Die Elfen 04 - Die Elfenkönigin
es war ziemlich kalt. Er grinste. Die Menschen würden ihn dafür bewundern. Sie hatten ja keine Ahnung, wie leicht es war, sich mit einem Wort der Macht gegen die Kälte zu wappnen. Für sie war er ein asketischer Wanderpriester. Hoffentlich hatte sich der Junge nicht in Schwierigkeiten gebracht. Jules beschleunigte seine Schritte. Er könnte sich in ein Pferd verwandeln, um schneller voranzukommen. Adrien durfte kein unwürdiges Ende nehmen! Dann wären all die Jahre der Arbeit vergebens gewesen. Er mahnte sich zur Ruhe. Bestimmt lag der Junge jetzt in irgendeiner Schänke und schlief! Und er machte sich völlig unnötig Sorgen.
Er beschleunigte noch einmal seine Schritte. Es konnte ja nicht schaden, sehr frühzeitig zu sehen, dass alles in Ordnung war. Sobald er die Brücke überquert hatte, würde er sich in ein Pferd verwandeln. Dort würde ihn niemand mehr sehen.
DER ATTENTÄTER
Alvias zog ein letztes Mal den Wetzstein über die Klinge. Der Elf blickte hinab auf die überfüllten Straßen. Der Pöbel feierte, statt gegen die Schreckensherrschaft der Trolle aufzubegehren. Es war verrückt. Emerelle hatte sich jahrhundertelang für sie aufgeopfert. Und was taten sie für ihre Königin? Er konnte ja verstehen, wenn sie nicht mit dem Schwert in der Hand den Palast des Trollkönigs stürmten. Aber wenn hier Stille herrschte statt ausgelassener Festlaune, dann wäre das ein Zeichen, das selbst Trolle verstünden. Schweigende Mengen, vereint in stummer Anklage.
Der ehemalige Hofmeister erhob sich. Ein flüchtiger Blick genügte ihm, um zu offenbaren, wie schlecht das Fest organisiert war. Überall lag Unrat auf den Straßen. Er stieg die lange Treppenflucht hinab zur Straße. Es war ihm unangenehm, sich unter die Feiernden zu mischen. Er hatte kein Gefolge. Diesen Weg würde er allein gehen. Jeder, der mit ihm käme, wäre in Gefahr. Er schob den Dolch in die Scheide an seinem Gürtel. Es war eine reich verzierte Waffe. Sie war mehr zur Repräsentation von Macht und Wohlstand gedacht. Sie passte zu seinen fürstlichen Gewändern. Niemand würde sich daran stören. Ein Schwert hätte er nicht an Bord der Prunkbarkasse nehmen können. Aber den Dolch, den würden die Trolle nicht ernst nehmen.
Er wich einer Gruppe betrunkener Minotauren aus, die mitten auf der Straße einen Ringkampf veranstalteten. Scharen johlender Kobolde standen um sie herum und wetteten. Sogar ein paar Kentauren waren in der Stadt. Es hatte Alvias überrascht, sie hier zu sehen. Waren sie doch die Einzigen, die ernsthaft Widerstand gegen König Gilmarak leisteten. Aber zum Fest der Lichter ruhten traditionell überall in Albenmark die Waffen. Selbst die Trolle hatten sich bisher daran gehalten. Bei der letzten Königswahl hatten sie die halbe Stadt niedergebrannt. Nun waren sie die Herrscher und sorgten für Recht und Ordnung. Es war ein zynischer Witz. Eine Laune der Geschichte. Und er würde dafür sorgen, dass sich diese Laune nicht wiederholte.
Alvias stellte sich vor, wie er neben Gilmarak trat. Er würde den König im Glauben lassen, dass er ihm zur Wiederwahl gratulierte. Er würde den ganzen Abend über ausgesucht höflich sein. Und dann würde er ihm den Dolch unter den Rippenbogen rammen, die Klinge schräg nach oben gerichtet, so dass sie das Herz treffen musste. Und er würde mit Emerelles Namen auf den Lippen sterben.
Nein, das war zu melodramatisch. Das war nicht sein Stil. Er würde mit einem kühlen Lächeln sterben. Gedankenverloren strich er über den langen, mit einer Silberborte geschmückten, schwarzen Seidenmantel. Die Borte war nicht zu üppig. Darunter trug er eine dunkelrote Tunika, ebenfalls mit Silberborte gesäumt. Zwei Tage lang hatte er sich Gedanken über seine Garderobe gemacht. Es bedeutete ihm viel, gut gekleidet zu sterben. Auch damit würde er in diesen Zeiten der Barbarei ein Zeichen setzen.
Er wechselte die Straßenseite, um einer Horde grölender Kobolde auszuweichen, die einen Springbrunnen besetzt hatten und jeden, der vorüberkam, unter schallendem Gelächter mit Wasser bespritzten. Zwei hatten sich Gesichter auf ihre nackten Hintern gemalt und streckten sie der Straße entgegen.
Angewidert wandte er sich ab. Ein torkelndes Weib stolperte fast über eine Feuerschale, über der zwei Faune am Straßenrand unappetitliche Fleischklumpen brieten. Es war eine Elfe! Ungeheuerlich, wie wenig Selbstachtung manche Angehörige seines Volkes hatten! Sich hier an einem solchen Tag zu betrinken!
Die Faune warfen
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