Die Elfen
Boden.
»Mandred Aikhjarto, wie immer sprichst du unbeschwert von der Last höfischer Etikette!«, sagte die Königin schmunzelnd. »Es erfreut mein Herz, dich zu sehen. Und es freut mich ebenso, dich kennen zu lernen, Liodred, König von Firnstayn. Wir sind mit allen Schiffen und Kriegern gekommen, welche die Elfen von Albenmark aufzubieten vermochten. Wir werden eure Flanken sichern, und meine Streiter werden die erschöpften Kämpen in der Schlachtreihe auf der Schiffsbarriere ablösen. Zieh deine Männer zurück, Liodred, und lass sie zu neuen Kräften kommen. Wir Albenkinder sind hier, um die alte Schuld mit unserem Blut zu begleichen.«
Liodred verbeugte sich. »Wir werden so kurz wie möglich verweilen und bald wieder die Schlacht suchen.
Der König muss seinen Kriegern nahe sein, sonst verlieren sie ihren .« Liodred wurde durch laute Entsetzensschreie unterbrochen. Mittschiffs brach eine Gruppe Elfen wie von unsichtbaren Pfeilen getroffen in sich zusammen. Einige wanden sich im Todeskampf und stießen gellende Schreie aus. Die meisten aber lagen reglos da.
Mandred blickte zur feindlichen Kogge hinüber und traute seinen Augen kaum. Eben noch hatte er gesehen, wie die Elfen dort an Boden gewannen, doch nun standen nur noch die Feinde entlang des Schanzkleids. Nirgendwo auf der großen Kogge wurde mehr gekämpft!
Plötzlich fielen direkt neben der Königin drei Wachen zu Boden, als erfasse sie eine steife Windbö, um ihnen das Leben aus den Körpern zu reißen.
Erschrocken wichen alle auf die Steuerbordseite zurück.
»Was, bei den Göttern, geht hier vor?«, rief Liodred. Blankes Entsetzen stand ihm ins Gesicht geschrieben. »Was ist das für eine heimtückische Art des Tötens?«
Nuramon riss Yulivee mit sich. Nur die Königin schien wie in Bann geschlagen. Sie verharrte, starrte zum Schiff hinüber und flüsterte: »Also doch .«
Mandred konnte sehen, wohin ihr Blick fuhr. Auf dem Achterkastell der großen Kogge stand ein Mann mit nachtblauen, wehenden Gewändern und erhobenen Händen. Er sah aus wie die Mönche, die sie in Iskendria zwischen den Ordensrittern gesehen hatten.
»Emerelle!«, rief Nuramon.
Meister Alvias sprang vor die Königin und stieß sie zurück. Etwas schien ihn zu packen. Er taumelte und fasste sich ans Herz. Dann fiel er der Königin vor die Füße.
»Alvias?«, stieß Emerelle ungläubig hervor und kniete sich neben den alten Hofmeister.
Alvias röchelte und fasste ihre Hand. Er kämpfte verzweifelt darum, etwas zu sagen. »Verzeih mir die Grobheit, meine Königin!«, hauchte er mit zitternder Stimme. »Es ist mein Schicksal, dich…« Seine Augen wurden glasig, sein Atem brach.
Auf dem Gesicht der Königin stand zuerst Fassungslosigkeit geschrieben, doch dann wuchs ein Lächeln darauf.
Mandred war erschüttert, sie in diesem Moment lächeln zu sehen. Kannte Emerelle denn überhaupt kein Mitgefühl? Nicht einmal für ihre nächsten Vertrauten? Der alte Hofmeister hatte sein Leben für sie gegeben, und sie lächelte!
Plötzlich erglomm um die Königin herum ein zartes Licht. Es drang aus dem Körper von Alvias, umfloss ihn und hüllte ihn ein wie glitzernde Seidentücher. Dann begann Alvias' Gestalt im silbernen Schein zu verschwimmen. Die Elfenkönigin hielt noch immer seine Hand. Doch während ihre feingliedrigen Finger klar sichtbar blieben, wurden seine durchscheinend. Auch die Rüstung und das Schwert des Hofmeisters verblassten. Schließlich wurde Alvias eins mit dem silbernen Schein, der ihn umgab. Dann verlor sich das Leuchten wie Rauch, der vom Wind zerteilt wurde. Zurück blieb nichts außer einem Blütenduft, der Mandred vertraut erschien. Er hatte ihn schon einmal in Firnstayn bemerkt, in dem Zimmer, in dem die Elfe Shalawyn gestorben war.
Der glitzernde Schein um Alvias musste das Mondlicht gewesen sein. Nuramon und Farodin hatten so oft davon gesprochen, und doch hatten all ihre Worte Mandred nicht beschreiben können, wie es wirklich war. Der Jarl hatte das Gefühl, Zeuge von etwas Göttlichem geworden zu sein, von einem Wunder.
Auch die anderen waren tief aufgewühlt und hatten einen Augenblick lang die Schlacht vergessen. Yulivee starrte mit offenem Mund auf die Stelle, an der Alvias verschwunden war.
Die Königin ließ sich von Nuramon aufhelfen. »Er hat mich gerettet«, sagte sie. »Das also war sein Schicksal.«
»Was hat ihn getötet?«, fragte Yulivee Nuramon. Sie schien solche Angst zu haben, dass sie nur flüsterte.
»Ich weiß es nicht«,
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