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Die Elfen 04 - Die Elfenkönigin

Die Elfen 04 - Die Elfenkönigin

Titel: Die Elfen 04 - Die Elfenkönigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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dass Falrach bereit war, dem Kobold zu vertrauen.
    Sanft legte sie Nikodemus die Hand auf die Schulter. Der Lutin zuckte zusammen. »Ich bin es. Du musst keine Angst mehr haben. Du kannst die Augen wieder öffnen.« »Nein! Sie wird sie mir ausstechen. Ich darf nicht …«
    »Es ist vorbei.« Emerelle kniete sich vor ihm nieder. Vorsichtig strich sie über sein Gesicht, gezeichnet von Blut und blauschwarzer Tätowiertinte. Bei der Berührung spürte sie den brennenden Schmerz des Kobolds. Sie würde ihm helfen, wenn sie zurückkam. Jetzt brauchte sie all ihre Kraft. »Es ist vorbei.«
    »Es tut so weh. Es ist, als würden die Nadeln immer noch zustechen, als hätten sie ein Feuer unter meiner Haut entfacht.«
    Sie führte ihn nahe zum Höhleneingang, wo der Wind, der vom Meer kam, zu spüren war. »Bleib hier und warte. Wenn ich wiederkomme, werde ich dir helfen.« »Geh nicht dort hinein!« Er hielt sie mit seiner winzigen Kinderhand fest. »Es tut schrecklich weh. Das ist es nicht wert. Geh nicht!«
    Einen Herzschlag lang zögerte sie.
    Sie blickte auf das Meer. Die Flotte der Priesterfürsten war nun deutlich zu erkennen. Die Schiffe hatten sich zu einer weiten Sichel formiert. Verwundert sah sie, dass die Galeeren in der Bucht nun doch bemannt wurden. Ein Entkommen war jetzt unmöglich. Diese Entscheidung kam zu spät. Die Flotte aus Iskendria hatte Formation angenommen, die an einen weiten Halbmond erinnerte. Alle Schiffe hielten den gleichen Abstand zueinander. Für Menschenkinder waren sie erstaunlich diszipliniert. Eine kleine Flottille hatte den Hauptverband verlassen und schien die Bucht umgehen zu wollen. Helme und Speerspitzen funkelten im Sonnenlicht. Vielleicht sollte sie Krieger anlanden.
    Der Lutin drückte ihre Hand. »Geh nicht! Sie wird dich quälen!« Hatte Falrach doch Recht? Es war anrührend, wie sehr Nikodemus sich um sie sorgte, obwohl sie es doch gewesen war, die ihn hinab in diese Höhle der Schmerzen geschickt hatte. Sie blickte in sein geschundenes Gesicht, las erneut den Orakelspruch und befreite sich aus seinem Griff. Ihm war nicht zu trauen! Sie musste hinab.
    Wie der Lutin wusch sie sich das Gesicht. Die Priesterin sah ihr dabei schweigend zu. Auf dem Weg hinab vermied Emerelle es, in das Licht der Öllampe zu blicken. Ihre Augen gewöhnten sich schnell an das Dunkel. Die Höhle hatte eine hohe Decke. Etwas hing weit über ihr. Sie konnte es nicht genau erkennen. Dort oben schien es noch einen Zugang zu geben. Sie spürte einen leichten Luftzug. Er trug den Duft von Sandelholz und geöltem Leder zu ihr hinab.
    Als sie sich auf den Höhlenboden legte, ermahnte die Priesterin sie streng, auf keinen Fall die Augen zu öffnen. Das Kissen war angenehm hart. Sie entspannte sich. Lauschte auf die Schritte der Menschentochter. Sie roch den Angstschweiß des Lutin, der das Kissen durchtränkt hatte.
    Ein leises Sirren ließ sie die Augen öffnen. Wie eine Spinne glitt Samur von der Decke hinab. Doch statt an einem einzelnen, seidenen Faden hing sie an etlichen Lederbändern, die um ihre Arme, Gazellenbeine und Hüften geschlungen waren. »Ich habe lange auf dich gewartet, gefallene Königin. Du willst wissen, was meine Schwester dir nicht sagen konnte. Und auch diesmal folgen dir Tod und Verderben, so wie im Jadegarten.«
    »Du weißt, dass die Flotte der Priesterfürsten nicht um meinetwillen kommt.« »Ist das nicht ganz gleich? Dort, wo du bist, sind Unruhe und Krieg. Du musst wieder nach Albenmark und deine Krone zurückerobern, um unserer Welt Frieden zu bringen. Das ist dein Schicksal!« »Willst du mir das auf mein Gesicht tätowieren?«
    Die Gazala ließ sich tiefer hinabsinken, bis ihr Gesicht schließlich kaum eine Handbreit von Emerelles Antlitz entfernt war. »Auf deinem Gesicht wird die Antwort auf deine drängendste Frage stehen. Du weißt, meine Gabe ist nicht so stark wie die meiner Schwester. Für mich lie fert die Zukunft keine klar umrissenen Bilder. Ich sehe erst im Nachhinein klar, wenn sich all meine unverstandenen Visionen zur Wirklichkeit zusammengefügt haben. Vielleicht macht mich das auch zu einem echten Orakel, denn ich nehme keinen Einfluss. Stell mir eine Frage, und ich werde sehen. Deine Antwort wird in dein Gesicht geschrieben stehen. So kommt niemand zweimal zu mir. Ich habe für jeden nur eine Antwort, also bedenke deine Frage gut.«
    Das Gesicht der Gazala war so dicht vor ihr, dass sie es nicht mit einem Blick erfassen konnte. Sie hatte schöne Lippen.

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