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Die Elfen von New York

Die Elfen von New York

Titel: Die Elfen von New York Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Millar
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mit heulender Sirene vorbei. Magenta ließ sich nicht beirren und suchte die Häuserdächer weiter nach verborgenen Bogenschützen ab. Da sie keine entdeckte, gönnte sie sich einen Schluck von ihrer Spezialmixtur und ein Nickerchen vor einem schmalen Hauseingang mit einer Fahne über der Tür.
    Kerry nestelte an dem Beutel an ihrem Bauch. Niemand kennt die Ursache für die Crohnsche Krankheit und niemand eine Heilmethode. Als Morag wissen wollte, ob Kerry eines Tages wieder gesund sein würde, konnte sie nur antworten: vielleicht.
    »Vielleicht heile ich innerlich. Dann können die Ärzte den Darmausgang wieder dahin verlegen, wo er hingehört, und ich brauche keinen Kolostomiebeutel mehr. Oder die Krankheit kommt lange Zeit zum Stillstand, aber dann kann ich nicht operiert werden. Oder sie breitet sich noch mehr aus, und ich muß mir noch mehr von meinem Darm herausnehmen lassen.«
    Bei solchen Gesprächen stiegen Kerry immer die Tränen in die Augen, und Morag mußte schnell das Thema wechseln.
    Kerry kramte in den Bündeln auf dem Fußboden nach ihren buntesten Kleidern – dem langen, ausgefransten gelben Rock, dem rot, blau, rosa und lila gefärbten Sweatshirt, der grünen, bestickten und mit Spiegeln besetzten indischen Weste. Dann fischte sie die Perlen und das Stirnband heraus, die Sonnenbrille mit den kreisrunden, dunkelblauen Gläsern, die bunt bestickte Wildledertasche mit Fransen, ihre mit der ganzen Farbpalette eines Kindermalkastens beklecksten Baseballschuhe und eine Nelke für ihre Haare.
    »Oder wäre eine Rose schöner?«
    »Ich weiß nicht recht«, sagte Morag. »Wie war’s mit einem Gänseblümchen?«
    »Komm, wir gehen.«
    Kerry, die keine Straße entlanggehen konnte, ohne daß die Männer ihr nachpfiffen, wurde, als sie jetzt an einer Baustelle vorüberging, von den Arbeitern mit einem Schwall besonders anzüglicher Pfiffe und Obszönitäten bedacht. Sie mochte das nicht, reagierte aber mit Schweigen.
    »Dir würd ich ihn gern zwischen deine festen Arschbacken stecken.«
    »Wie deprimierend«, sagte Morag, die auf ihrer Schulter saß. »Das ist vielleicht der Anfang von meinem schlechten Karma.«
    Kerry meinte, das sei bestimmt nicht der Fall, denn dergleichen passiere ihr, Kerry, dauernd.
    Passanten schleppten sich lustlos durch die Hitze, und überall stockte und staute sich der Verkehr. Es versprach kein guter Tag zu werden.
    Als Kerry und Morag die Avenue B erreichten, den Schauplatz von Morags kurzem, nutzlosen Gespräch mit Magenta, preschte ein Taxi aus der Autoschlange heraus auf den Bürgersteig, versuchte ein Wendemanöver, und Kerry mußte, um ihr Leben zu retten, einen Riesensatz machen. Dabei fiel ihr Morag von der Schulter und schlug mit voller Wucht auf die Straße.
    »Mein Karma«, jammerte sie.
    »Das war reiner Zufall, glaub mir«, sagte Kerry und klopfte der Fee den Staub vom Kilt. Morag war nicht überzeugt, und als an der nächsten Straßenecke zwei wild rasende Skateboard-Fahrer Kerry zwangen, blitzschnell zur Seite zu springen, und Morag wiederum mit dem Kopf aufs Pflaster knallte, verkündete die Fee, sie könne von Glück sagen, wenn sie diesen Tag überlebe.
    »Geld, ein bißchen Geld?«
    Kerry kramte etwas Kleingeld aus ihrer Tasche, gab es dem Bettler, entschuldigte sich, daß sie heute keine Botticelli-Postkarte dabei habe, und warf einen Blick zum Himmel. Ein Blumentopf segelte aus der Höhe herunter und verfehlte sie um Zentimeter.
    Kerry war erschüttert.
    »Kannst du denn nichts dagegen tun, Morag?«
    »Es gibt nur eine Möglichkeit. Wenn ich das schlechte Karma loswerden will, muß ich eine besonders gute Tat vollbringen.«
    Die beiden sahen sich nach einer guten Tat um, aber da war keine in Sicht.
    »Dann muß ich auf den richtigen Augenblick warten«, flüsterte Morag. »Hoffentlich kommt der, ehe mich noch schlimmeres Unheil ereilt.«
    Dinnie und Heather trafen Cal vor dem Eingang zum Kino. Cal hatte die Arme voller Blumen und nickte Dinnie freundlich zu.
    »Kommst du dir den ›Sommernachtstraum‹ ansehen?«
    »Verschon mich mit diesem verdammten Feenschrott«, antwortete Dinnie bissig. »Wie wär’s, wenn du ein bißchen weniger Krach bei deinen Proben machst?«
    »Wer war das?« fragte Heather, die Dinnie auf seinem Gang zum Bierholen begleitete.
    »Cal. Der Obermacker vom Stadtteil-Theater, die proben hier im alten Kino. Er hat sich die dämliche Idee in den Kopf gesetzt, ein Stück aufzuführen und die ganze Musik auf seiner Gitarre zu spielen. Das

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