Die Elfen
brauchst das Knie nicht vor der Elfenkönigin zu beugen.«
Mandred machte ein erstauntes Gesicht und schwieg.
»Ihr anderen: erhebt euch!« Auch diese Worte sprach Emerelle auf Fjordländisch. Einige der Anwesenden waren dieser Sprache offenbar nicht mächtig und blickten verstimmt drein.
Fjordländisch! Noroelles Eltern hatten ihr viele Menschensprachen beigebracht, und doch hatte Noroelle Albenmark noch nie verlassen. Das wilde Land der Menschen hatte sie sich bislang nur in ihrer Vorstellung ausmalen können.
Die Königin wandte sich wiederum an Mandred. »Du hast aus meinen Händen eine zweifache Würde empfangen. Du bist der erste Menschensohn, der Teil der Elfenjagd ist. Und ich habe dich außerdem zum Anführer berufen. Ich kann von dir nicht erwarten, dass du dich wie ein Elf benimmst. Deine Wahl hat viele Albenkinder empört. Aber die Macht Atta Aikhjartos ist in dir lebendig. Ich vertraue deinem Gespür. Keiner von uns kennt deine Heimat so, wie du sie kennst. Du wirst deinen Gefährten ein guter Anführer sein. Aber bei allem, was du tust, vergiss nicht, was du mir versprochen hast.«
»Ich halte mein Verspechen, Herrin.«
Noroelle hatte erfahren, welchen Pakt der Menschsohn mit der Königin geschlossen hatte. Sie musterte Mandred und war von seinem Auftreten überrascht. Bisher hatte sie keine Gelegenheit gehabt, ihn zu sehen, da sie erst spät am vergangenen Abend an den Hof gekommen war. Und in den Palastflügel, in dem die Gemächer der Elfenjäger lagen, hatte sie sich nicht vor ge wagt. Doch sie hatte die verschiedenen Gerüchte über Mandred gehört, wenngleich nicht alle zu ihm passen wollten. Gewiss, er war breit wie ein Bär und sah auf den ersten Blick bedrohlich aus mit all seinem Haar, das rot war wie der Sonnenuntergang und ihm ungezügelt auf die Schultern fiel. Er hatte einige dünne Zöpfe hinein geflochten und trug einen Bart wie viele der Kentauren. Seine Züge waren grob, aber ehrlich. Er erschien ihr ungewöhnlich blass, und dunkle Ringe lagen unter seinen Augen. Vielleicht hatte er vor Aufregung nicht geschlafen? Gewiss war er sehr stolz auf die Ehrung durch die Königin. Er trug nun große Verantwortung. Noroelle erschauderte bei dem Gedanken, welchen Preis er für die Hilfe zu zahlen hatte. Sie würde ihr Kind niemals aufgeben, wenn sie überhaupt einmal eines bekommen sollte. Nachdenklich musterte sie ihre beiden Geliebten. Die Frage war wohl nicht, ob, sondern mit wem sie ein Kind bekommen würde.
Als hätte er ihre Gedanken gehört, musterte Mandred sie kurz und lächelte dann. Obilee fasste ihre Hand. Sie zitterte. Noroelle blieb ruhig und schaute dem Menschensohn in die blauen Augen. Das war nicht der lüsterne Blick, von dem man sich hier am Hof erzählte. So grob seine Gestalt auch wirkte, so viel Gefühl lag in seinen Augen. In seiner Gegenwart konnte man sich sicher fühlen, und ihm konnte sie beruhigt ihre beiden Liebsten anvertrauen. Sie blickte zu Nuramon und Farodin. Seit sie vor zwanzig Jahren ihre Liebe zu ihr erkannt hatten, war stets einer der beiden in ihrer Nähe gewesen. Nun würde sie für unbestimmte Zeit allein sein.
»Ihr wisst, was zu tun ist«, sagte die Königin. »Ihr seid ausgestattet und ausgeruht. Seid ihr bereit zu gehen?«
Jeder der Elfenjäger antwortete einzeln mit den Worten: »Ich bin bereit.«
»Farodin und Nuramon, tretet vor!« Die beiden taten, was Emerelle verlangte. »Ich bin eure Königin, und ihr steht unter meinem Schutz. Aber ihr dient auch einer Minneherrin. Und ich kann nicht für sie sprechen. Sie hat entschieden.« Sie ging zu Noroelle und führte sie die Stufen hinab zu Farodin und Nuramon. Obilee folgte. »Hier ist sie.«
Noroelle nahm die beiden Männer bei der Hand und sagte: »Dient ihr mir, dann dient ihr der Königin.«
»So werden wir stets der Königin dienen«, erklärte Farodin darauf.
»Mögen unsere Taten euch beide erfreuen«, setzte Nuramon nach.
Sie küssten ihre Hände.
Noroelle wusste, dass nun der Abschied bevorstand. Doch es war zu früh, sie wollte ihren Liebsten nicht hier vor den Augen aller Lebewohl sagen. »Eure Minneherrin hat noch einen Wunsch. Sie möchte euch bis zum Tor des Aikhjarto begleiten.«
Farodin tauschte einen Blick mit Nuramon. »Wir müssen tun, was die Minneherrin verlangt.«
Die Königin lächelte und nahm Noroelle wie auch Obilee bei der Hand. »Hier, Mandred, bringe ich dir zwei, die bis zum Tor unter deinem Schutz stehen.
Behandle sie gut.«
»Das werd ich.«
Die
Weitere Kostenlose Bücher