Die Elfen
Deine Zeit ist gekommen.«
Alfadas wusste nicht recht, was er dazu sagen sollte. Sie waren ein wenig hinter den Elfen zurückgeblieben, sodass die anderen ihr Gespräch nicht mit anhören konnten.
»Jedes Jahr zur Mittwinterfeier wählt das Dorf den Jarl für das kommende Jahr. Ich glaube nicht, dass man dich in diesem Winter zum Jarl machen wird. Du musst dich erst bewähren … im Kampf, aber auch im alltäglichen Leben. Ich sehe in dir alle Eigenschaften eines guten Anführers, mein Sohn. Ich weiß, du wirst deinen Weg machen, wenn du hier bleibst.«
Mandred zügelte seine Stute und blickte hinab zum Dorf. Seine Stimme klang belegt, als er weitersprach. »Sie blickt dir noch immer hinterher. Sieh nur… Überlege nicht lange, ein Weib wie sie wirst du in Albenmark nicht finden. Sie ist stolz und wird sich von dir nichts gefallen lassen. Ich bin mir sicher, sie wird dir manches Mal das Leben bitter machen. Aber sie liebt dich und wird mit dir zusammen alt werden. Das kann dir keine Elfe schenken. Ein langlebiges Elfenweib wäre eines Tages nur noch aus Mitleid oder aus Gewohnheit mit dir zusammen.«
»Wenn ich bleiben würde, dann vor allem wegen der Geschichten über die Trolle«, entgegnete Alfadas ernst.
Sein Vater verbarg ein Schmunzeln. »Natürlich. Und ich muss sagen, ich wäre beruhigt, wenn ich wüsste, dass es einen Mann im Dorf gibt, der von Ollowain im Kampf mit dem Schwert unterwiesen wurde und dem ich in den letzten Jahren alle schmutzigen Tricks beigebracht habe . Und falls es dir hier doch nicht gefällt, komm in einer Vollmondnacht hinauf zum Steinkreis und rufe den Namen Xern. Ich bin sicher, man wird dich hören.«
»Ich bleibe zunächst nur für einen Winter«, entschied Alfadas. Und er war überrascht, wie erleichtert er sich mit einem Mal fühlte.
»Eben… wegen der Trolle«, bestätigte Mandred und blickte wie beiläufig hinab zum Ufer des Fjords. »Sie ist wirklich dickköpfig. Sie wartet noch immer auf dich.«
»Willst du nicht auch bleiben? Firnstayn könnte deine Axt gut gebrauchen.«
»Auf mich wartet dort niemand mehr. Ich könnte es nicht ertragen, im Schatten der Eiche von Freyas Grab zu leben. Der Devanthar hat mir meine Liebste entrissen. Ich werde Farodin und Nuramon helfen, ihre Liebe wieder zu finden. Und ich werde meine Blutfehde mit dem Devanthar zu Ende bringen. Meine Vergangenheit ist Asche, und meine Zukunft ist Blut. Ich bin erleichtert, dass du nicht an meiner Seite reiten wirst. Vielleicht .« Er stockte. »Wenn der Devanthar tot ist, kann ich vielleicht in Frieden in Firnstayn leben.« Er lächelte. »Jedenfalls, wenn Jarl Alfadas Mandredson nichts dagegen hat, einen bockigen alten Mann ins Dorf zu lassen.«
Der Schatten einer Wolke zog über den Hang. Die Vögel und Grillen verstummten. Plötzlich hatte Alfadas das Gefühl, dass er seinen Vater niemals wiedersehen würde.
SILBERNACHT
Schweigend ritten sie durch den nächtlichen Wald. Ein lauer Herbstwind pflückte die letzten Blätter von den Ästen. Nie zuvor hatte Mandred so deutlich die Magie Albenmarks gespürt. Der Mond stand tief am Himmel und war viel größer als in der Welt der Menschen. Er schimmerte rötlich in dieser Nacht. Es ist Blut auf dem Mond, hatte er die Elfen flüstern hören, und dass dies eine Warnung vor kommendem Unheil sei.
Das Unheimlichste in dieser Nacht jedoch war das Licht. Es ähnelte ein wenig dem Feenlicht, das er in klaren Winternächten manchmal über Firnstayn gesehen hatte. Dieses Licht aber war silbern. Und es zog nicht hoch über den Himmel, sondern es lag zwischen den Bäumen rings um sie herum, wie Schleier aus einem Stoff, den man aus Mondlicht gewoben hatte. Ab und an tanzten helle Funken zwischen dem Geäst. Sie waren wie Sterne, die vom Nachthimmel hinabgestiegen waren.
Diesmal hatte sie ihr Weg nicht zu Emerelles Burg geführt, und sie waren auch nicht über die Shalyn Falah, die Weiße Brücke, gegangen. Nuramon hatte ihm erklärt, dass die Elfen am letzten Herbstabend das Fest der Silbernacht feierten. Sie trafen sich auf einer Lichtung inmitten des Alten Waldes. Von diesem Ort aus hatten die Alben einst die Welt verlassen. In dieser einen Nacht vermochte Emerelle einen Zauber zu weben, der sie die Stimmen der Ahnen hören ließ - jener Elfen, die ins Mondlicht gegangen waren.
Die Gefährten waren schon Stunden durch den Wald geritten, und Mandred schätzte, dass Mitternacht nicht mehr fern sein konnte, als sie leise Musik vernahmen. Zunächst war es nur
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