Die Elfen
Steine, die auf ihr grobes Lederkleid aufgenäht waren und die ihr in unzähligen Schnüren vom Hals hingen.
»Was spüre ich nicht?«
»Die Macht der Magie, Elf lein. Die Macht der Magie.« Die Schamanin kicherte. »Der Tidenhub hat sich verändert. Die Ebbe will nicht einsetzen. Kannst du ermessen, wie mächtig man sein muss, um das Spiel der Gezeiten zu verändern? Wahrlich mächtige Magie ist das.«
»Refft das Hauptsegel!«, befahl Orgrim. »Werft Anker.«
Farodin spürte, wie sich sein Magen zusammenzog. Das durfte alles nicht wahr sein! »Hättest du die Freundlichkeit, mir zu sagen, was das zu bedeuten hat, Orgrim?«
Der Herzog deutete zum Schiff des Königs. Am Hauptmast wurde eine große rote Fahne aufgezogen. »Boldor ruft alle Fürsten und Schamanen zum Kriegsrat. Er wird wollen, dass du auch kommst.« Orgrim wandte sich kurz ab und winkte einigen Kriegern zu. »Macht das Beiboot klar!«
»Das ist nicht dein Ernst«, rief Farodin empört.
»Elf, ich weiß, was deinesgleichen von meinem Volk denkt! Aber wir sind keineswegs die ungestüm vorpreschenden Trottel, für die ihr uns haltet. Wir planen unsere Schlachten. Und so wird es auch diesmal sein. Mit einem Magier unter den Menschen, und dazu mit einem so mächtigen, haben wir nicht gerechnet. Wir werden unsere Pläne der veränderten Lage anpassen.«
»Er fürchtet, wir wollen zu den weißen Priestern überlaufen«, sagte die Schamanin.
Farodin hätte der alten Vettel den Hals umdrehen mögen.
Orgrim stieß einen knurrenden Laut aus. Dann ging er in die Knie, sodass er mit Farodin auf einer Augenhöhe war. »Ich weiß, du würdest mich und alle Trolle am liebsten tot sehen. Und du traust uns nicht einmal so weit, wie du spucken kannst. Trotzdem hoffe ich, dass in der Ödnis deiner Rachegedanken noch ein letztes Fünkchen Verstand glimmt. Die Tjuredpriester wollen alle Albenkinder vernichten. Ganz gleich ob Kentauren, Elfen, Blütenfeen . oder Trolle. Wir kämpfen mit euch, weil wir wissen, dass wir an der Seite der Fjordländer und Elfen stärker sind. Und weil wir wissen, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis die weißen Priester auch die Nachtzinne und all unsere anderen Burgen angreifen werden. Du bist ein Überlebender der Trollkriege, Farodin. Du weißt, wir warten nicht, bis der Krieg zu uns kommt. Wir tragen ihn in das Land unserer Feinde. Deshalb sind wir hier!«
»Und was hält euch davon ab, in aller Ruhe zuzusehen, wie sich eure Feinde gegenseitig umbringen, um dann den Überlebenden den Rest zu geben?«
Orgrim richtete sich abrupt auf. »So denkt ein Elf, aber kein Troll! Sei vorsichtig, Farodin. Irgendwann ist selbst dein Maß voll.«
VOR DER KÖNIGIN
Mandred nahm den Helm ab und fuhr sich durch das schweißnasse Haar. Nuramon führte ihn und Liodred zum Heck der Galeere. Der Jarl war stolz, Freunde wie Nuramon zu haben. Der Elf hatte ihm den Hals gerettet. Und eine Kriegerin, welche die Seele einer alten Gefährtin trug, hatte ihn dabei unterstützt. Nuramon hatte sie als Nomja vorgestellt… Die Nomja! Zum ersten Mal erlebte er, was Wiedergeburt bedeutete. Er hatte Nomja sterben sehen und erblickte nun ihre Seele in einem neuen Gewand. Sie stand am Bug des Schiffes, beschirmt durch einen Schildträger, und tat das, was sie auch in ihrem früheren Leben am besten gekonnt hatte: Bogenschießen!
Die Elfenkrieger bestürmten eine große Kogge, deren Bug mittschiffs die Reling der Elfenglanz überragte. Es schien, als hätten die Elfen das Schiff bald eingenommen.
Ohne auf das Kampfgeschehen zu achten, führte Nuramon sie weiter zum Achterkastell, vor dem die Königin sie erwartete.
»Mandred!«, rief Yulivee und lief ihm entgegen. Der Jarl war überrascht, die kleine Zauberin hier zu sehen. Doch Emerelle wusste gewiss, was sie tat. Mandred nahm das Mädchen auf den Arm. Die Kleine drückte ihm einen Kuss auf die Wange. »Gut, dass du da bist«, sagte sie dann und spielte mit seinen Zöpfen.
Nuramon wandte sich an die Königin. »Dies ist Liodred von Firnstayn, und an Mandred wirst du dich bestimmt noch erinnern.«
»Gewiss«, sagte Emerelle. »Doch zunächst berichte mir: Wie steht die Schlacht?«
»Im Augenblick gewinnen wir an Boden«, antwortete Nuramon.
»Der Feind hat eine erdrückende Übermacht«, mischte sich Mandred ein. »Wir konnten unsere Flanken nicht schützen. Er wird versuchen, uns einzukreisen. Wie viele Schiffe und Krieger hast du mitgebracht, Herrin?« Der Jarl stellte Yulivee wieder auf den
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