Die Elfen
nach Drusna zu reisen. Dabei hatten sie die Menschen gemieden und weit abseits von Dörfern, Städten und Straßen das Gebirge überquert. Schließlich waren sie bis in die Wälder von Drusna vorgedrungen.
Der Wald schien sich schier endlos zu erstrecken. Selten tat sich eine Lichtung auf. Nuramon erinnerte die Gegend an die Wälder von Galvelun, durch die er einst gereist war, denn wie dort auch mussten sie Wölfe fürchten. Von den braunen Drachen, die es in Galvelun gab, hatten sie zum Glück hier noch nichts gesehen. Mandred behauptete zwar, es gäbe Drachen in der Menschenwelt, doch Nuramon zweifelte daran, zumal die Geschichten des Jarls überaus fragwürdig klangen.
Schon seit Tagen bereisten sie ein Waldstück, das offenbar einmal der Schauplatz einer großen Schlacht gewesen war. Sie hatten verrostete Helme und Schildbeschläge gefunden, ebenso Schwerter und Speere. An manchen Findlingen lagen zerschlagene Rüstungen und Menschenknochen zu schaurigen Opferstätten geschichtet.
Während Farodin sie wie gewohnt anführte, saß
Yulivee als Einzige im Sattel. Sie mochte Felbion, und das Pferd schien auch Gefallen an dem Mädchen gefunden zu haben. Für Yulivee war die Reise ein einziges Abenteuer. Jedes Tier und jede Pflanze betrachtete sie mit einer Neugier, die selbst Nuramon verblüffte.
»Wann sind wir da?«, fragte sie gewiss zum fünfzigsten Mal an diesem Tag.
Mandred grinste. Wahrscheinlich stellte er sich die gleiche Frage. Immerhin hatte Farodin gestern Mittag gesagt, sie würden noch vor Sonnenuntergang den Ort erreichen, zu dem ihn sein Zauber zog. Doch nun war ein neuer Tag angebrochen, und sie waren in ein feuchtes Waldstück gekommen, das zwischen zwei größeren Sumpfgebieten lag.
Farodin ignorierte die Frage des Kindes.
So wandte sich Nuramon an Yulivee. »Für jedes Mal, das du fragst, werden wir einen Tag länger brauchen.«
Die Kleine schwieg.
»Langsam wird mir dieser Ort unheimlich«, murrte Mandred. »Wölfe! Schön und gut! Denen gerben wir schon das Fell. Aber dieser elende Sumpf! Wir werden hier noch alle in einem bodenlosen Schlammloch verschwinden!«
Farodin atmete seufzend aus. Es war offensichtlich, dass er langsam die Geduld verlor. Er beschleunigte seine Schritte, um ein wenig Abstand zwischen sich und die anderen zu bringen.
»Wenn du dir Sorgen machst, dann solltest du auf deine Stute steigen«, sagte Nuramon leise zu Mandred. »Sie wird dich sicher führen.«
Der Jarl ließ sich dies nicht zweimal sagen und stieg auf.
Nuramon ging unterdessen zu Farodin; er wollte ihn fragen, was nicht stimmte, denn noch nie hatte der Elf ihn auf eine falsche Fährte geführt. Doch seit Tagen schien ihn etwas zu verwirren. Vielleicht spürte er ein weiteres Sandkorn in der Nähe. Oder etwas störte den Suchzauber, mit dem er der Krone nachspürte.
»Was ist los, Farodin?«, fragte Nuramon ihn.
»Ich hatte nicht mit dem Sumpf gerechnet. Und außerdem…« Ruckartig blickte Farodin zurück.
»Was ist?«
Der Elf beruhigte sich und schüttelte den Kopf. Dann massierte er sich die Stirn. »Da hat etwas aufgeblitzt, das meinen Zauber störte.« Er deutete in den Sumpf zu ihrer Rechten. »Ich sehe dort hinten die Spur, sie führt wie eine Tierfährte vorbei. Doch irgendetwas stimmt mit ihr nicht. Sie ist nicht klar genug. Außerdem habe ich immer wieder das Gefühl, dass hier irgendwo ein Sandkorn ist.«
»Vielleicht befindet es sich in einem Sumpfloch.«
»Nein, es ist fast so, als trüge der Wind es schon seit Tagen durch den Wald. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, dass wir verfolgt werden.«
»Ich kümmere mich darum«, entgegnete Nuramon und kehrte zu Mandred und Yulivee zurück.
Mandred nickte, doch Yulivee beachtete ihn kaum. Sie war damit beschäftigt, sich ihre kleine Faust ans Auge zu halten.
Nuramon beschlich ein Verdacht. Er trat an Felbions Seite. »Was hast du denn da?«, fragte er Yulivee.
Das Mädchen senkte den Arm, behielt die Hand aber geschlossen. »Nichts«, antwortete sie.
»Du hast da doch etwas in der Hand«, setzte Nuramon nach.
»Nur ein Glühwürmchen.«
Nuramon konnte nicht anders, als zu lächeln. »Ich ahne schon, was für ein Glühwürmchen das ist… Farodin!«
Die kleine Elfe spitzte die Lippen und schien zu überlegen, was sie nun tun sollte, als Farodin zu ihnen trat.
»Mach die Hand auf!«, sagte Nuramon zu Yulivee.
Das Mädchen öffnete die Hand.
»Nichts!«, sagte Mandred leichthin.
Nuramon aber sah, dass dort ein
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