Die Elfen 04 - Die Elfenkönigin
wenn es aus großer Höhe stürzte und in brodelnder Gischt aufschäumte. Hier zeigte es sich in all seiner Schönheit.
Der Lutin tastete nach dem verborgenen Hebel unter dem Geländer.
»Schön. Wir sollten jetzt gehen«, rief Elija gegen das Donnern des Wassers an, als ein Laut wie ein dutzendfacher Gongschlag ertönte. Überall senkten sich zolldicke goldene Schotte und versperrten alle Abflüsse aus dem Saal.
»Hier, im Saal der fallenden Wasser, haben, als ich ein Kind war, all meine Träume begonnen. Hier sollen sie enden«, rief Anderan. Er blickte hinab. Man konnte zusehen, wie das Wasser stieg. Es würde nicht lange dauern, bis sich der ganze Saal gefüllt hatte.
»Was redest du da?«, fuhr Elija ihn an. »Bist du verrückt geworden?« Der Lutin drehte sich um. Jetzt erst sah er die massive, goldene Wand, die den Durchgang zu den Kanälen versperrte. »Mach das sofort auf!«
»Es gibt keine Möglichkeit, die Schotte von innerhalb des Saals zu öffnen.« Anderan fühlte zum ersten Mal seit vielen Monden inneren Frieden. Den ganzen Tag hatte er überlegt, ob er es wirklich tun sollte.
Elija hämmerte mit seinen Fäusten gegen das Metall. Es war hoffnungslos. Schließlich wandte er sich um. »Warum?«
Anderan hob die Pfeilspitze auf seiner Brust. »Du hast den Pfeil bezahlt, der dem Leben meines Sohnes ein Ende setzte. Durch dich sind Hunderte unserer treuesten Weggefährten im Windland zu Tode gekommen.«
Das Donnern des Wassers ließ langsam nach. Fast die Hälfte der goldenen Wasserspeier war bereits in den steigenden Fluten versunken. »Du weißt, ich hatte keine Wahl.«
»Nein, ich weiß es nicht! Seit dem ersten Verdacht versuche ich zu begreifen, warum du es getan hast. Warum?«
»Es war eine historische Notwendigkeit. Die Königsherrschaft der Trolle konnte nur eine Übergangsphase auf dem Weg zur vollkommenen Gesellschaft sein. Um die Herrschaft der Trolle zu verkürzen, musste ich sie destabilisieren. Deshalb habe ich offiziell ihren Gesetzeskodex unterstützt und auch die Snaiwamark-Karawane. Sie mussten sich dadurch unter den entscheidungstragenden Schichten der Bevölkerung diskreditieren. Außerdem sollte ein siegloser Krieg im Windland ihren Willen zur Herrschaft aushöhlen. Auch ich habe Opfer gebracht. Von meiner ganzen Sippe leben nach dem Untergang der ersten Snaiwamark-Karawane nur noch Liza und mein Bruder Nikodemus. Versteh doch, Anderan! Diese Opfer waren notwendig, damit wir schneller den nächsten Schritt tun konnten. Jetzt öffne die Schotten! In einer Stunde wirst du König sein! Dann können wir endlich die Gesellschaft erschaffen, von der wir träumen! Ja, wir mussten Hunderte opfern. Ich habe diese Entscheidung bewusst allein getroffen, um niemanden aus dem Kreis der Kommandanten mit dieser Seelenqual zu belasten. Aber Tausende werden gerettet sein, wenn wir die Herrschaft der Trolle in dieser Nacht beenden. Jetzt öffne die verdammten Tore! Wenn du es so enden lässt, dann sind alle vergebens gestorben. Verhöhne nicht den Tod deines Sohnes, mein Freund! Lass uns gehen!«
Die Macht seiner Worte war ungebrochen, dachte Anderan. Alles erschien ganz plausibel, wenn Elija so sprach. Er durfte sich dieser Art des Denkens nicht öffnen! Welche einsamen Entscheidungen würde Elija als Nächstes fällen? Dass die Elfen eine latente Gefahr für den Frieden innerhalb der neuen Gesellschaft waren? Dass Städte den Verfall der Moral förderten und alle Albenkinder in kleinen Siedlungen auf dem Lande leben sollten?
Es gab viele Streitschriften Elijas, denen er selbst jetzt noch mit ganzen Herzen anhing. Aber der Lutin hatte in den langen Jahren des Kampfes um die Macht seinen Weg verloren.
»Du kannst doch nicht einfach alles zerstören, Anderan! So kurz vor dem Ziel! Bedeutet dir die Freiheit der Koboldvölker von jeglicher Tyrannei denn gar nichts mehr?«
»Es bedeutet mir alles. Deshalb werden wir beide hier sterben.« Das Wasser drang auf den Balkon. »Ich rette Albenmark vor unserer Tyrannei. Und ich rette all deine guten Werke.«
»Du Narr!« Elija packte ihn. »Jetzt öffne endlich die Tore! Es muss eine Möglichkeit geben! Wenn das Wasser nicht mehr abfließen kann, würdest du deine geliebten Kanäle zerstören. Das würdest du niemals tun.«
Anderan bewunderte ihn für seinen klaren Verstand, selbst jetzt im Angesicht des Todes. »Es stimmt, ich würde diese Kanäle niemals zerstören. Ich bin der Herr der Wasser, ihr Hüter. Wenn der Saal vollgelaufen ist, wird sich
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