Die Elfen 04 - Die Elfenkönigin
Verkrüppelte, kleine Büsche, an denen kaum Blätter gediehen, und braunes, sonnenverbranntes Gras, das hier und da im Geröll spross, bildeten den einzigen Bewuchs.
Die Luft erzitterte in der Hitze. Ein wenig entfernt schien sie wie geschmolzenes Glas über die Felsen dahinzufließen.
Falrach streifte seinen Umhang ab und dann die gefütterte braune Weste. Er hatte die Kälte des Windlands gehasst, aber das hier war um keinen Deut besser. Schon stand ihm Schweiß auf der Stirn. Wieder einmal fühlte er sich gefangen in Ollowains Körper, den Mächten der Natur gegenüber hilflos wie ein Kind. »Wo sind wir?«
Emerelle machte einen melancholischen Eindruck. Sie blickte über die Ebene zum Horizont, und er hatte den Eindruck, dass sie etwas sah, das seinen Augen verborgen blieb. »Früher einmal, als noch die Drachen herrschten, hieß dieses Land Bainne Tyr. Milchland. Es war eine wunderschöne grüne Ebene. Elfen und Pegasi lebten hier.«
Falrach wischte sich über die schweißnasse Stirn. »Warum sind wir hier? Wir hätten überall hingehen können … Warum musste es eine Wüste sein?«
»Es gibt hier nur sehr wenige Albensterne. Sie liegen Hunderte Meilen voneinander entfernt. Es verirren sich keine Reisenden hierher. Es gibt keine Städte. Keine Elfen und keine Trolle. Hier wird uns niemand aufspüren. Hier werden wir Frieden finden. Dieser Ort ist besser für uns als die Snaiwamark oder das Herzland. Wenn wir wollen, gibt es nur uns, Falrach. Es ist an der Zeit, ganz von vorne zu beginnen.« Ein verheißungsvolles Lächeln begleitete ihre Worte.
Er hatte gehört, dass manche Emerelle die Königin der tausend Gesichter nannten. Durfte er wirklich hoffen, dass ihre Liebe zu ihm doch nicht ganz erloschen war? Konnte sie ein ganzes Zeitalter vergessen und Ollowain hinter sich lassen? Er drehte sich langsam um die eigene Achse und suchte nach einem Ort, um der Hitze zu entfliehen. Weit im Westen zeichneten sich die Umrisse von Bergen blau gegen den Horizont ab.
Ein bunter Fleck sprang ihm ins Auge. Ein Felsblock, vielleicht dreißig Schritt entfernt, war bemalt. Verwittertes Weiß und strahlendes Rot schmückten die Felsflanke. Inmitten der trostlosen Landschaft mit ihren staubigen Braun- und Rottönen wirkten die frischeren Farben anziehend. Falrach ging zu dem Felsen. Hinter sich hörte er Emerelles Schritte.
Auf den Stein waren merkwürdige Symbole gemalt. Kreise mit Kreuzen, krumme Runenzeichen, wie er sie noch nie zuvor gesehen hatte. Dazwischen waren weiße und rote Gestalten abgebildet, die tanzten, auf dem Feld arbeiteten oder auf die Jagd nach Drachen zogen.
Falrach atmete schwer aus. Drachen! Eines war gewiss. Diese Zeichnung war nicht viele Jahrhunderte alt. Und es war noch nicht sehr lange her, dass jemand hier gewesen war, denn am Fuß des Felsens standen geflochtene Schalen mit Maiskolben darin und ein halbes Dutzend blass-orangefarbener Kürbisflaschen. Er hatte das Gefühl, das alles verzehrende Feuer wieder auf seiner Haut zu spüren, das ihm das Leben genommen hatte. Drachen! War dieser Fluch denn immer noch nicht gebannt? Emerelle trat an seine Seite. Sie nahm sanft seine Hand. »Das sind Kobolde. Sie jagen die Echsen in den Bergen. Sonst gibt es hier nicht sehr viel Wild.«
Hatte sie seine Gedanken von seinem Gesicht abgelesen? »Große Echsen …« Er sagte das langsam und gedehnt. Man könnte Drachen auch große Echsen nennen! »Sollen wir einen anderen Ort suchen?«
Falrach straffte sich. Wunderbar, jetzt hielt sie ihn auch noch für einen Feigling! »Wie kommst du darauf, dass ich vor ein paar Echsen Angst hätte?« Seine Stimme hätte leicht und unbeschwert klingen sollen. Das war ihm gründlich missglückt.
»Du bist mein Ritter, Falrach. Ich glaube, deiner Seele ist es bestimmt, mich zu retten. Du hast das mehr als einmal bewiesen. Es ist dein Schicksal. Dein Mut steht außer Frage. Ebenso wie deine Liebe!« Sie drückte seine Hand ein wenig fester.
Jetzt hätte sie ihn küssen sollen. Oder er sie … Aber er konnte es nicht, nicht mehr. Sie waren kein Liebespaar mehr. Doch vielleicht konnten sie es wieder werden. Sie wollte von vorne beginnen. Sein Blick schweifte über die Einöde. Nichts würde sie hier stören.
Er kniete vor ihr nieder. »Lass mich dein Ritter sein, so wie Ollowain es war.« »Ollowain ist tot«, sagte sie ernst. »Du bist Falrach, mein Feldherr in hoffnungslosem Kampf, und der Ritter, der sein Leben aus Liebe für mich gab. Lass uns beide diese Liebe
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