Die Elfen
den sie gewiss nur aus den Legenden kannten…
Umso mehr verwunderte Nuramon die Antwort des Kriegers, der an ihn herangetreten war. »Mandred war hier. Und bei ihm war ein Elf namens Farodin. Doch sie sind längst wieder fort.«
Plötzlich machten die Leute für einen Menschensohn Platz, der an seiner prächtigen Plattenrüstung als Anführer zu erkennen war. Diese Rüstung war nicht die Arbeit eines Menschen, sondern stammte aus den Schmieden von Albenmark. Vielleicht war sie ein Geschenk Emerelles. Es mochte sein, dass sie einst Alfadas gehört hatte. Nun trug sie ein Mann mit grauem Haar. Er kam mit großen Schritten auf Nuramon zu und baute sich vor ihm auf. Auch er war ein Riese von einem Menschen und trug ein Schwert am Gürtel, eigentlich zu schmal für die Leute in diesen Gefilden. »Ich bin Njauldred Klingenbrecher, König von Fjordland«, sagte er und nickte. Er strahlte eine geradezu bedrohliche Kraft aus, sodass Nuramon keinen Zweifel hatte, dass der Zorn Njauldreds, einmal entfesselt, keine Grenzen kannte.
»Sei mir gegrüßt, Njauldred!«, sagte Nuramon und wunderte sich, dass der König keine Krone trug, wie es sonst bei den Menschen üblich war. Überhaupt kam es ihm merkwürdig vor, dass das Fjordland nun von hier aus regiert wurde. Ob es Alfadas' Verdienst war, dass Firnstayn zur Königsstadt geworden war?
»Du suchst nach Mandred?«, fragte Njauldred.
»So ist es, und ich hoffe, dass du mir einen Rat gibst, wo ich ihn finden kann«, sagte Nuramon in einem freundlichen Tonfall.
»Das kommt darauf an, wer nach ihm fragt«, sagte der Hüne und verschränkte die Arme vor der Brust. »Er ist immerhin mein Ahnherr.«
Eine gewisse Ähnlichkeit zwischen Njauldred und Mandred war nicht zu bestreiten. Besonders die Augen des Königs glichen denen Mandreds. Doch dieser Mann war viel älter. Nuramon war zwar noch immer nicht besonders gut im Einschätzen von Menschen, doch er glaubte, dass Njauldred jenseits der fünfzig war, denn sein Haar war ergraut. Die meisten seiner Falten lagen halb hinter dem Bart versteckt. Nur an Augen und Stirn waren sie auf ganzer Länge zu erkennen.
»Mein Name ist Nuramon, und ich .«
Njauldred ließ ihn nicht aussprechen. »Bist du etwa der Kampfgefährte Mandreds? Nennt man dich auch Nuredred den Elfenprinzen?«
Nuramon war überrascht. Offenbar hatten die Menschen die Geschichte um Mandred Torgridson nach ihrem Belieben ausgeschmückt. »Ich bin Mandreds Kampfgefährte. So viel entspricht der Wahrheit. Was aber das andere angeht, so fürchte ich, seht Ihr mehr in mir, als ich bin.«
Njauldred schüttelte den Kopf. »Bescheidenheit ist die Tugend der Helden.«
Nuramon blickte in die Gesichter der Menschen. Sie betrachteten ihn, als wären die Alben selbst zurückgekehrt. Und wie er seinen Blick wandern ließ, fiel ihm etwas auf. Auf der Schulter der linken Löwenstatue am Fuß der Treppe war eine Inschrift.
»Eine wundervolle Arbeit, nicht wahr?«, sagte Njauldred.
»Gewiss«, war alles, was Nuramon darauf sagen konnte. Sein Blick hing an den kunstvoll geschwungenen Elfenrunen. Dort stand: >Verzeih mir und warte auf uns, wenn du kannst. Farodin.<
»Alfadas ließ diese Löwen aufstellen, im Angedenken an Mandred, von dem die Könige von Firnstayn abstammen.« Njauldreds Blick verfinsterte sich. »Diese Zeichen hat irgendjemand vor vielen Jahren eingeritzt. Der kam gewiss nicht aus Firnstayn. Niemand hier würde in dieser Weise ein Ehrenmal für Mandred Torgridson entweihen.«
Nuramon strich mit der Handfläche über die Inschrift. »Ich finde sie wunderschön! Sie ist vollkommen ausgeführt und lobt den Helden Mandred. Es sieht so aus, als wäre dies das Werk eines Elfen.«
Njauldred machte ein überraschtes Gesicht. »Wirklich?«
Nuramon bekräftigte seine Worte. Und wie er in das gutmütige Gesicht des Königs blickte, tadelte er sich dafür, dass er einen Herrscher an der Nase herumführte. Es war an der Zeit, das Thema zu wechseln. »König Njauldred, ich habe eine Frage. Hat Mandred gesagt, wohin er will?«
Der Blick des Königs wurde härter. »Sie trafen hier auf eine sterbende Elfe. Sie war lange Jahre Gefangene auf der Nachtzinne, einer Festung der Trolle, die weit im Norden liegen soll. Seit den Tagen von König Alfadas hat sich dort kein Mensch mehr hingewagt. Doch Faredred, der Elfenfreund von Mandred, war wild entschlossen, zur Nachtzinne zu reisen und die übrigen Elfen zu befreien, die dort eingekerkert sind. Mehr als drei Jahre ist es nun
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