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Die Elfen von New York

Die Elfen von New York

Titel: Die Elfen von New York Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Millar
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aber die berühmte MacPherson-Fiedel lag unberührt auf dem Bett. Heather war von ihrem Vormittagsausflug in die Bar noch nicht zurückgekehrt. Bestimmt lag sie irgendwo besoffen im Rinnstein.
    Von unten war den ganzen Vormittag lang Shakespeare zu ihm hochgeschallt. Heute sprachen wieder neue Schauspieler vor – ein ständiges Kommen und Gehen und endloses Rezitieren der immer gleichen, unverständlichen Zeilen. Dinnies Zorn auf das Stadtteiltheater war auf dem Siedepunkt.
    Er wußte nichts mit sich anzufangen und überlegte, ob er den Herd putzen sollte, widerstand aber dem Drang und stellte lieber die Glotze an.
    »Für nur dreiundsechzig Dollar können Sie diese schöne vierzehnkarätige Goldkette Ihr eigen nennen.«
    Das angepriesene Schmuckstück rotierte auf einem kleinen Drehtisch.
    Dinnie fand das Programm mit den Kaufangeboten besonders widerwärtig. Er haßte es, wenn die Leute anriefen und davon schwärmten, wie glücklich ihre neue Goldkette sie gemacht hätte.
    »Und so billig! Nur Ihnen habe ich es zu verdanken, daß ich das ganze Jahr lang in Hochstimmung war!«
    »Na, träumt ihr Jungs nicht auch davon, euch wie eine dreckige kleine Nutte anzuziehen? Dann ruft 970 T-R-A-N-S-I an, und all eure Träume werden Wirklichkeit!«
    Der Mann in dem Spot trug eine weiße Korsage. Eine hübsche Korsage, und sie stand ihm ausgesprochen gut. Dinnie fand es abartig.
    Im Zimmer wurde es immer heißer. Die Schwüle war heute schier unerträglich. Dinnie wünschte, er könnte sich einen Ventilator leisten. Er wünschte, er könnte sich noch viel mehr leisten. Außerdem wünschte er sich, Kerry hätte ihm nicht ins Gesicht geschlagen. Denn trotz seiner mangelnden Erfahrungen mit Frauen war ihm klar, daß dies nicht eben der tollste Beginn einer Beziehung war. Allerdings hatte die Ohrfeige seiner Begeisterung für Kerry keinen Abbruch getan.
    Morag flatterte zum Fenster herein. Lustig sah sie aus, in ihren wallenden Hippiegewändern in Puppengröße und dem buntgescheckten, über und über mit Gänseblümchen besteckten Haar.
    »Kerry, ich muß dir was Tolles erzählen.«
    »Was denn?«
    »Stell dir vor, ich bin dem Geist von Johnny Thunders begegnet, dem Leadgitarristen der New York Dolls. Er hat zufällig mitgekriegt, wie du ›Babylon‹ gespielt hast, und vollstes Verständnis für deine Schwierigkeiten, das richtig hinzukriegen. Daß dein Ex-Freund dir versprochen hat, dir die Songs beizubringen, und dann abgehauen ist, findet er empörend. Deshalb hat er angeboten, dir selbst Unterricht zu geben!
    Außerdem will er überlegen, wer meine Fiedel reparieren könnte. Mit sowas kennt er sich nämlich gut aus, weil er auch mal arm war und immer nur kaputte Instrumente hatte.
    Dieser Johnny Thunders ist ein toller Typ, oder vielmehr Geist. Er hat mir ein paar irre Geschichten über einen Stadtteil namens Queens erzählt, wo er geboren ist, und mir seine Tätowierungen gezeigt. Und er hat versprochen, sich nach deinem Klatschmohn umzusehen. Dafür will ich ihm helfen, seine 1958 Gibson Tiger Top wiederzufinden. Das muß eine Super-Gitarre sein, mit Streifen, darum heißt sie Tiger Top.«
    Kerry prustete los.
    »Es stimmt«, protestierte die Fee. »Du kannst ihn nicht sehen, weil er ein Geist ist, aber für mich ist er sichtbar. Er sieht Spitze aus. Kein Wunder, daß die Frauen so auf ihn abgefahren sind.«
    Kerry bog sich vor Lachen. Sie glaubte Morag immer noch nicht, aber es war eine hübsche Geschichte.
    Sie flocht sich noch mehr Gänseblümchen ins Haar und verglich das Ergebnis mit ihrem ›Primavera‹-Poster. Das Gelb und Weiß der Gänseblümchen bildete einen reizvollen Kontrast zu ihrem blauen Haar. Da sie Morag ja zu der berühmten MacPherson-Fiedel verhelfen wollte, hatte sie vor, zu Dinnie zu gehen und sich bei ihm für die Ohrfeige zu entschuldigen.
    Dinnie zupfte an seinem Haar. Heather wollte, daß er sich einen Pferdeschwanz wachsen ließ.
    »Ein Pferdeschwanz! Du bist wohl völlig übergeschnappt! Warum zum Teufel sollte ich mir einen Pferdeschwanz wachsen lassen?«
    »Weil Kerry auf Männer mit so Haaren steht«, erklärte die Fee. »Der letzte Mann, der ihr was bedeutete, war Cal. Und Cal hat einen Pferdeschwanz. Aber du mit deinem dicken Haar kannst dir einen viel prächtigeren wachsen lassen. Ich färbe ihn dir dann blau.«
    Dinnie blieb die Luft weg. Die Vorstellung, daß er, Dinnie MacKintosh, mit einem blauen Pferdeschwanz auf die Straße sollte, war so bizarr, daß es ihn fast umwarf.
    »Du

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