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Die Elfen

Die Elfen

Titel: Die Elfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen , James Sullivan
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Oberkörper eines Menschen; außerdem wuchsen ihr noch Flügel aus den Flanken. Dann sah er eine Elfe, die aufgeregt auf ein Einhorn einredete, und darauf einen Gnom, der mit einem Korb voller Bücher auf dem Rücken ein Regal erklomm. Die anderen Besucher nahmen keine Notiz von ihnen, während sie vorübergingen. Zwei Elfen, ein Mensch und ein Kentaur, das schien hier kein Aufsehen erregender Anblick zu sein.
    Schließlich brachte Chiron sie in einen Saal mit bunt bemalten Kreuzgewölben, in dem etliche Lesepulte standen. Hier hielt sich nur ein einziger Studierender auf, eine schlanke Gestalt, die eine sandfarbene Kutte trug. Sie hatte die Kapuze tief ins Gesicht gezogen und las in einem Buch mit purpurfarbenen Seiten, die mit goldener Tinte beschrieben waren. Neben dem Pult standen merkwürdigerweise einige Körbchen mit welkem Laub. Ein seltsamer Geruch hing in der Luft, etwas Beklemmendes und zugleich Vertrautes. Es roch nach Staub und Pergament. Selbst den Geruch des Laubes konnte Mandred erkennen. Aber da war noch etwas . mehr eine Ahnung als Wirklichkeit.
    Chiron räusperte sich leise. »Meister Gengalos? Bitte verzeiht, wenn ich Euch störe, aber drei Besucher sind durch das Tor über der Albengalerie in die Bibliothek gekommen. Sie hatten sich in den Granitfluren verirrt. Und dieser dort hat versucht, mich mit seiner Axt zu erschlagen.« Der Kentaur bedachte Mandred mit einem abfälligen Blick. »Ich habe mir gedacht, es sei besser, sie zu Euch zu bringen, Meister, bevor sie noch wirklichen Schaden anrichten.«
    Die Gestalt in der Kutte hob das Haupt, doch die tief ins Gesicht gezogene Kapuze ließ ihr Antlitz im Schatten. Mandred war einen Moment lang versucht, diesem Meister mit einer flinken Bewegung die Kapuze zurückzustülpen. Er war es gewohnt zu sehen, mit wem er sprach.
    »Daran hast du wohlgetan, Chiron, und ich danke dir.« Gengalos' Stimme klang warm und freundlich; sie stand in drastischem Gegensatz zu der Unnahbarkeit, die er ausstrahlte. »Ich werde dir die Last der Sorge um die Neuen nun abnehmen.«
    Chiron neigte kurz sein Haupt, dann zog er sich zurück.
    »Wir möchten…«, begann Farodin, doch Gengalos schnitt ihm mit einer knappen Geste das Wort ab.
    »>Wir möchten< gibt es hier nicht! Wer immer in die Bibliothek kommt, der muss ihr zunächst dienen, bevor er etwas von ihrem Wissen geschenkt bekommt.«
    »Entschuldigt.« Nuramon hatte einen diplomatischen Ton angeschlagen. Auch verneigte er sich vor dem Hüter des Wissens. »Wir sind .«
    »Das interessiert mich nicht«, winkte Gengalos ab. »Wer immer hierher kommt, der unterwirft sich den Gesetzen der Bibliothek. Fügt euch oder geht!« Er machte eine kurze Pause, wie um seine harsche Antwort zu unterstreichen. »Wenn ihr bleiben wollt, dann werdet ihr zunächst euren Dienst erweisen.« Er deutete zu den Körben, die neben seinem Lesepult standen. »Dies sind Gedichte von Blütenfeen, niedergeschrieben auf Eichenblätter und Birkenrinde. Da wir auch nach Jahrhunderten noch keinen befriedigenden Weg gefunden haben, die Blätter zu konservieren, müssen die Gedichte abgeschrieben werden. Wobei allerdings zu berücksichtigen ist, dass Schrift und Blattadern eine Harmonie bilden, die nachempfunden sein muss, wenn die tieferen Bedeutungsebenen der Gedichte nicht verloren gehen sollen.«
    Mandred dachte an die übermütigen kleinen Feengeschöpfe, die er bei seinen Besuchen in Albenmark gesehen hatte. Er konnte sich nicht vorstellen, was diese Plappermäuler Erhaltenswertes dichten mochten.
    Gengalos drehte den Kopf in seine Richtung. »Der Schein trügt, Mandred Torgridson. Kaum jemand vermag wie sie zarte Gefühle in Worte zu fassen.«
    Der Jarl schluckte. »Du… du siehst in meinen Kopf?«
    »Ich muss wissen, was die Besucher bewegt, die hierher kommen. Wissen ist kostbar, Mandred Torgridson. Man kann es nicht jedem überlassen.«
    »Was ist unsere Aufgabe?«, fragte Farodin.
    »Du und Nuramon, ihr beide werdet einen Korb nehmen und die Gedichte auf Pergament übertragen.
    Wenn ich mit eurer Arbeit zufrieden bin, dann werde ich euch bei eurer Suche helfen. In dieser Bibliothek finden sich Antworten auf fast jede denkbare Frage, wenn man an der richtigen Stelle zu suchen weiß.«
    »Und was ist mit mir?«, fragte Mandred verlegen. »Womit soll ich mir das Recht verdienen, hier zu sein?«
    »Du wirst einem Schreiber dein Leben erzählen. In aller Ausführlichkeit. Ich habe den Eindruck, dass dies eine Geschichte ist, die es verdient,

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