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Die Elfen 04 - Die Elfenkönigin

Die Elfen 04 - Die Elfenkönigin

Titel: Die Elfen 04 - Die Elfenkönigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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Für sie war Kalf ihr Vater gewesen, der Fischer und Jäger, mit dem ihre Mutter Asla tief in den Bergen verborgen ein einsames und glückliches Leben geführt hatte.
    Kadlin wusste, dass sie ihre ersten Lebensjahre im Langhaus des Herzogs und Jarls Alfadas verbracht hatte. Sie konnte sich an einen großen, schwarzen Hund erinnern. Aber nicht an ihren Vater.
    Der Tanz der Lichter wurde ruhiger. Vorsichtig drang Kadlin tiefer in die Höhle vor. Sie stieg über die Leiber der Toten hinweg. Manche wirkten, als schliefen sie nur. Andere pressten noch immer ihre Hände auf den Leib, als wollten ihre Schmerzen selbst im Tod nicht enden. So wie sie niedergesunken waren, waren sie auf dem Schlachtfeld erfroren. Und niemand hatte ihre Glieder mehr in eine dem Grab angemessene Ordnung rücken können.
    Kadlin duckte sich unter einer Felsnase hinweg, die tief aus der Höhlendecke hinabreichte. Wieder heulte der Sturmwind auf. Flirrende Lichtpunkte strichen über verwitterten Stein. Etwas blinkte auf. Licht brach sich auf Stahl. Erschrocken fuhr die junge Königin zurück und schlug mit dem Kopf gegen die Felsnase. Vor ihr stand eine Schildwache. Aufrecht hinter einem Steinblock, der wie ein Altar wirkte. Die Hände um einen Speer geklammert. Den Blick fest auf den Höhleneingang gerichtet. Kadlin ging in die Knie. Ohne den Wächter aus den Augen zu lassen, tastete sie über ihren Hinterkopf. Blut sickerte durch ihr langes Haar. Ihr war schwindelig. Der Krieger war tot. Sie wusste das. Und dennoch wirkte er erschreckend. Sie kannte ihn. Es war Eirik, ein Krieger aus dem Gefolge ihres Bruders. Er war streitsüchtig gewesen und hatte Ulric das Leben schwergemacht. Eirik war davon überzeugt gewesen, Ulric sei ein Widergänger. Ein aus dem Grab Auferstandener. Damit hatte er für viel Unruhe gesorgt. Und nun sah er selbst aus wie ein Widergänger. Ein einsamer Wächter, der sich von den Toten erhoben hatte. Dessen Seele keinen Weg zu den Goldenen Hallen fand.
    Kadlin erhob sich und versuchte nach Kräften, den bohrenden Blick des Toten zu ignorieren. Eirik musste auf seinen Speer gestützt erfroren sein. Warum war er in der Höhle mit den Toten geblieben? Lambi hatte davon nicht erzählt.
    Die Königin umrundete den Felsblock. Ihre Hände strichen gedankenverloren über den glatten Stein. Sie spürte eine feuchte, warme Berührung im Nacken. Das Blut. Sie musste sich stärker den Kopf angeschlagen haben, als sie vermutet hatte. Wieder tastete sie über ihr Haar. Es war ganz verklebt. Als sie ihre Hand zurückzog, war sie rot von halb geronnenem Blut. Ihr war ein wenig übel. Sie stützte sich mit beiden Händen auf die Felsplatte. In diesem Augenblick wurde ihr klar, dass hier eigentlich der Leichnam ihres Vaters hätte liegen sollen. Die Leiche des Königs. Dies war der erhabenste Ort der Höhle. Und hier stand Eirik als Schildwache. Aber der Felsblock war leer!
    Kadlins Gedanken überschlugen sich. Hatten ihn vielleicht die Elfen geholt? Die anderen Leichen waren unberührt. Die Trolle hätten doch gewiss ein Festmahl mit den Toten abgehalten, wenn sie hier eingedrungen wären. Das große Grab aber schien unberührt, abgesehen davon, dass ihr Vater nicht mehr hier war.
    Hatte er womöglich überlebt? Nein, das war ausgeschlossen. Zu viele hatten seinen Tod bestätigt. Und wenn Elfen hier gewesen wären, dann hätte Melvyn mit Sicherheit davon gewusst!
    »Menschentochter!« Die Stimme hallte wie ein Fanfarenstoß in der Höhle. Es war eine derbe Zunge, die dieses Wort geformt hatte. Eine Zunge, die mit der Sprache der Fjordländer nur wenig vertraut war.
    Kadlins Herz schlug schneller. Sie wusste, dass es keinen zweiten Weg aus der Höhle gab. Sie musste sich stellen. Entschlossen nahm sie ihren ganzen Mut zusammen. Sie drückte den Rücken durch und reckte trotzig ihr Kinn vor. Dann ging sie zurück zum Eingang. In weitem Halbkreis vor der Höhle standen acht Trolle.
    Einer der acht sog geräuschvoll Luft ein. »Deine Witterung ist mir vertraut, Menschentochter.« Der Troll, der sprach, hatte eine dunkelgraue Haut mit hellen Einsprengseln. Er stützte sich auf eine schwere Kriegskeule mit einem großen Steinkopf. Reste von verharschtem Schnee klebten an seiner Haut. Kadlin blickte flüchtig zu den eingeschneiten Felsen, die ihr auf dem Weg zur Höhle aufgefallen waren. Sie waren verschwunden. Wie dumm sie gewesen war! Die Trolle hatten sie nun auf dieselbe Weise getäuscht, wie sie und Melvyn vor ein paar Tagen ihre Späher

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