Die Elfen 04 - Die Elfenkönigin
das Wasser in den Zuflüssen zurückstauen. Nach einer Zeit öffnet sich dann eine Überlaufschleuse. Wir werden dann längst ertrunken sein. Der Strom des abfließenden Wassers wird uns weit hinaus in die Mangroven tragen, wo unsere Kadaver zum Fraß der Winkerkrabben werden.« Das Wasser reichte ihnen beiden jetzt bis über die Hüften. »Wir werden niemals gefunden werden. Deine Leibwächter werden geheim halten, was geschehen ist. Sie werden nicht die Geschichte ihres eigenen Versagens verbreiten. Weil wir auf so geheimnisvolle Weise am Tag der Königswahl verschwunden sind, wird die Erinnerung an uns weiterleben, Elija. Das ist mein Geschenk an dich, den Mörder meines Sohnes. Ich hätte dich als König vor ein Gericht stellen können. Doch mit deiner Verurteilung wäre alles untergegangen, was du Gutes bewirkt hast. Du warst auf dem richtigen Weg. Und ich habe nicht bemerkt, wann du ihn verloren hast.«
Das Wasser hob Anderan empor. Er kämpfte nicht dagegen an. Er ließ sich treiben. Elija streifte seinen Ledermantel ab und die Stiefel. Er begann zu schwimmen. Das Wasser war eisig. Anderan spürte, wie es seinem Körper langsam die Wärme des Lebens entzog. Immer schneller füllte sich der Saal. Die Barinsteine der Kuppel waren schon fast zum Greifen nahe.
»Du hast Albenmark der Willkür der Trolle ausgeliefert!«, schrie Elija.
Der Herr der Wasser dachte an den langen Brief, den er den Maurawan zugespielt hatte. Den Brief, in dem alles beschrieben war. Wer zur Königswahl berufen war, wo die Geschütze am Hafen verborgen standen, welche Intrigen Elija gesponnen hatte. Selbst wenn die Maurawan nicht nach der Macht griffen, standen jetzt die Stimmen von Katander, Nestheus und Alvias gegen nur zwei Trolle. Nein, die Herrschaft der Trolle war vorüber. Er hatte alles bedacht. Er konnte jetzt in Frieden gehen. Der strahlend helle Barinstein, der in der Mitte der Kuppel in die Decke eingelassen war, befand sich nun direkt über ihm. Als er ein Kind gewesen war, hatte er davon geträumt, den unerreichbaren Stein eines Tages zu berühren. Er hatte ihm sogar einen Namen gegeben. Regenbogenstein. Sein Licht war das stärkste. In seiner Vorstellung war es vor allem dieser Barinstein gewesen, der die Regenbögen zwischen die Wasserkaskaden zauberte. Er hatte sich ausgemalt, dass dem, der es schaffte, diesen unerreichbaren Stein zu berühren, alle Wünsche in Erfüllung gingen. Anderan streckte die Hand nach dem Stein aus. Er fühlte sich warm an. Angenehm.
Das Wasser stand nur noch wenige Handbreit unter dem Zenit der Kuppel. Elija kämpfte noch immer darum, den Kopf über Wasser zu halten. Er würde niemals aufgeben. Das war nicht seine Art.
Anderan stieß sich mit beiden Armen vom großen Barinstein ab. Dann atmete er aus. Er sah den Silberkugeln nach, die dem Licht entgegenstrebten. Er nahm all seinen Mut zusammen. Er war der Herr der Wasser. Er würde nicht kämpfen. Er würde sich ihm öffnen. Er atmete ein. Eisiges Wasser füllte seine Lungen.
Mit ausgebreiteten Armen ließ er sich sinken. Vorbei an goldenen Vogelköpfen. Dem Dunkel entgegen. Tiefer Frieden überkam ihn.
EIN PENIBLER BUCHHALTER
Silwyna lugte vorsichtig über den Mauerrand hinweg. Es war geschafft. Die Geschütze auf der anderen Seite waren endlich zum Schweigen gebracht. Sie betrachtete die Überlebenden ihrer kleinen Schar. Niemand war unverwundet.
»Haltet euch weiterhin von den Fenstern fern«, sagte sie ruhig. »Es sind noch etliche Armbrustschützen auf den Dächern.« Aber ihre Waffen würden nicht bis zur Prunkbarkasse reichen. Die Schlacht war entschieden. Jetzt lag es nur noch an Falrach. Ihr Fürst war sich ganz sicher gewesen, dass er die Wahl gewinnen würde. Warum, das hatte er auch ihr nicht verraten. Er war ein seltsamer Mann. Unergründlich.
»Silwyna!« Fenryl hatte sich schon eine Weile an den Kisten zu schaffen gemacht. Jetz winkte er ihr mit einem Blatt Papier. »Das musst du sehen! Es ist noch nicht vorbei. E ist…«
Ärgerlich ging sie zu ihm hinüber. »Was hast du da?«
»Eine Frachtliste. Sie lag in einer der Kisten. Die Geschütze stammen von den Hafenbefestigungen in Meliamer. Ein Kobold hat sie angefertigt. Er war sehr verärgert, dass man ihm
seine Gesc
hütze wegnahm. Jetzt sieh dir einmal an, was dort steht.« Silwyna stand nicht der Sinn nach irgendwelchen Listen von Buchhaltern. Sie wollte sehen, was an Bord der Prunkbarkasse geschah. Vielleicht sollte sie die Geschütze hier oben wieder gefechtsbereit
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