Die Elfen 04 - Die Elfenkönigin
einmal retten.«
»Wir ziehen also zu dritt gegen acht Trolle. Das hört sich so an, als gäbe es heute Abend ein Festessen mit Riesenhuhn als erstem Gang.«
Melvyn blickte zu dem großen Adler. Er saß unbeweglich auf dem Felsblock, auf dem er sich niedergelassen hatte. »Du solltest so nicht von ihm reden. Er ist empfindlich. Weißt du, unter seinesgleichen ist er ein Fürst!«
»Er versteht meine Sprache?« »Nein, aber deine Gedanken.«
Jetzt drehte Kadlin sich nach dem Adler um. Die schwarzen Augen des Greifvogels durchbohrten sie. Ein beleidigter Adler, ein Troll, der ein Duell mit ihr austragen wollte. Das war ein verrückter Traum. Das konnte nicht die Wirklichkeit sein! Bei jedem Atemzug schmerzten die Wunden von den Adlerkrallen. Ihr Kopf dröhnte wie eine Kesselpauke. Nein, das war kein Traum. Das war Luths Spiel. Der Schicksalsweber mochte es, wenn man in seinen Fäden zappelte.
Melvyn hakte sich bei ihr unter. Schweigend stiegen sie den Hang hinab. Nie hatte sie sich ihrem Bruder näher gefühlt. Er machte keine leeren Worte. Er würde für sie kämpfen. Sie wollte das nicht. Zugleich fühlte sie sich behütet. So hatte sie nicht mehr empfunden, seit Kalf und Björn gestorben waren. Ermordet durch Trolle. Auch ihr Bruder Ulric war im Kampf gegen Trolle gefallen. Das schien Familientradition zu werden.
Orgrim und sein Gefolge warteten vor der Grabhöhle. Der Herzog der Nachtzinne hielt die Arme vor der Brust verschränkt. Vor ihm lag ihr Schwert im Schnee. »Gilt unsere Vereinbarung noch?«, fragte sie mit fester Stimme.
»Hör nicht auf sie«, mischte sich Melvyn ein. »Ich bin ihr großer Bruder, und ich finde, dieser Streit sollte unter Männern ausgetragen werden.«
Einer der Trolle sagte etwas, bevor Kadlin ihrem Bruder über den Mund fahren konnte.
»Du bist also Silberkralle.« Der Herzog musterte ihren Bruder abschätzend. »Du bist weit fort von deinen Jagdgründen. Meine Brüder in der Snaiwamark erzählen viele Geschichten über dich.«
»Lass meine kleine Schwester ziehen. Wir kämpfen, und vielleicht wird man bald eine neue, ruhmreiche Geschichte über dich erzählen, Herzog.«
Der Trollfürst schien geneigt, das Angebot ihres Bruders anzunehmen. »Ich gehe nicht ohne mein Schwert«, sagte Kadlin.
Melvyn lachte auf. »Jawohl, kleine Schwester! Wie du befiehlst, Königin!« Er bückte sich, um die Klinge aufzuheben.
Kadlin zog ihren Dolch. Einen Herzschlag lang begegnete ihr Blick dem des Trollfürsten, und sie glaubte Zustimmung in seinen Augen zu lesen. Sie hatte von Orgrim gehört. Viele hielten ihn für einen Ehrenmann. Der Baumeister Gundaher hatte ein Buch mit Gedichten aus den Gemächern des Fürsten gestohlen. Und wie es schien, hatte Orgrim selbst sie verfasst. Er war anders als andere Trolle. Er würde Melvyn nichts tun. Das sah sie in seinen gelben Augen!
Mit aller Kraft schlug sie Melvyn den Dolchknauf in den Nacken. Ihr Bruder sackt ohne einen Laut in sich zusammen. Sie nahm ihm das Schwert aus der Hand.
»Niemand trägt meine Kämpfe für mich aus!«
Orgrim wirkte amüsiert. »Menschenkinder …«
»Gilt unser Pakt noch?« Er nickte.
»Und ihn … Lasst ihn ziehen. Ich habe ihn dazu überredet, hierherzukommen. Es ist allein meine Schuld.«
Der Herzog lachte auf. »Ich habe das Gefühl, er würde umgekehrt dasselbe behaupten wenn er noch auf den Beinen stünde.«
»Du wirst ihn ziehen lassen!«, beharrte Kadlin.
»Du bist nicht meine Königin.« Er blickte auf ihren Bruder hinab. »Silberkralle ist ein ungewöhnliches Stück Fleisch. Ich habe so etwas noch nie gegessen. Halb Mensch, halb Elf. Jeder Geschmack für sich ist mir wohlvertraut. Aber diese Mischung …« Seine schwere, dunkle Zunge leckte über die Lippen. »Wir werden sein Fleisch einsalzen, um es haltbar zu machen. Er ist etwas für eine Festtafel.« »Du hast es mir versprochen!«
Wieder lachte er. »Wann?« »Mit deinen Augen.« »Ich fürchte, da hast du dich geirrt.«
Mit einem Wutschrei stürmte sie auf ihn los. Ihre Klinge verfehlte ihn nur um Haaresbreite. Er war wie ein Aal, der verdammte, stinkende Mistkerl. Sie wirbelte herum, täuschte einen Angriff an, wechselte die Stoßrichtung.
Plötzlich sauste seine Faust nieder. Kadlin duckte sich. Orgrims Knie zuckte vor. Er hatte kaum Kraft in den Stoß gelegt und stürzte sie rücklings in den Schnee. Er stellte seinen Fuß auf ihre Brust und hob die Keule.
»Diesmal wird dich kein Adler retten!« Die schwere Waffe sauste hinab. Kadlin
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