Die Elfen 04 - Die Elfenkönigin
Jungen.
»Jean. Wie kann sich hinter einem so makellosen Gesicht in einem so zarten, jungen Körper so viel Schlechtigkeit verbergen? Du hast mich beleidigt, mir unterstellt, ein Lügner zu sein, und auch noch versucht, mich zu vergiften. Du hast mich enttäuscht. So wie Guillaume.« »Ich wollte nicht …«, stieß Jean schluchzend hervor. »Ich …« »Hör auf zu weinen! Tankret, trockne seine Tränen!«
Einen Augenblick lang wirkte der Krieger bestürzt. Ein Anblick, den Balduin genoss. Der Hofmeister wusste nur zu gut, dass es klüger war, die Befehle seines Königs umgehend zu befolgen. Und Tankret wusste es auch! Der Krieger riss sich das Tuch von seinen Lenden und wischte damit über Jeans Gesicht. Doch es half wenig. Der Kleine weinte einfach weiter.
»Jean«, die Stimme des Königs klang versöhnlich. »Du wolltest mich nicht kränken. Du bist nicht wie Guillaume, nicht wahr?«
Der Junge nickte, so gut das mit Tankrets Hand im Nacken ging.
»Du würdest sicher alles tun, um mir zu helfen. Wenn du mich heilen könntest, würdest du mich dann im Stich lassen?«
»Nein, bestimmt nicht«, stieß Jean unter heftigen Schluchzern hervor.
»Dann, bitte, hör auf zu weinen. All diese Tränen wegen eines Missverständnisses …« Jean kämpfte mit sich. Es dauerte eine Weile, bis er sich beherrschte und sein Tränenstrom versiegte. Aber seine Angst war noch nicht vergangen, das sah man deutlich. Der Kleine spürte, dass etwas zutiefst nicht in Ordnung war. »Du willst mir also helfen?« Jean nickte heftig.
»Komm her.« Der alte König drehte sich ein wenig in seinem Bad. Rosenblätter wirbelten durch das Wasser. »Siehst du dort die kleine Einbuchtung auf dem Rand des Beckens?«
Wieder nickte der Junge. Ein tiefer Schluchzer entstieg seiner Brust, aber er schaffte es, seine Tränen zurückzuhalten.
»Leg dort deinen Kopf hin, mein Kleiner. Der Platz ist sehr bequem. Die Stelle wurde von meinem Steinmetz dafür geschaffen, dort seinen Kopf zur Ruhe zu betten. Ich mache das auch oft.«
Der Junge gehorchte. Er war so arglos, dachte Balduin bitter. Das waren sie alle. Er erlebte dies nicht zum ersten Mal. Kaum hatte Jean den Kopf in die Ausbuchtung gelegt, stemmte ihm Tankret sein Knie in den Rücken, packte die blonde Perücke, riss sie hinab und schleuderte sie von sich, um dann nach den echten Haaren des Jungen zu greifen. Er bog Jean den Kopf weit in den Nacken, zog den Dolch und schnitt dem Knaben tief in die Kehle. Ein Strom von Blut spritzte hervor und ergoss sich in das Badewasser, wo es in Wirbeln in schauriger Harmonie mit den Rosenblättern tanzte. Der Junge brachte keinen Ton hervor. Tankret ließ ihn wie ein Stück Vieh ausbluten. Cabezan aber lehnte sich im Wasser zurück und seufzte zufrieden. »Weißt du, Balduin, die Alchemisten faseln vom Wasser des Lebens und suchen seit Jahrhunderten mit größter Verbissenheit nach diesem wundersamen Elixier. Dabei ist es so leicht zu finden! Das Wasser des Lebens rinnt durch unsere Adern. Es ist Blut. Junges Blut vermag all meine Leiden besser zu lindern als jede Paste oder Tinktur, die je ein Quacksalber auf meine Haut aufgetragen hat.«
»Wenn Ihr es sagt, Majestät.« Balduin kämpfte gegen Übelkeit an. Wie sehr er dieses Ungeheuer verachtete! Aber er wagte es nicht, seine Hand gegen Cabezan zu erheben oder sich zu verschwören. Dutzende hatten das schon versucht, und alle waren sie gescheitert.
»Du siehst wirklich nicht gut aus, Balduin. Du solltest auch in dieses Bad steigen. Natürlich erst, nachdem ich es verlassen habe. Tankret tut es auch manchmal. Die Kraft des Blutes glättet und verjüngt deine Haut. Und sie stärkt deinen Körper. Wenn du es über dich bringst, etwas von dem Wasser zu trinken, dann wirst du merken, wie es auch deine Gedärme und deine Leber stärkt. Kinderblut ist wahrlich ein Allheilmittel!«
»Ich weiß nicht …«, brachte Balduin unter Mühen hervor. In Wahrheit wusste er es ganz genau! Er wollte sich nicht noch tiefer in die Verbrechen seines Königs verstricken. »Ich denke, es war nicht klug, ausgerechnet Jean zu töten. Seine Schwester wird seine Briefe erwarten …«
Cabezan winkte ab und drehte sich wie ein Aal im blutigen Wasser. Mit beiden Händen schlug er es sich ins Gesicht, damit es jeden Flecken seiner kranken Haut benetzte. Balduin sah mit Schrecken, wie der König tatsächlich davon trank! Er gurgelte es in der Kehle.
»Du wirst die Briefe schreiben, Balduin«, sagte er schließlich. »Der Junge
Weitere Kostenlose Bücher