Die Elfen 04 - Die Elfenkönigin
erschöpft. »Sag ihr, was sie tun.«
Miridas seufzte. »Wenn wir die Verletzten und Kranken zurücklassen, dann werden die Iskendrier sie an kurzen Pfählen dicht oberhalb der Flutlinie am Strand festbinden. Für die Scharlachkrabben. Sie fressen Aas, oder was sie dafür halten.«
»Wir werden hier unsere letzte Schlacht schlagen«, sagte der Prinz. »Geht eurer Wege. Ihr seid es, die schnell von hier fortmüsst.«
DIE DICKE BASCHA
Der schwere Lastkahn war in der Mitte des Stroms vor Anker gegangen. In der Dämmerung hatte der Schiffer die Ruder einziehen lassen. Drei Tage waren es noch bis Feylanviek. Anderan kauerte sich an die Bordwand. Es regnete wieder. Was für ein verfluchtes Land! Seit Tagen wurden seine Kleider nicht mehr trocken. Schüttelfrost plagte ihn. Die ganze Mannschaft war erschöpft. Seit zehn Tagen gab es keine Treidelpferde mehr, die den Lastkahn gegen die Strömung flussaufwärts ziehen konnten. Seitdem ruderten sie oder segelten, wenn der launische Wind es zuließ.
Der Herr der Wasser presste seine brennenden, wunden Hände auf die nasse Jacke. Er war nicht verweichlicht! Er war es gewohnt, zu rudern, auch wenn er in den letzten Jahren nur noch selten Gelegenheit gefunden hatte, in einem Nachen hinaus in die Mangroven zu fahren, um Krabben zu fangen.
Aber die Arbeit hier an Bord des Lastkahns war mörderisch! Kobolde waren einfach nicht dazu geschaffen, ein so langes und schweres Boot gegen den Strom zu rudern! Der Schiffer stapfte unruhig an Deck auf und ab. Er spähte ins Dunkel. Der Himmel war wolkenverhangen. Man konnte kaum etwas sehen. Auf dem ganzen Schiff gab es kein Licht. Kein Feuer, um die durchgefrorenen Knochen zu wärmen. Nicht einmal tagsüber durften sie ein Feuer anmachen, weil der Verrückte glaubte, die Kentauren könnten den Rauch noch weit im Land riechen. Dabei war der Lastkahn von den Hügeln aus leicht zu entdecken.
Anderan klopfte auf das Deck. Bisher hatten sie noch keinen Kentauren zu Gesicht bekommen. Hoffentlich blieb das so. Nur noch drei verdammte Tage bis Feylanviek. Er würde als Erstes ein langes, heißes Bad nehmen, wenn er in die Stadt kam. Mindestens drei Stunden lang!
»Bald kommt der erste Schnee«, sagte der Schiffer. Er hatte in seiner rastlosen Wanderung innegehalten. »Du bist der Einzige, der nicht schläft. Frierst du zu sehr? Oder tut es dir leid, dass du an Bord gekommen bist? Ich hatte dich gewarnt.« »Ich hasse Schnee«, gestand Anderan.
»Ich auch. Mit dem Schnee kommt das Eis. Und das Eis nimmt die Lastkähne gefangen. Ich hab es einmal erlebt, dass der Kahn auf dem offenen Fluss von Eisschollen eingekeilt wurde und nicht mehr fortkam. Damals war Frieden. Wenn uns das jetzt passiert, dann sind wir dran.« »Nur noch drei Tage.«
Der Schiffer spuckte über Bord. »Wülste auch mal 'nen Priem versuchen? Das zieht dir alle kranken Säfte aus dem Leib. Kommste auf andere Gedanken.« »Nein, danke.«
»Ich weiß, was dir im Kopf umgeht. Denkst an irgendein nettes anschmiegsames Mädchen in Feylanviek. Nach so einer langen, kalten Fahrt gibt es nichts Besseres als einen ganzen Tag mit einer Hure in einem Bett direkt neben einem gut befeuerten Ofen. Ich werd's genauso machen.«
Die Vorstellung hatte einen gewissen Reiz. Aber das würde er niemals zugeben, dachte Anderan. »Und ich dachte schon, du liebst nur die dicke Bascha.«
Der Schiffer lachte heiser. »Die ist jedenfalls das nützlichste Mädel, das mir je begegnet ist. Auf die Dicke ist Verlass! Die hat mir schon manchen guten Dienst geleistet.« »Hast du sie schon benutzen müssen?«
»Nur zwei Mal. Ist schon 'ne Weile her. Bin lieber vorsichtig. Ist besser, wenn man ihr nicht das Kleidchen hinabreißen muss.«
Anderan blickte zum Bug, wo die dicke Bascha über die Reling lugte. Am Mittag erst hatte der Schiffer sie geputzt und frisch geölt. Es war die größte Windenarmbrust, die der Herr der Wasser je gesehen hatte. Ein wahrhaft ehrfurchtgebietendes Ungeheuer. Die Pfeile, die es verschoss, waren so lang und so dick wie ein Koboldarm. »Du hast sie schon benutzt?«, hakte Anderan nach.
»Beim ersten Mal war es genug, das Öltuch von ihr herunterzunehmen und sie zu zeigen. Das war zu Zeiten, als es noch am ganzen Fluss Treidelpferde gab und wir jede Nacht ein schönes Lager mit einem ordentlichen Feuer am Ufer aufschlagen konnten. Wenn sie sehen, dass einer von ihnen draufgehen könnte, dann haben Strauchdiebe keinen Mumm mehr. Nach dem ersten Mal hatten wir mehr als ein
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