Die Elfen 04 - Die Elfenkönigin
ein Racheakt an einem tyrannischen Kobold und einem dummen Troll? Oder war es der Beginn von etwas Größerem? Planten die Elfen eine Revolte? Dass Emerelle einfach aufgegeben hatte, hatte die meisten ihrer Fürsten überrascht. Noch war es nicht zu Aufständen gekommen. Aber man durfte dieser verdammten Elfenbrut nicht trauen. Sie sollte sich selbst ein Bild davon machen, was in Feylanviek geschehen war. Außerdem war es ein guter Vorwand, diese verfluchte Elfenburg zu verlassen. »Sind alle Leichen der Trolle fortgeschafft worden?« »Ja, Skanga.«
»Es gab auch tote Kobolde, nicht wahr? Du hast nichts darüber berichtet.« »Es sind ja nur Kobolde. Keine Krieger …«
»Wie viele waren es?«, drängte sie. Deutlich spiegelte sich die Anspannung in seine Aura. Zweifel überfielen ihn. Er befürchtete, etwas falsch gemacht zu haben.
»Ich weiß es nicht.«
»Haben die Kobolde sauber gemacht?«
Er räusperte sich. »Ich war nicht so lange dort. Es wäre viel Arbeit. Und es ist noch nicht entschieden, wer die neuen Anführer sein werden.« Das war doch was, dachte Skanga. Die Geschichte jenes Abends war mit Blut geschrieben worden. Wenn es noch niemand aufgewischt hatte, könnte sie daran ablesen, was genau geschehen war. Vielleicht könnte sie auch herausfinden, wer die beiden Elfen gewesen waren. Sie hatte einen Verdacht. Zugleich hoffte sie aus tiefstem Herzen, dass sie sich irrte. Siebzehn tote Trolle. Und nur zwei Elfen! Der einzige Elfenkrieger, dem sie so etwas zugetraut hätte, war tot. Zumindest behauptete das Elijah Glops. Wenn der intrigante kleine Lutin gelogen hatte, dann hätte sie einen Grund, dem Mistkerl den Hals umzudrehen. Allein das war schon die Reise nach Feylanviek wert.
EIN WEG FÜR NARREN
Falrach blies warmen Atem auf seine gefalteten Hände. Die Kälte würde ihn töten, wenn sie noch lange anhielt. Nein, das stimmte nicht ganz … Die Kälte und sein Stolz. Ein Wort von ihm würde genügen, und Emerelle würde ihn mit einem Zauber vor dem bitteren Frost beschützen. Sie ging nur wenige Schritt vor ihm. Doch ihre Gestalt war kaum mehr als ein Schatten im dichten Schneetreiben.
Wieder blies sich Falrach auf die Hände. Wie hatte es Ollowain geschafft, in diesem Körper so lange zu überleben? Die Elfen aus dem Volk der Normirga lernten schon als Kinder jene Worte der Macht, welche die Kälte bannten. Sie konnten in leichten Seidengewändern auf ihren Eisseglern über die weiten Ebenen Carandamons dahinjagen, ohne dass der beißende Frost ihnen in die Glieder schnitt. Nur Ollowain nicht … Er war ganz ohne Magie geboren. Das war überaus selten unter Elfen. Ein einziger Elf in einem Jahrhundert mochte mit diesem Makel gestraft sein. Falrach fluchte. Und ausgerechnet in so einem Leib war sein Bewusstsein wiedererwacht.
Sein Blick streifte die dunklen Flecken auf den Ärmeln seines dick gefütterten Mantels. Sie waren gnädigerweise fast ganz unter festgebackenem Schnee verborgen. Ollowain hatte eine andere Gabe … Die Erinnerung an ihren Besuch im Gerichtssaal mochte nicht vergehen, sosehr er sich auch bemühte, diese Bilder aus seinen Gedanken zu bannen. Der mächtige Bidenhänder, den er unter dem Waffenschmuck in der Eingangshalle des Koboldpalastes gefunden hatte, drückte schwer auf seinen Rücken. Es war ihm ganz so erschienen, als habe die Waffe ihn in dem Augenblick erwählt, da er sie sah. Ältere, tiefere Erinnerungen an ein vergangenes Jahrtausend hatten ihn beim Anblick des großen Schwertes mit der geschwungenen Klinge durchdrungen. Erinnerungen an mächtige Schwingen, Feueratem und kalte Angst. Solche Waffen waren einst für jene Tapfersten der Tapferen geschmiedet worden, die es wagten, sich den Drachen zu stellen. Auch er hatte einmal so ein Schwert besessen. Aber seines war nicht so schwer gewesen … Alles wurde schlechter, dachte er. Plötzlich musste er schmunzeln. Er führte sich auf wie ein griesgrämiger, alter Kobold. Er sollte mehr wie früher sein. Das hier war nicht mehr die Welt, aus welcher der Tod ihn gerissen hatte. Es lag nicht in seiner Macht, dies zu ändern. Er sollte den Fährnissen des Schicksals mit einem trotzigen Lächeln begegnen! Ob er sich veränderte oder nicht, es war seine Wahl.
Er atmete schwer aus. Wieder standen ihm die Bilder des Kampfes vor Augen. So etwas würde er nie wieder tun!
Emerelle war stehen geblieben und er so tief in Gedanken, dass er sie fast angerempelt hätte. Verwundert sah er sich um. Weit reichte sein Blick nicht.
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