Die Elfen 04 - Die Elfenkönigin
Wort dazu, wo sie all die Jahre gewesen war, als Albenmark sie gebraucht hätte. Kein Wort, warum sie schlief und schlafend tötete!
DER TOD EINER LEGENDE
Dieser weiße Ritter ist eine Plage!« Balduin musste sich über das Gesicht des Königs beugen, um ihn überhaupt verstehen zu können. Der Gestank, der von den frisch geöffneten Eiterbeulen ausging, war überwältigend. Balduin atmete durch den Mund und versuchte, sich dem Ekel zu verschließen. Dennoch musste er immer wieder vom Bett zurückweichen, um den Würgereiz niederzukämpfen. »Erzähl mir vom Ritter!«
»Er hat mehrere Refugien für Krieger gegründet. Wir schätzen, dass etwa fünfzehn Ritter den Aschenbaum gewählt haben. Und fast hundert einfache Krieger, Bauern und Handwerker. Es heißt, dass er die Grenze zu Drusna verlassen hat und nun nach Süden reist.« »Und das Volk?«
Balduin leckte sich die Lippen. Kurz erwog er, was gefährlicher war, eine Lüge oder die Wahrheit. Cabezan hatte zu viele Spitzel, die ihm Bericht erstatteten. Der Hofmeister sah zu Tankret, der wie immer am Bettende stand. Der Krieger war in die Jahre gekommen, aber immer noch ein exzellenter Kämpfer. Balduin wusste, dass es dem Mistkerl eine Freude sein würde, ihm den Kopf abzuschneiden, wenn der König es befahl. Der Hofmeister entschied sich für die Wahrheit.
»Das Volk liebt ihn. Es gibt unzählige Geschichten über ihn. Angefangen damit, dass er ein illegitimer Sohn von Euch ist, mein König, bis hin zu völlig märchenhaftem Unsinn, er sei Tjureds Sohn und geschickt, um das Königreich in ein neues, glorreiches Zeitalter zu führen. Viele glauben auch …« Er zögerte noch einmal kurz. »Viele glauben, dass er Euch eines Tages vom Thron stoßen wird.« »Sag ruhig, dass er mich ermorden wird.« Cabezan hustete. Sein ganzer Körper verkrampfte sich dabei. Er war nur noch Haut und Knochen. Die Wunde in seiner Leiste öffnete sich, und dünnes Blut rann hinab auf das weiße Bettlaken. Auch unter der Achsel trat Blut hervor. Balduin wusste, dass der Pestarzt am Morgen zwei große Beulen voll mit dunklem Eiter aufgeschnitten hatte. Jeder andere Mensch wäre längst tot. Obwohl er nicht an die alten Götter glaubte und an die Wunder, die die Tjuredkirche versprach, war Balduin zutiefst überzeugt, dass Cabezan von einer geheimnisvollen, dunklen Macht durchdrungen war. Niemand konnte sagen, wie oft der König schon von der Pest befallen worden war. Sie kam selbst, wenn sie sonst nirgends im Königreich Unheil brachte. So wie jetzt. Er war der Erste, der an der Pest erkrankt war! Deshalb hatte auch der größte Teil der Dienerschaft und Wachen fluchtartig den Palast verlassen. Die armen Narren! Balduin kannte seinen König gut genug, um zu wissen, dass er unter diesen V
errätern, wie
er sie nennen würde, ein grausames Gemetzel veranstalten würde, sobald er wieder zu Kräften kam. »Das ist das Geschwätz des Volkes, mein König. Ihr wisst gut, dass sich viele Euren Tod wünschen. Doch was den weißen Ritter angeht, so scheint er noch nie gegen Euch gesprochen zu haben. Im Gegenteil. Er war an der Grenze zu Drusna eine große Hilfe. Allein das Gerücht, dass er in der Nähe ist, hebt die Moral unserer Krieger und versetzt die Barbaren in Angst und Schrecken. Er wurde noch nie im Zweikampf besiegt. Und wenn er spricht, so heißt es, höre man die Stimme Gottes durch seinen Mund.«
»Unsinn!« Cabezan krümmte sich zusammen und hustete so anhaltend, dass in Balduin Hoffnung aufkeimte, der alte Tyrann werde endlich sterben.
Als der Anfall vorüber war, lag der König wie tot. Seine Finger waren in das Laken gekrallt. Kalter Schweiß stand ihm auf dem Gesicht. Seine Brust hob und senkte sich kaum, so flach ging sein Atem.
Balduin hob den Blick. Rings um das Bett des Königs waren seit Tagen Kleider aufgehängt. Vor allem Kinderkleider. Eines fiel ihm besonders auf. Es war dunkelblau und mit silbernen Rosenblättern bestickt. Balduin fragte sich, welchem Wahn der Herrscher nun wieder nachhing. Der Anblick der Kleider machte ihm mehr zu schaffen als das Bewusstsein, vor einem Pestkranken mit frisch geöffneten Eiterbeulen zu stehen. Was hatte er damit vor? Waren es die Kleider der Kinder, die er zu sich ins Bad kommen ließ?
»Hübsche Kleider …« Er lachte. »Ich habe mir Flöhe zugelegt. Aber keine Sorge, ich werde sie mit den Kleidern in Kisten sperren lassen.« Er lachte erneut, bis sein Lachen in einen Hustenkrampf überging, bei dem dunkler Auswurf von seinen
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