Die Elfen von New York
verhungern.
Doch wegen der allgemeinen Mobilmachung standen die Webstühle still, und die Produktion erlahmte.
Hätte Brannoc, der in nördlicher Richtung durch den Park flatterte, gewußt, wie die Dinge in England standen, hätte er sich vielleicht Sorgen gemacht. Vielleicht hätte ihn die Lage dort aber auch völlig kalt gelassen, denn in seinem Kopf war nur Platz für Petal. Er hatte das wilde Verlangen, seine Flügel um sie zu schlingen und sie auf einen einsamen Baumwipfel zu entführen. Aber das würde er nie tun, dazu war er viel zu höflich. Außerdem hätte Petal bestimmt was dagegen gehabt.
Niedergeschlagen ließ er sich auf einem Baum nieder. Auf dem Rasen, direkt unter ihm, entdeckte er plötzlich vier schlafende schwarze Feen. Brannocs erster Impuls war Flucht.
Nein, sagte er sich. Ich werde nicht fliehen. Warum sollten wir Feinde sein? Das ist doch absurd. Ich gehe zu ihnen und rede mit ihnen.
Maeve und Padraig verschliefen nach guter Feensitte den ganzen Nachmittag. Bei Einbruch der Dämmerung wachten sie auf, küßten sich und genehmigten sich ein Gläschen, um sich für die Nacht und das abendliche Musizieren in Stimmung zu bringen. Petal und Tulip krochen aus dem Gebüsch hervor, um sich ihnen anzuschließen.
»Wo ist Brannoc?«
Keiner wußte es.
Eine Pennerin schob ihren Einkaufswagen durch die Büsche und blickte verstohlen nach rechts und links. Die Feen beobachteten sie interessiert. Sie sahen sie nicht zum ersten Mal, und immer, wenn sie vorbeihuschte, kam ein ebenso sonderbar aussehender Mann hinter ihr her.
Eine feenähnliche Gestalt schoß durch die Zweige über ihnen, verhakte sich kurz in einem Ast und plumpste zu Boden.
»Brannoc! Was ist denn passiert?«
Mühsam rappelte Brannoc sich hoch.
»Ich bin den schwarzen Feen begegnet«, nuschelte er.
»Haben sie dir schlimm zugesetzt?«
»Nein«, stöhnte Brannoc. »Wir haben Freundschaft geschlossen. Aber sie trinken ein schrecklich starkes Zeugs.«
Er sank ins Gras zurück und fing an zu schnarchen.
Eine leichte Brise ließ das Laub der Parkbäume erzittern.
27
Unbeholfen zupfte Dinnie an der ausgefransten Lederjacke herum, während er sich verdrossen im Spiegel betrachtete. Diese Jacke, Anlaß zu einem weiteren erbitterten Streit zwischen Heather und ihm, hatte die Fee nach langem Suchen in einem Secondhand-Laden gegenüber dem Postamt in der Canal Street gefunden.
Während sie in dem Laden kramte, hatte Heather drüben am Postamt FBI-Steckbriefe gesuchter Verbrecher entdeckt.
»O je, o je«, murmelte sie und musterte die hartgesottenen, zu ihr herüberstarrenden Gesichter. »Hier herrschen ja schreckliche Zustände. Was euch fehlt, ist jemand wie Wachtmeister MacBain aus Cruickshank. Der hätte hier schnell aufgeräumt. Er würde ihnen ordentlich den Hintern versohlen!«
»Glänzende Lösung«, knurrte Dinnie sarkastisch.
Dinnie wollte keine Lederjacke, aber Heather zwang sie ihm einfach auf. Die Fee war heute noch ungeduldiger als sonst, denn sie hatte einen üblen Kater von der Party letzte Nacht mit ihren neuen italienischen Freunden. Den ganzen Vormittag hatte sie gekotzt, behauptete aber, das käme bloß von der ungewohnten italienischen Pasta. Im Laden stritten sie sich kurz und heftig, kauften die Jacke und kehrten nach Hause zurück.
Heute abend stand Dinnies erstes Date mit Kerry an. Es war gar nicht schwer zu arrangieren gewesen, obwohl Dinnie einen Alptraum durchmachte und kurz vor einem Nervenzusammenbruch stand, als Heather ihn hineinmanövrierte. Sie hatte gesehen, wie Kerry zum Laden ging, Dinnie hinterhergehetzt und ihm ins Ohr geflüstert, entweder würde er Kerry auf der Stelle um ein Rendezvous bitten oder sie würde sofort mit der Fiedel abhauen.
»Du weißt, ich bin schneller in dein Zimmer geflogen, als du die Treppe hinauf rennen kannst.«
Obwohl er die wohl uncharmantesten, klobigsten Worte aller Zeiten hervorgestammelt hatte, war Kerry zu Dinnies Überraschung sofort einverstanden gewesen.
Um zehn Uhr heute abend wollten sie sich treffen und sich dann eine Band in einem Club anhören. Dinnie war äußerst erfreut und schrecklich nervös.
Auch Morag, auf der anderen Straßenseite, war erfreut.
»Danke, Kerry«, sagte sie. »Du erweist mir damit einen großen Freundschaftsdienst. Macht es dir auch bestimmt nichts aus, öfter mit ihm auszugehen?«
Kerry schüttelte den Kopf.
»Ist schon in Ordnung, Morag. Ich habe eine Menge Freunde in dem Club. Langweilen werde ich mich also bestimmt
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