Die Elfen
Sohn einer Elfe namens Noroelle. Sie nahm einst die schrecklichste aller Strafen auf sich, um dein Leben zu schützen.« Mit diesen Worten begann Nuramon seine Erzählung. Er sprach von Noroelle, von seiner und Farodins Liebe zu ihr, vom Manneber und der Elfenjagd, von seiner Rettung und von Noroelles Verbannung. Und er beobachtete dabei, wie Guillaumes Gesichtsausdruck immer ernster wurde und die Ähnlichkeit zu Noroelle Falte um Falte schwand. Er endete mit den Worten: »Du weißt nun, wer deine Eltern sind und warum du eine Macht besitzt, die Menschen heilt, aber Elfen tötet.«
Guillaume starrte auf den Tisch, dann fing er unvermittelt an zu weinen. Dieser Anblick schmerzte Nuramon, nicht nur, weil der Heiler Noroelle wieder so ähnlich sah, sondern weil er sich in dessen Lage versetzen konnte. Er musste an sich halten, um nicht selbst in Tränen auszubrechen.
Nach einer langen Zeit des Schweigens sagte der Heiler schließlich: »Ich Narr dachte, meine Gabe sei ein Geschenk Tjureds!«
»Ganz gleich, welchen Ursprung deine Begabung hat, du hast für die Menschen Gutes getan, ebenso wie deine Mutter es für die Albenkinder zu tun pflegte. Bis zu der Nacht, da sie…« Er wollte es nicht noch einmal aussprechen.
»Erzähl mir mehr von meiner Mutter«, forderte Guillaume mit leiser Stimme.
Nuramon nahm sich die Zeit und erzählte dem Heiler bis spät in die Nacht hinein von den zwanzig Jahren, die er in Noroelles Gegenwart verbracht hatte. Seine Worte brachten ihm all das, was er mit seiner Liebsten erlebt hatte, wieder in Erinnerung. Als er aber zum Ende kam, schlug seine Stimmung um, denn nun, da alles erzählt war, wurde ihm klar, dass all das verloren war und Noroelle wohl niemals zurückkehren würde. Auch Guillaume wirkte zutiefst aufgewühlt, nun, da er um das Opfer seiner Mutter wusste.
»Du hast den Schleier, der meine Herkunft umgab, zerrissen«, sagte der Heiler. »Und du hast mir erklärt, woher meine Kräfte kommen. Aber du hast mir nicht gesagt, was dich herführt.«
Nuramon atmete tief durch. Nun war es also so weit. »Ich fragte meine Königin, was ich tun könne, um Noroelle zu retten. Und sie sagte, ich solle ausziehen, um dich zu töten.«
Guillaume nahm diese Nachricht sehr ruhig auf. »Das hättest du längst tun können. Warum lässt du mich am Leben?«
»Aus dem gleichen Grund, aus dem deine Mutter dich damals in diese Welt brachte. Weil ich nichts vom Devanthar in deinem Gemüt spüren kann.«
»Aber dass meine Heilkräfte deinen Gefährten töteten, das muss das Erbe meines Vaters gewesen sein. Und wer weiß, was noch in mir schlummert!«
»Hättest du den Tod Gelvuuns hingenommen, um die Hand des Mannes zu heilen?«
»Niemals.«
»Dann ist zumindest dein Geist frei von der finsteren Kraft des Devanthars, auch wenn sich sein Wesen in deiner Magie spiegelt.«
»Aber das ist ja das Verhängnis. Schuldlos bin ich schuldig. Meinetwegen wurde meine Mutter verbannt. Meinetwegen starb dein Gefährte. Und doch kann ich nichts dafür. Es scheint, als bestünde meine Schuld darin zu leben.«
»Und genau deswegen ist es falsch, dich zu töten. Und deshalb möchte ich meinen Auftrag auf andere Weise zu Ende führen, als die Königin es vorgesehen hat. Auch wenn ich dadurch ihren Zorn auf mich ziehe.«
»Würdest du mich fliehen lassen?«
»Ja, das würde ich. Doch meine Gefährten würden dich rasch aufspüren.« Nuramon dachte an Ollowain. »Du musst verstehen, warum ich hier bin. Wäre ich es nicht, dann wärst du jetzt schon tot. Ich bin gekommen, um dir ein Angebot zu machen, das vielleicht dein Leben retten und Noroelle befreien kann. Es ist jedoch nicht mehr als eine vage Hoffnung.«
»Sprich es aus!«
»Ich könnte dich zur Königin bringen und auf dem Weg nach Albenmark jede Gefahr von dir fern halten. Wenn du am Hof zu Emerelle sprichst, dann magst du sie vielleicht von deinem wahren Wesen überzeugen, so wie du Noroelle und auch mich überzeugt hast. Das ist das Einzige, das ich dir anbieten kann.«
»Ich werde dein Angebot annehmen«, entgegnete Guillaume, ohne zu zögern. »Um meiner Mutter willen.«
Nuramon bewunderte den Heiler insgeheim. Er fragte sich, ob er ebenso bereitwillig zugesagt hätte, denn es gab keine Sicherheit, dass die Königin sich gnädig zeigen würde. Es mochte gut sein, dass Emerelle an ihrer Entscheidung festhielt. Doch Nuramon hatte trotz allem, was geschehen war, so viel Vertrauen in die Königin, dass er zweifelte, dass sie sich seinem Einwand
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