Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Elfen 04 - Die Elfenkönigin

Die Elfen 04 - Die Elfenkönigin

Titel: Die Elfen 04 - Die Elfenkönigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
Vom Netzwerk:
konnte es nicht ganz richtig deuten. Aber es gab ihr die Kraft, gegen ihre Erschöpfung anzukämpfen.
    Manchmal schoss feiner Pulverschnee an ihnen vorbei in die Tiefe. Einmal erwischte es Melvyn, und er war ganz und gar mit feinen Eiskristallen eingepudert. Sie blieben an seinen Augenbrauen haften und in seinem Haar. Auch in den Falten seiner Kleidung nisteten sie sich ein.
    Das Ende der Eiswand blieb in den treibenden Wolken verborgen. Emerelle hatte jedes Zeitgefühl verloren. Als sie sich auf einem schmalen Sims niederließ, um kurz auszuruhen, bemerkte sie, dass sich ihre Hände verfärbt hatten. Die Fingerspitzen waren ganz dunkel geworden. Wulstige Beulen wucherten an den Nagelbetten. Die Hände brannten. Es war unangenehm, aber nicht schmerzhaft.
    Sie lächelte. Nur langsam drang durch das Gefühl der Euphorie die Erkenntnis, dass ihre Zauber gegen die Kälte offensichtlich ihre Hände nicht mehr schützte. Sie tastete über ihr Gesicht. Deutlich spürte sie die Berührung der Finger auf den Wangen. Aber ihre Finger spürte sie nicht mehr.
    Es fiel ihr schwer, sich zu konzentrieren. Sie blickte auf ihre Hände. Langsam hob sie sie und verschränkte sie über der Brust, dort, wo unter ihrem grauen Lederkleid der Albenstein lag. Immer mehr Schnee rieselte an den Eiskaskaden vorüber.
    Melvyn rief etwas zu ihr herunter, aber sie verstand kein einziges Wort. Der Berg schien einen Zauber um sie zu weben. Es fiel ihr immer schwerer, Entscheidungen zu treffen. Sie sollte zuerst ihre Hände heilen. Diesen Händen könnte sie bald nicht mehr trauen!
    Sie versuchte sich zu konzentrieren. Jetzt spürte sie Schmerz in den Fingern. Er wich nur langsam.
    Ein Pulverschneeguss verschlang die Welt. Der Schnee drang ihr in Mund und Nase. Sie wollte aufstehen und schlug mit den Armen um sich. Der Abgrund! Ängstlich drückte sie sich an das Eis. Wie hatte sie aufstehen können! Der Berg lullte sie ein und versuchte sie zu töten. Das war es, was sie alle umgebracht hatte. Sie war in Gefahr. Sie war nicht wie Melvyn. Er schien das Lied des Berges nicht zu hören.
    Heftig atmend konzentrierte sie sich auf ihre Hände. Sie durfte sich nicht so gehen lassen. Sie japste regelrecht nach Luft, und doch ging es ihr nicht besser. Ruhig! Der Berg würde sie nicht töten! Sie blinzelte den Schnee aus den Augen und sah nach oben. Ihre Hände konnten warten! Sie musste nahe bei Melvyn bleiben. Nur da war sie in Sicherheit. Melvyn war gegen den Berg gefeit.
    Sie tastete nach den Griffen, die er ins Eis geschlagen hatte. Ihre Finger waren taub. Aber dann konnten sie auch keine Schmerzen spüren! Sie kletterte. Keine Eile. Wenn sie es zu hastig anging, würde sie Fehler machen. Sie blickte kurz über die Schulter. Unter ihr lagen vom Wind zerzauste Wolkenschleier. Sie konnte zwischen ihnen hindurchblicken. Wie tief ging es dort hinab? Ihr Weg durch die Eiswand hatte sie vom Grat fortgeführt, über den sie gekommen waren. Jetzt war da eine Steilwand, unter ihr. Das Eis ging in dunkle Felsen über, immer tiefer und tiefer. Eine Meile? Oder mehr? Der Abgrund schien sie anzuziehen. Es war verlockend, loszulassen …
    Erschrocken presste sie ihr Gesicht gegen das Eis. Sie durfte nicht mehr nach unten sehen. Nicht zurücksehen. Nicht weit über ihr war Melvyn.
    Wieder stellte sie sich vor, wie sie einfach losließ und rückwärts in den Abgrund stürzte. Es wäre befreiend.
    »Emerelle?«
    Die Stimme brach den Bann. Sie kletterte. Langsam. Hand über Hand. Sie presste sich so fest an das Eis, wie sie nur konnte. Dann streckte sich ihr eine Hand entgegen. Sie griff zu und wurde über eine Felskante gezogen. Vor ihr lag ein weiteres Schotterfeld, durch das sich breite Schneebänke zogen. Der Hang dort stieg nur sanft an. Sie atmete aus. In Sicherheit! »Du zitterst ja.«
    Sie wollte etwas sagen, aber sie war zu durcheinander. Sie schämte sich. Ihr Zittern konnte sie nicht unter Kontrolle bringen. Sie richtete sich auf und wollte weiter vom Abgrund fort. Da traf sie die Böe. Wie der Hieb einer unsichtbaren Faust. Plötzlich und ohne jede Vorwarnung. Sie geriet aus dem Gleichgewicht. Strauchelte … Melvyn packte sie und zog sie vom Abgrund fort.
    »Der Berg ist bösartig«, stieß er zwischen zusammengepressten Zähnen hervor und zerrte sie weiter. »Wir sollten umkehren, solange wir es noch können!«
    Emerelle betrachtete das lächerlich kurze Seil, das Melvyn um seine Brust geschlungen trug. »Wie sollen wir damit zurück?«
    Wieder fauchte eine

Weitere Kostenlose Bücher