Die Elfen
Wort für ihn gefunden. Die übrigen Elfen warteten schweigend auf das, was der alte Elf sagen würde. »Nuramon, wir alle stammen aus der Sippe des Weldaron«, begann er. »Und du weißt, dass ich und die anderen meines Alters dich stets verachtet haben. Wir haben in der Zeit, da du hier warst und Albenmark nicht verlassen durftest, Kinder gezeugt. Und nachdem du weg warst, wurden sie geboren, in der Sicherheit, dass sie nicht deine Seele trugen. Doch diese Kinder und deren Nachkommen sahen dich mit anderen Augen. Sie hörten die Geschichte von Nuramon dem Minnekrieger, von Nuramon dem Suchenden, dem ewigen Wanderer. In den Trollkriegen erfuhren sie, dass du einst ein Gefährte des Alfadas warst.« Er hielt inne und starrte Nuramon an, als wartete er auf eine Regung seinerseits. Dann fuhr er fort: »Uns Alten brauchst du nicht zu verzeihen. Viele von uns haben ihre Ansicht nicht geändert, doch diese Elfen hier verehren dich als einen Großen unserer Sippe. Lass sie deine Verachtung für uns nicht spüren.«
Nuramon hatte Elemon nie gemocht, doch diese Worte waren ein Entgegenkommen, das er nie und nimmer erwartet hätte. Und als er in die Mienen der jungen Elfen blickte, die ihn umringten, erkannte er, dass sein Onkel Recht hatte. »Wenn die Königin mich nicht an ihrer Seite wünschte, ich würde mit meiner Sippe in diese Schlacht ziehen. Ich danke dir, Elemon.«
»Und ich hoffe, du kannst mir verzeihen.« Die Augen Elemons glänzten.
»Ja, das kann ich. Im Namen Weldarons!« Nuramon erinnerte sich an all die Jahre, da er den Spott der Sippe hatte ertragen müssen. Hätte er Elemon nicht vor sich gehabt und gesehen, dass der Alte den Tränen nahe war, er hätte geglaubt, seine Verwandten würden ihn aus selbstsüchtigen Gründen in ihre Mitte zurückholen wollen. Doch Elemons Worte waren ernst gemeint, daran zweifelte Nuramon ebenso wenig wie an den Absichten der jungen Männer und Frauen, von denen manche wie er ein Kurzschwert trugen, so als wären sie darauf bedacht, ihm nachzustreben. Seine Cousine Diama war eine von ihnen. Sie trug sogar eine Rüstung, die der Gaomees ähnelte, allerdings aus Metallplättchen und nicht aus Drachenleder gefertigt war. In diesem Augenblick begriff Nuramon, wie lange er fort gewesen war. Er war zweimal ein Opfer der Zeit geworden. Und jedes Mal waren mehr als zweihundert Jahre vergangen. In dieser Zeit war aus dem Spott der Sippe Anerkennung geworden, wenn nicht sogar Bewunderung.
Alvias trat mit Farodin näher. Der Meister nickte höflich. »Nuramon, die Königin wünscht dich und Farodin in der Seitenkammer zu sehen. Bitte folge mir!«
»Danke, dass ihr gekommen seid«, grüßte Nuramon seine Sippe unsicher. Er würde Zeit brauchen, um sich an die Veränderung zu gewöhnen.
Kaum hatten sie den Kreis der Verwandten verlassen, da flüsterte Farodin: »Es scheint, als wäre deine Sippe tüchtig gewachsen . Offensichtlich sehen sie mehr in dir als einen Wiedergeborenen.« Es hörte sich ganz so an, als freute sich Farodin auf seine Weise mit ihm.
Nuramon wollte antworten, doch da kamen sie an Obilee vorbei und hielten inne.
Alvias wirkte ungeduldig. »Ich werde vorgehen und der Königin melden, dass ihr unterwegs seid.«
Keiner von ihnen sagte etwas darauf. Nuramon musste an das letzte Mal denken, da er die Vertraute Noroelles gesehen hatte. Es war an dem ersten Tor gewesen, das er mit seiner Magie geöffnet hatte. Sie hatte ihm vom Hügel aus zugewunken. Damals schien sie mehr eine Zauberin gewesen zu sein als eine Kämpferin, nun jedoch trug sie ein Kriegergewand aus weichem Gelgerokleder, auf dem am Torso, auf den Ärmeln und an den Beinen Platten aus Hartholz befestigt waren. Die Runen, die auf das Holz gemalt waren, leisteten Obilee gewiss im Kampf Beistand. Um ihren Hals trug sie eine Kette, an der sie wie Nuramon den Edelstein Noroelles befestigt hatte. Es war ein Diamant.
Endlich brach Nuramon das Schweigen. »Xern hat mir erzählt, dass du in den Trollkriegen eine Heldin geworden seist.«
»Ja«, entgegnete Obilee, als bedauerte sie es.
»Noroelle wird stolz auf dich sein, wenn sie es erfährt«, sagte Farodin.
»Ich habe Noroelle nie vergessen. Es vergeht kein Tag, da ich nicht an sie oder an euch denke.« Sie schaute Nuramon in die Augen. »Ich wünschte, ich könnte euch begleiten.« Ihre Stimme klang so schwermütig wie ihre Worte. Sie lächelte gequält. »Lasst euch nicht von meinen Launen täuschen. Ich bin froh, euch zu sehen.« Mit diesen Worten
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