Die Elfen von New York
geflügelten Dämonen, die die Perser ständig ausschickten, waren eine schreckliche Bedrohung.
Eine große Familie hatte sich auf den Bänken vor ihr niedergelassen und stritt sich erbittert. Ein dünner Mann mittleren Alters, der nie zu Wort kam, versuchte, seinen kleinen Neffen zum Boxen zu animieren. Er zupfte ihn dauernd am Ärmel, um ihn auf sich aufmerksam zu machen, boxte in die Luft und ging in Deckung, aber der Neffe wandte sich gelangweilt ab. Der Onkel ließ nicht locker, fuchtelte weiter mit den Fäusten vor der Nase des uninteressierten Buben herum, um ihm zu zeigen, wie man boxte. Schließlich wurde es dem Jungen zuviel. Er rannte zu seiner Mutter, die geistesabwesend auf ein Taschentuch spuckte und ihm das Gesicht abrieb. Der Onkel sah leicht verärgert zu und schlich weg, um sich ein anderes Opfer zu suchen.
Magenta erinnerte sich dunkel, wie auch ihre Eltern sie ständig dazu bringen wollten, Sachen zu machen, zu denen sie keine Lust hatte. Sie stand auf und schob ihren Einkaufswagen weiter. Die Vorräte waren knapp geworden. Sie hatte kein Geld, um ihren Fitzroy Cocktail aufzufüllen und während des letzten Handgemenges hatte sie ihre kostbare dreiblütige Blume verloren, was sie ungemein verdroß. Daheim in Griechenland hätte sie für die seltene Blume viel Geld bekommen und damit ihren Mitstreitern einen anständigen Söldnerlohn zahlen können. Sie murrten schon, daß sie nie Bares zu sehen bekamen.
Die Armeevorräte waren praktisch auf Null geschrumpft; in ihrem Einkaufswagen lagen jetzt nur noch das Rezept für den Cocktail, ein Haufen alter Zeitungen, der Bhat Gwa-Spiegel und die beiden Teile der Gitarre, die sie nach dem Trubel beim Konzert am Tomkins Square gefunden hatte.
In einer Woche war die Preisverleihung. Cals Produktion des ›Sommernachtstraum‹ lief recht gut. Die vier Liebenden streiften durch imaginäre Wälder, verstrickt in ihre Gefühlsverwirrungen. Puck rannte hin und her und stiftete noch mehr Verwirrung, während Oberon und Titania, Feenkönig und Feenkönigin, sich heftigst über den indischen Knaben stritten.
Besonders zufrieden war Cal mit der neuen Darstellerin der Titania. Die junge Frau aus Texas, ansonsten Kellnerin in einer billigen Spelunke, verwandelte sich in ihrem Bühnenkostüm in eine strahlende und mitreißende Erscheinung. Jeder Zoll eine Feenkönigin! fand Cal.
»Der reinste Schrott«, ärgerte sich Heather, die von den Kulissen aus zusah. »Dieses teigige Blubbergesicht kann doch keine Feenkönigin spielen.«
Nicht nur die Texanerin, auch all die anderen schwerfälligen Menschen, die Feenrollen spielten, empfand Heather als Beleidigung.
Die chinesischen Feen, schon ordentlich in Feststimmung – das heißt betrunken –, erhielten erfreuliche Nachrichten von ihren Kundschaftern.
»Wir haben die alte Frau, diese Magenta, aufgestöbert- oder vielmehr diese recht junge, muskulöse Frau, die nur so alt aussieht, weil sie so dreckig ist. Wir wollten ihre Plastiktüte untersuchen, aber das klappte nicht ganz. Diese Magenta hat in letzter Zeit sooft mit Feen zu tun gehabt, daß sie uns jetzt sehen kann.
Aber bevor sie Steine nach uns warf, haben wir unseren kostbaren Spiegel in ihrer Tüte schimmern sehen. Sie muß ihn zur gleichen Zeit wie die Mohnblume gefunden haben. Außerdem guckten noch zwei Hälften einer alten Gitarre aus der Tüte hervor.«
Morag wischte sich den Bierschaum von den Lippen.
»Könnte diese Gitarre möglicherweise …«
»Wer weiß. Offenbar steht diese Frau mit den kosmischen Mächten in Verbindung. So, wie die all die wichtigen Artefakte der Feen an sich zieht, muß das Teil eines größeren Plans sein.«
Morag sprang auf und zückte ihr Schwert.
»Also los, gehen wir und holen uns die Sachen.«
Die Chinesen waren schockiert und erinnerten Morag daran, daß sie als gute Feen doch nicht einfach losstürmen und Menschen ausrauben könnten, wenn es ihnen paßte. Morag schämte sich. Das hatte sie ganz vergessen, woran man wieder einmal sah, wie sehr der Druck dieser großen Stadt auf ihr lastete.
»Wir werden mit ihr verhandeln müssen.«
29
Morag wollte sich mit drei Chinesen treffen, Heather mit vier Italienern, und Dinnie war mit Kerry zu einem Einkaufsbummel verabredet.
»Einkaufsbummel?« hatte er ziemlich entgeistert gefragt, als sie an seiner Tür erschien.
»Gehst du nicht gern einkaufen?«
»Nichts lieber als das«, log Dinnie so überzeugend, daß sogar Heather sich zu einem anerkennenden Kopfnicken
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