Die Elfen
»Das ist wirklich ein Wunderwerk! Kannst du deine Zwergenfreunde vielleicht fragen, ob sie noch eins davon haben? Damit kann man bestimmt gut Wild aufspüren.«
Nuramon lachte. »Wenn die Schlacht vorbei ist, werde ich Wengalf fragen.«
»Gut, mein Freund.« Mandred hielt Nuramon die Hand zum Kriegergruß hin.
Nuramon umfasste dessen Unterarm. Der Jarl hatte einen festen Griff. »Mandred, ich weiß, dass ihr Firnstayner Dickschädel seid. Aber wage nicht zu viel! Wir müssen sie nur lange genug aufhalten. Dann ist alles gewonnen.«
»Ich mach schon keine Dummheiten. Pass du lieber auf dich selbst auf! Seit dem Kampf mit dem Devanthar schulde ich dir ein Leben, und ich bin am rechten Flügel zu weit entfernt, um dir zu Hilfe zu kommen.«
Nuramon schmunzelte. »Wenn es dein Luth gut mit uns meint, dann treffen wir uns in der Mitte der Feinde. Da kannst du mir dann den Hals retten.«
»So soll es sein!«, sagte Mandred. Dann stieg er auf seine Stute und ritt davon.
Nuramon folgte seinem Freund mit dem Blick. Der Jarl hatte nur dieses eine Leben. Zumindest hieß es, dass Menschen nicht wiedergeboren würden. Nuramon hatte Angst um Mandred und fürchtete dessen Tod ebenso wie den eigenen. Er wusste nicht, ob Mandred sie in die Andere Welt begleiten würde. Es würde ihn jedoch nicht wundern, wenn der Jarl das Angebot der Königin annähme und mit den Seinen hier in Albenmark bliebe.
»Komm, Nuramon!«, sagte Nomja. »Wir sollten zu unseren Leuten reiten.«
Gemeinsam gingen sie zu ihren Pferden. Schon wollte Nuramon aufsteigen, als er seinen Bogen an Felbions Sattel hängen sah. Er hatte vorhin beobachtet, wie die Schützen ihre Bogen gespannt hatten. Die Elfenkrieger hatten neue Sehnen auf ihre Bogen aufgezogen, so als wäre die Sehne das Leben und der Bogen selbst die unsterbliche Seele. Vor jeder Schlacht pflegten sie dieses Ritual zu wiederholen und eine neue Sehne zu spannen, so wie ein neues Leben sich um die Seele spannte. Doch bei Nuramon war es anders. Sein Leben und seine Seele waren nun eins. Denn er erinnerte sich an alles, was geschehen war. Und sein Bogen und dessen Sehne waren wie ein Zeichen, das ihm den Weg gewiesen hatte. Doch sie hatten ihre Rolle bereits gespielt. Einen Augenblick überlegte Nuramon, dann fasste er einen Entschluss. Er nahm den Bogen vom Sattel und trat zu Nomja. Die Elfe war schon aufgesessen. »Hier, Nomja, das möchte ich dir schenken.«
»Was?« Die Kriegerin schaute ihn verwundert an. »Warum?«
»Für deine Heldentat während der Seeschlacht… Und außerdem sollte die beste Schützin diesen Bogen tragen.«
Sie nahm die Waffe zögernd entgegen. »Ich wäre eine Närrin, dieses Geschenk abzulehnen. Ich danke dir.«
Nuramon stieg auf, und Seite an Seite ritt er mit Nomja zur linken Flanke. Dort erwarteten ihn die Reiter seiner Sippe. Jeder von ihnen war mit einem Kurz- und einem Langschwert bewaffnet. Die Alvemerer Reiter hatten rechts neben ihnen Stellung bezogen. Sie trugen kurze Lanzen und waren zusätzlich mit Langschwertern bewaffnet. Nomja kam links neben Nuramon heran und hielt sich so am Rande ihrer Reiterei. Nuramon konnte sehen, wie verwundert Nomjas Reiter über ihren neuen Bogen waren. Sie hatten Kurzbogen, die sie auf den Pferden leichter handhaben konnten, und Schwerter für den Nahkampf.
Das Warten schien kein Ende zu nehmen. Ab und an kamen Boten zu Nuramon und berichteten, dass es auch an der Shalyn Falah und den anderen Orten noch nicht zum Kampf gekommen sei. Dann endlich hieß es, der Feind werde in Kürze über die Hügel kommen. Nuramons Herz pochte. Hatte er etwa Angst? Fürchtete er, dass die Masse der Feinde sie erdrücken und sein kleiner Plan jämmerlich scheitern würde?
Da sah er weiße Banner, die sich hinter den Hügeln erhoben. Er musste nicht durch Alwerichs Fernrohr schauen, um zu wissen, dass der dunkle Fleck in der Mitte der Feldzeichen der Schwarze Baum des Tjured war.
Die ersten Feinde kamen in Sicht. Sie erschienen auf der ganzen Länge der Hügelkette und strömten langsam die Anhöhe herab; Reihen um Reihen folgten ihnen.
Nuramon nahm das Fernrohr und spähte hindurch. Zuerst sah er nur Silber und Gold, doch dann erkannte er die Krieger. Es hieß, die Mehrheit der Gegner komme aus dem wilden Drusna. Ihre Rüstungen waren ganz aus Metall und verliehen ihnen breite Schultern. Die Helme glänzten silbern im Sonnenlicht. Golden aber waren ihre Gesichter, denn sie trugen Masken. Vor Schreck hielt Nuramon den Atem an. Diese Masken
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