Die Elfen 04 - Die Elfenkönigin
diesen Abend. Und das Versprechen, das wir ihr gegeben haben, wurde nach nicht einmal einem Mond gebrochen.« Cabezan erinnerte sich genau an die kleine Schlampe. Aber er zog es vor, dass Balduin ihn für vergesslich hielt und dachte, er verliere über die Angelegenheiten des Königreichs langsam den Überblick. »War sie nicht schon eine Hure, bevor sie in den Dienst des Königreichs trat?
Üblicherweise wählen wir doch Mädchen mit etwas Erfahrung aus. Davon zu sprechen, dass wir sie hier in dieser Kammer zur Hure gemacht hätten, erscheint mir etwas melodramatisch, mein Guter.«
In Balduins Gesicht arbeitete es. Ehrenhafte Männer waren so leicht zu manipulieren! »Was ich meinte, mein König, war lediglich, dass uns Elodia einen unermesslich großen Dienst erwiesen hat. Sie war so erfolgreich, weil sie sehr gut auf ihre Aufgabe vorbereitet wurde. Warum sollten wir eine solch wertvolle Waffe im Kampf um die Macht leichtfertig zerbrechen? Sie nach Drusna zu schicken, ohne dass sie sich mit der Sprache und den Gebräuchen des Landes vertraut machen kann, ist ganz so, als würden wir sie dem Henker überantworten. Ganz gleich, ob sie eine Hure ist oder nicht. Unser Königreich schuldet ihr Dank und nicht ein Todesurteil!«
»Unser Königreich?« Er machte eine lange Pause, um den Worten Nachdruck zu verleihen. »Teilen wir uns etwa den Thron, mein lieber Balduin?«
»Ich meinte das nicht so!« Seine Worte überschlugen sich fast. »Das war nur so eine Redensart … Ich würde niemals …«
»Du bist der Einzige, dem ich so etwas durchgehen lasse, alter Freund.« Cabezan deutete auf die Blutspritzer auf den Vorhängen. »Der Mann, der vor dir hier war, hat aus einem sehr viel nichtigeren Grund seinen Kopf verloren.« Er sah, wie sich die Züge seines Hofmeisters verhärteten. Er fürchtete den Tod nicht. Begrüßte er ihn vielleicht sogar? Es machte keinen Spaß, jemanden mit etwas zu bedrohen, wovor er keine Angst hatte. Im Übrigen war Balduin unleugbar nützlich. Seine Worte waren nicht weit von der Wirklichkeit entfernt gewesen. Er, Cabezan, siechte in diesem Palast vor sich hin. Er war der König. Ein gefürchteter Tyrann. Aber Balduin lenkte die Verwaltung. Er entschied über all die tausend bedeutsamen Kleinigkeiten, die zu langweilig waren, um sich der Aufmerksamkeit eines Königs zu erfreuen. Allerdings war Cabezan nicht so dumm, aus den Augen zu verlieren, dass es gerade diese unbestechliche, zuverlässige Arbeit seines Hofmeisters war, die das Königreich erblühen ließ.
»Solltet Ihr wirklich glauben, dass ich nach Eurem Thron strebe, dann werde ich mir hier und jetzt den Dolch in die Brust stoßen.«
Cabezan lachte. »Noch so ein melodramatischer Auftritt. Diese Seite an dir kenne ic noch gar nicht.«
»Und Elodia?«
Langsam ärgerte ihn das Betragen des Alten. »Ehrlich gesagt, schätze ich das Leben eines jedes Leibeigenen in meinem Königreich höher als das einer Hure. Und ich bin mir völlig sicher, dass die überwiegende Mehrheit meiner Untertanen ganz genau derselben Meinung ist. Deinen Einsatz für dieses Mädchen finde ich überaus befremdlich. Würde ich dich nicht so gut kennen, würde ich unterstellen, dass du sie dir in dein eigenes Bett holen möchtest. Weil sie dem Königreich gut gedient hat, soll sie zwei Monde auf dem Möns Gabino verbringen. Und dann schickst du sie nach Drusna. Hoffe nicht darauf, dass ich das vergessen werde. Du darfst nun gehen und mir morgen einen Plan unterbreiten, wie wir die verdammten drusnischen Räuber in ihren Wäldern ausräuchern können!«
Balduin zog sich zurück, und es entging Cabezan nicht, dass der Alte sich nicht verbeugte, bevor er die Kammer verließ.
Das Mädchen kauerte noch immer am Boden und schrubbte. Es war schwer, das Blut aus den schmalen Fugen des Mosaikbodens zu entfernen. Das Auf und Ab ihres Hinterns hätte ihn früher erregt. Sie war nicht hässlich. Etwas zu dürr und flachbrüstig, aber sie hatte ein hübsches Gesicht.
Cabezan versuchte sich Elodias Antlitz ins Gedächtnis zu rufen. Er war sich natürlich bewusst, dass sie Großes geleistet hatte. Er war kein Narr! Und weil er das nicht war, musste das Mädchen verschwinden. Hätte er sie gerecht behandelt, dann hätte sie eine Heldin sein sollen. Zum Glück würde eine Hure sich kaum in der Öffentlichkeit ihrer Taten in den Betten fremder Tyrannen brüsten. Und sollte sie doch so dumm sein, es zu tun, durfte sie kaum auf großen Zuspruch hoffen. Aber sie war eine
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