Die Elfen
Farodin schließlich nach einer langen Zeit des Schweigens. »Trolle. Es gab einen Krieg mit ihnen, der aber seit vielen Jahren vorüber ist. Ganz am Ende des Krieges haben sie einen großen Segler gekapert. Fast dreihundert Elfen waren an Bord. Man hat sie in Gefangenschaft verschleppt. Manche von ihnen leben noch heute. Yilvina ist unter ihnen.«
»Yilvina? Unsere Yilvina?« Mandred dachte an die junge blonde Elfe. Mit ihren beiden Kurzschwertern war sie ihm im Kampf immer unbesiegbar erschienen. Wie hatte sie in Gefangenschaft geraten können?
»Yilvina und noch ein halbes Dutzend anderer. Ja. Sie leben noch immer, nach mehr als zwei Jahrhunderten in Gefangenschaft. Orgrim, der Heerführer der Trolle, hat sie einfach behalten, obwohl längst Frieden geschlossen ist.« Farodin deutete auf das leere Bett. »Shalawyn ist ihnen entkommen. Sie haben sie gehetzt wie ein Stück Wild. Sie wollte zurück nach Albenmark, um Emerelle zu berichten.«
»Sollen wir jetzt stattdessen ihre Nachricht nach Albenmark bringen?« Mandred war die Vorstellung unangenehm, der Königin noch einmal unter die Augen treten zu müssen.
Farodin wischte mit der Decke das Blut von seinem Schwert und schob es dann in die Scheide zurück. »Das wäre sinnlos. Emerelle würde einen Gesandten an den Hof des Trollkönigs schicken und nach den Gefangenen fragen. Dieser würde dann Herzog Orgrim zur Rede stellen, und der Feldherr würde mit aller Entschiedenheit bestreiten, dass er noch Elfen gefangen hält. Eine lebende Zeugin dafür gibt es nun auch nicht mehr. Sollte Emerelle darauf beharren, dass Orgrim lügt, könnte das genügen, um einen neuen Krieg gegen die Trolle zu entfesseln. Diese Gefahr wird die Königin nicht eingehen. Es bliebe demnach alles, wie es ist.«
»Also ist Shalawyn vergebens geflohen.«
»Nein, Menschensohn. Was die Trolle den Gefangenen antun, muss gesühnt werden. Sie hat mir alles erzählt.«
Mandred wich einen Schritt zurück. Da war etwas in Farodins Blick, das zur Vorsicht gemahnte. »Was . was tun sie denn?«
»Frag nicht! Nur eins sollst du wissen. Herzog Orgrim wird dafür bluten! Ich werde meinen Weg zu ihm finden, und er wird bereuen, was er getan hat.«
VOR DER PFORTE DES ORAKELS
Gemächlich schritt Nuramon auf einem Albenpfad vor seinem Hengst Felbion her. Er konnte spüren, wie die Macht des Pfades von einem Albenstern angezogen wurde. Hoffnung erfüllte ihn, nun endlich das Orakel Dareen zu erreichen. Wieder und wieder war er falschen Fährten gefolgt. Die Menschen von Angnos vermochten Zauber von Trugbild nicht zu unterscheiden, und das, was sie Orakel nannten, war nichts weiter als ein Schwindel. Er hatte dort nichts erfahren, was er sich nicht auch selbst hätte sagen können. Seit diesen enttäuschenden Erfahrungen suchte Nuramon nach einem alten Orakel, das längst schwieg oder das keinem mehr Zugang gewährte.
Der Weg von Iskendria nach Angnos und die Reise durch das Königreich waren mühsam gewesen. Er hatte Städte und Dörfer umgangen und sich nur einzelnen Reisenden und Einsiedlern gezeigt. Für einen Elfen hielt ihn niemand. Er trug eine Kapuze, die seine Ohren und Teile seines Gesichts verdeckte. Seine Stimme war noch immer die eines Elfen, aber wer von den Menschen hatte je einen Elfen sprechen hören? Sie hielten ihn gewiss für einen geheimnisvollen Reisenden aus einem fernen Land, was in gewisser Hinsicht ja der Wahrheit entsprach.
Während seiner Reisen hatte er sich den Verlauf der Albenpfade eingeprägt und kannte in Angnos bald so viele, dass er das Wagnis eingegangen war, von einem Albenstern zum anderen zu springen, ohne die Welt zu wechseln. Er war erstaunt, wie leicht es ihm fiel. Der Zauber war der gleiche, nur musste man einen Pfad auswählen, der diese Welt nicht verließ. Und dennoch war ihm kein Erfolg beschieden gewesen.
Seit kurzem nun durchreiste er ein Gebiet, dessen Pfade ihm neu waren. Seit Tagen hatte er keinen Menschen mehr gesehen, wohl aber Zeichen von Albenkindern. Diese bestanden in Veränderungen, die nur Elfenhände hätten vornehmen können. Das Wachstum der Pflanzen an manchen Orten erinnerte ihn an Albenmark, und auch die ungewöhnliche Fruchtbarkeit in diesem Landstrich ließ ihn vermuten, dass sich irgendwo eine magische Quelle befand, die der Noroelles ähnlich war. All diese Zeichen verbanden sich mit der lichten und rauen Natur, die auf ihrem steinigen Grund sonst nur wenig Grün hervorbrachte.
Als er an die Wüste dachte, fragte er sich, ob er
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