Die Elfen 04 - Die Elfenkönigin
Luftzug spürte, zogen sich seine Gedärme zusammen. Früher war er kaltblütiger gewesen. Je älter er wurde, desto vertrauter wurde ihm die Angst. Er kämpfte gegen sie an. Mit diesen Ausritten. Er musste sich selbst beweisen, dass er noch immer der unerschrockene Krieger von einst war. Und er wollte seinen Ruf festigen. Er wusste, dass seine Männer ihn respektierten. Aber Nestheus verehrten sie. Nestheus, dieser kleine Bastard, der es abgelehnt hatte, seine Tochter zu heiraten, und mit irgendeiner Schlampe in die weite Steppe geflohen war - der war zur lebenden Legende geworden.
Katander lächelte mürrisch. Nestheus war begabt. Er hatte sich seinen Ruhm verdient. Er sollte nicht eifersüchtig auf den verdammten Mistkerl sein. Aber es war hart, schon zu Lebzeiten Zeuge zu werden, wie der eigene Ruhm verblasste und von den Taten eines anderen weit überstrahlt wurde.
Endlich waren sie aus der Reichweite der Torsionsgeschütze. Katander atmete auf. Für heute war es geschafft. Er hatte dem Schicksal einen weiteren Tag abgetrotzt. Er beschleunigte seine Gangart und preschte dem Lager auf der anderen Seite des Hügels entgegen.
Er fand Nestheus bei den Elfen. Sie waren nur eine kleine Gruppe, aber beim Schwafeln und Pläneschmieden waren sie immer ganz vorne dabei. Graf Fenryl hatte das Lager der Trolle nachbauen lassen. Für jeden der Wagen gab es einen kleinen Holzklotz. Die flachen Hügel, die das Feldlager einschlossen, waren mit Sandhaufen nachempfunden.
»Wie ich sehe, hat dich immer noch keine Kugel gefunden.« Nestheus hob den Blick vom Tisch. Es lag keine Verachtung in seinem Tonfall, aber eine gewisse Schärfe. So sprach ein Vater mit einem Sohn, der irgendeinen Unfug angestellt hatte.
Der Blick des jungen Kentauren war wie eine frisch geschliffene Klinge. Seine Haut war dunkel vom Leben im Wind. Feine Falten zeichneten sein Gesicht. Die Jahre der Flucht hatten ihn vor der Zeit altern lassen. Wie sein Vater hatte er das lange Haar mit einem geflochtenen Lederband zurückgebunden. Sein Fell war makellos weiß, der Leib gestählt. Auf Brust und Armen sah man feine weiße Linien. Narben aus Dutzenden von Kämpfen.
Wie immer war Kirta an seiner Seite. Sie war immer noch hübsch, das musste Katander ihr zugestehen. Aber zu mager. Man konnte ihre Rippen zählen. Daran hatte sich nichts geändert! Wie hatte Nestheus diese halbverhungerte Schimmelstute nur seiner Tochter vorziehen können! Das weißblonde Haar fiel ihr über die Schultern. Sie trug einen Köcher um die Hüften, und ein breiter, mit silbernen Amuletten geschmückter Schwertgurt lief zwischen ihren kleinen Brüsten hindurch. Eine Stute zu einem Kriegsrat einzuladen! Das war gegen jede Tradition. Aber Traditionen hatte der Bastard ja schon immer mit den Hufen getreten. Es hieß, er dichte Verse über sie. Ein dichtender Kriegsherr!
»Gibt es etwas Neues von ihnen, Fürst?« Ihre Stimme klang angenehm. Sie fragte höflich. Sie war immer freundlich zu ihm, obwohl er einst Kopfgeldjäger hinter ihr hergeschickt hatte. Und sie wusste das!
»Orgrim steht auf dem einzigen großen Wagen im äußeren Wall und glotzt sich die Augen aus dem Kopf. Er beobachtet die Hügel. Nicht mehr lange, und er wird einen Ausfall befehlen. Trolle sind nicht dazu geschaffen, auf ihren fetten Hintern zu sitzen und einfach abzuwarten.«
»Er ist zu klug, um aus dem Lager herauszukommen«, widersprach Nestheus. »Er weiß, dass es für ihn hier draußen zwischen den Hügeln nichts zu gewinnen gibt. Wir sind zu schnell. Wir bestimmen, wann und an welchem Ort gekämpft wird. Er wird warten.«
»Aber nicht mehr lange«, wandte der Elfenfürst Fenryl ein. Er trug selbst jetzt, im Spätsommer, ein weißes Wams, was ihn im trockenen, goldbraunen Gras zu einem unübersehbaren Ziel im Kampf machte. Als Veteran der Schlacht um Phylangan hatte er sich einen Ruf für seine Tapferkeit erworben. Leider hatte er so gut wie gar keine Truppen mitgebracht, als er sich den Kentauren angeschlossen hatte. In Katanders Augen sollten hier Befehlshaber stehen, die auch Truppen hinter sich hatten und die nicht lediglich Gäste in einem fremden Krieg waren.
»Warum, glaubst du, wird er gehen?«, fragte ihn der Fürst von Uttika herablassend. »Gehörst du zu der seltenen Sorte von Elfen, die wie Trolle denken?«
Fenryl reagierte auf den Spott, indem er lediglich eine einzelne Braue hob, und das auf eine so selbstgefällige und verachtende Art, wie es nur Elfen konnten. »Ich würde eher
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