen strich und über die Jahrhunderte die seltsamsten Formen in den weichen Stein schnitt, wurde nicht durch Magie gezeugt.
    Ihr Anstieg dauerte mehr als eine Stunde. Emerelle wusste, das sie ihr Ziel fast erreicht hatten, als die Marschkolonne vor ihr ins Stocken geriet. Auf den Zehenspitzen am Abgrund entlanglaufend, drängte sie sich an den Grauhäuten vorbei. Der kleine See mit den Palmen lag mehr als zweihundert Schritt unter ihr. Der Felsen fiel fast senkrecht in die Tiefe. Sie blickte über ihre Schulter hinab, und ein seltsames Gefühl überkam sie. Eine sinnliche Schwere, tief in ihrem Bauch, verbunden mit der Lust, sich mit ausgeweiteten Armen nach hinten fallen zu lassen. Sie wollte nicht Selbstmord begehen. Nie würde sie sich auf diesem Weg davonstehlen! Es war einfach die Lust, sich fallen zu lassen. In ihrer Vorstellung verhieß der Fall Freiheit. Sie sollte schlafen, ermahnte sie sich in Gedanken.
    Der enge Saumpfad weitete sich jetzt. Er hatte sie um einen weiten Felsvorsprung geführt, so dass sich nun ein Blick auf einen Abschnitt des Tals ergab, der für sie während des ganzen Aufstiegs unsichtbar geblieben war. Die Himmelsbrücke und das Sonnentor, so hatten die Drachenelfen es einst genannt. Emerelle erinnerte sich an die Stimme ihrer Mutter. Sie hatte oft von den Drachenelfen erzählt. Von all den Wundern, die nur sie sehen durften.
    Emerelle selbst war noch den Alben begegnet, doch in jener Zeit, als die Ordnung, die sie hatten erschaffen wollen, zerbrach. Als das strahlende Reich der Drachen versank und die Alben sich von den Geschuppten abwandten und nur wenig später von ihrer ganzen Welt.
    Die Himmelsbrücke war eine schmale Ader aus schwarzem Basalt. Entblößt vom weicheren weißen Gestein spannte sie sich über einen Abgrund, den Wind und Wasser in Jahrtausenden

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