Die Elfen von New York
wissen! Aber ich kann sie nicht finden. Trotzdem, ich glaube, daß ich dir helfen kann. Ich erinnere mich an einen Instrumentenbauer in Chinatown, der einfach alles reparieren kann. Hwui-Yin heißt er. So, wie der aussieht, würde man kaum glauben, daß er überhaupt weiß, was eine elektrische Gitarre ist. Aber er hat mir mal eine meiner Lieblingsgitarren repariert, die bei einem Auftritt der Dolls im Mercer Arts Center zu Bruch gegangen war.«
Morag schüttelte den Kopf. Sie wußte, wer das war.
»Da kann ich nicht hingehen. Die chinesischen Feen würden mich lynchen.«
»Unsinn. Hwui-Yin ist ein guter Freund von mir. Ich paß schon auf dich auf. Hüpf mir auf die Schulter, Kleines, und wir fliegen zu ihm.«
Mit Hilfe der MacLeod-Schwestern gelang es Joshua, Magenta in der 14. Straße West zu stellen.
»Okay, Magenta. Rück das Rezept raus!«
»Niemals, Tissaphernes!«
»Laß den Quatsch und rück es raus.«
Die MacLeod-Schwestern waren derweil in Magentas Plastiktüte verschwunden, in der Hoffnung, dort Heather und Morag zu finden. Mit enttäuschten Gesichtern tauchten sie wieder auf.
»Wo sind die beiden?«
»Ein Athener Edelmann verrät seine Verbündeten nicht«, verkündete Magenta.
»So, wirklich?« schniefte Joshua. »Xenophon hätte sie verraten. Für einen Athener hatte er ziemlich viel für die Spartaner übrig.«
»Da liegst du aber völlig falsch. Er wurde streng nach dem Sittenkodex der Athener erzogen und richtete sich stets danach.«
Gelangweilt von diesem Disput, machten die MacLeod-Schwestern Anstalten davonzuschweben.
»Heh«, rief Joshua. »Wo wollt ihr hin?«
Xenophon, berühmt für seine Kriegslisten, sah seine Chance gekommen. Während Tissaphernes mit seinen Verbündeten sprach, rannte sie auf ein Taxi zu, riß die Tür auf und war im nächsten Moment verschwunden.
»Aber wo sind Heather und Morag?« murrte Seonaid, als die vier Schwestern sechs Stockwerke hoch auf der Feuerleiter an dem nächsten Gebäude saßen.
Sie hatten keine Ahnung und mußten ihre Suche wohl von vorn beginnen.
»Was ist das, Rhona?«
»Eine Blume«, antwortete die Jüngste, die zuweilen nicht ganz so verbissen wie ihre Schwestern war.
»Die habe ich in der Plastiktüte der verrückten Alten gefunden. Diese Blume besitzt außergewöhnliche Kräfte, das spüre ich ganz deutlich!«
Glücklich betrachtete sie die drei Blüten, das Schönste, was sie gesehen hatte, seit sie in New York angekommen war.
Heather hatte schlechte Laune. Sie hatte gerade mitgekriegt, wie Morag von einem allen Anschein nach wilden Trinkgelage mit einer Gruppe chinesischer Elfen zurückgekommen war.
»Ich verstehe das nicht«, beschwerte sie sich bei Dinnie. »Daheim in Schottland war sie viel ruhiger als ich. Hier zieht sie ständig mit Kerry herum, und jetzt feiert sie auch noch Partys mit den Chinesen. Wie schafft sie das bloß? Letzte Woche wollten die uns noch umbringen! Wieso amüsiert sie sich die ganze Zeit, während ich nur blöd bei dir rumhocke!«
»Das liegt bestimmt an ihrem angenehmen Wesen«, meinte Dinnie. »Wahrscheinlich ist sie nett zu ihren Freunden und zwingt sie nicht, Gemüse zu essen und sich endlose Sonic-Youth-Bänder anzuhören.«
Heather war alles andere als zufrieden. Die Art, wie einige dieser chinesischen Elfen Morag angesehen hatten, gefiel ihr überhaupt nicht.
»Hallo, Kerry«, quietschte Morag und sank betrunken zu Boden. »Rate mal was! Meine Fiedel wird von einem weisen Mann in Chinatown repariert. Er ist ein Freund von Johnny Thunders. Außerdem ist er ein Feenfreund. Ich habe ihm erklärt, daß unser Streit mit den chinesischen Feen ein reines Mißverständnis war. Darauf legte er bei ihnen ein gutes Wort für mich ein, und jetzt mögen sie mich. Für nächste Woche habe ich vier Verabredungen!
Außerdem habe ich dir eine Polygonum multiflorum mitgebracht, denn schlauerweise erinnerte ich mich, daß sie in deinem Blumenalphabet vorkommt. Sie wächst in China, aber die chinesischen Feen haben Mengen davon hier in New York. Aber nicht nur das«,- sie stützte sich auf den Ellbogen – »Johnny Thunders hat mir das Gitarrensolo von ›Bad Girl‹ vorgespielt. Ganz langsam, damit ich’s mir merken konnte. Wenn ich wieder nüchtern bin, bringe ich es dir bei. Er ist einfach ein Super-Gitarrist. Hast du nicht irgendwo ne 1958er Gibson Tiger Top gesehen? Nein?«
Morag faltete ihre Flügel unordentlich hinter sich zusammen und entschwebte ins Nirwana.
»Ich habe es satt, allein hier
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