Die Elfen 04 - Die Elfenkönigin
sie ihm nach, bis er hinter den Ruinen verschwand.
»Willst du immer noch mit?«, fragte Emerelle leise. Nikodemus nickte und hoffte, dass sie keine weiteren Fragen stellen würde. Es wäre ihm schwergefallen, seine Beweggründe zu erklären. Wenn er sagte, dass er ein Held sein wollte, dann hätte sie ihn vermutlich belächelt. »Herrin, Skanga wird kommen. Sie weiß, wo wir sind.«
Die Elfe nickte. »Du hast sie also benachrichtigt.« »Es war keine Absicht.«
»Und jetzt willst du mit mir gehen und dich womöglich in Gefahr begeben.« Er nickte. »Ja, das will ich.«
»Ihr Lutin seid ein sehr seltsames Volk, Nikodemus. Sehr seltsam.« Sie sah zu den Grauhäuten. Sie waren ein ganzes Stück entfernt stehen geblieben und warteten, was geschehen würde. »Skanga kann nicht schneller hierher gelangen als wir. Der nächste Albenstern, den sie ohne Gefahr durchqueren kann, ist eine Woche Fußmarsch entfernt. Und auch sie muss den Drachenatem überwinden. Wir sind hier sicher. Für eine kurze Zeit zumindest. Das da vorn ist nicht sie. Sie müsste frei durch die Albenpfade und das Nichts streifen können, um so schnell hierherzu-gelangen. Das vermag nicht einmal sie.«
Das ließ sich nicht von der Hand weisen, dachte Nikodemus, und dennoch fühlte er sich nicht viel besser. Sie war schließlich Skanga. Vielleicht fand sie einen Weg. »Willst du immer noch mit? Und wem gehört eigentlich deine Loyalität?«
Nikodemus nahm sich ein wenig Zeit, die Frage zu bedenken. Seltsamerweis bedrängte ihn Emerelle nicht.
»Meine Loyalität gehört mir«, sagte er schließlich.
Die Elfe lächelte. »Wahrhaft die Antwort eines Lutin. Wollen wir gehen?«
»Ja.« Das Wort kam ein wenig zögerlich. Hatte er seinen Mut überschätzt? Er folgte der Elfe. Bald hatten sie die alte Festung erreicht. Drohend ragten die Mauern über ihnen auf. Der Boden war bedeckt mit Gesteinstrümmern und trockenem Vogelkot, der unter seinen Sohlen leise knisterte. Emerelle hingegen bewegte sich völlig lautlos. Sie war wie ein Schatten.
Das Festungstor lag seitlich hinter einem vorkragenden Turm, so dass es von der Terrasse beim Tunnel nicht zu sehen gewesen war. Die hohen Pforten standen offen. Die Türflügel schimmerten, als seien sie aus lauterem Gold geschaffen. Reiter, die auf Pegasi einen fliegenden Drachen begleiteten, schmückten das Tor.
Nikodemus' Fell sträubte sich. Der ganze Ort war von mächtiger Magie durchdrungen. Einige der Zauber waren gewoben, um dem Verfall entgegenzuwirken. Andere stärkten die Mauern oder erhielten die Leuchtkraft der Malereien, die die Wände des Innenhofs schmückten.
Die Flanken des Hofs waren von Ställen gesäumt. Waren hier einmal Pegasi untergebracht gewesen? Stellte man geflügelte Pferde in Ställe?
Emerelle sah sich nicht um, sondern ging zielstrebig auf die andere Seite des Hofes zu. Ein von Säulen getragenes Vordach verwehrte den Blick auf den Eingang zum massigen Bauwerk. Hoch über dem Hof lag ein Fenster, aus dem warmes, bersteinfarbenes Licht fiel.
Nikodemus hatte das unbestimmte Gefühl, dass Emerelle diesen Ort kannte. Sie eilte die weiten Treppenstufen zum Vordach hinauf und verschwand im tiefen Schatten. Der Lutin hatte Schwierigkeiten, die Treppe zu bewältigen. Hier hatten keine Kobolde gewirkt, so viel war sicher. Die Stufen zu erklimmen, war ein Kraftakt. Und nirgends gab es eine Rampe oder eine Treppenflucht mit flacheren Stufen. Wer hier wohl einst den Elfen den Arsch nachgetragen hatte, dachte er gehässig.
Im Schatten des Säulendachs wartete niemand auf ihn. Nach kurzer Suche fand er den Eingang zum Hauptgebäude. Er lag in einer Achse mit dem Tor auf dem Hof. Seine Schritte hallten unnatürlich laut, als er eintrat. Er hatte das Gefühl, in einem sehr großen Raum zu stehen. Aber es gab kein Licht. Er konnte kaum die Hand vor Augen sehen.
Ein trockener, staubiger Geruch hing in der Luft. Sollte er nach Emerelle rufen? Wo steckten die beiden?
Seine Augen gewöhnten sich einfach nicht an die Dunkelheit. Es war, als läge ein Zauber auf diesem Turm, der ihn verbergen sollte. Was für eine hirnverbrannte Idee, mit diesen beiden Elfen mitzuziehen. Er hätte es besser wissen müssen. Wenn es hart auf hart kam, durfte man sich als Kobold niemals auf Elfen verlassen. Die dachten an das kleine Volk stets zuletzt, wenn überhaupt.
Vielleicht sollte er umkehren? Aber dann würde er vor den Grauhäuten wie ein Feigling dastehen. Das kam nicht infrage! Mit ausgestreckten Händen
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