Die Elfen
all seine Versuche, die Schmerzen zu zerstreuen, scheiterten. So traf es ihn wie ein Blitz in den Kopf. Er wusste, er hätte nur loslassen müssen, und der Schmerz wäre vorüber. Aber Aigilaos wäre dann verloren.
Da waren nicht nur die zahlreichen Wunden, nicht nur der große Schaden, der durch die Bauchwunde entstanden war; es gab auch etwas anderes, etwas, das Nuramon nicht zu fassen bekam. War es ein Gift? Oder gar ein Zauber? Nuramon versuchte sich zu entspannen, doch der Schmerz war zu groß. Er spürte, wie seine Hände verkrampften und er am ganzen Oberkörper zu zittern begann.
»Nuramon! Nuramon!«, hörte er eine raue Stimme schreien. »Bei allen Göttern!«
»Still! Er heilt ihn!«, rief die Stimme eines Elfen. »O Nuramon!«
Der Schmerz wuchs, und Nuramon biss die Zähne zusammen. Es schien kein Ende der Qualen zu geben. Sie wuchsen und wuchsen. Er spürte, wie ihm die Sinne schwanden.
Für einen Moment musste Nuramon an Noroelle denken. Und mit einem Mal war der Schmerz fort.
Es war still.
Nuramon öffnete langsam die Augen und sah Farodins Gesicht über sich. »Sag etwas, Nuramon!«
»Aigilaos?«, war alles, was ihm über die Lippen kam.
Farodin blickte zur Seite, dann wieder zu ihm und schüttelte den Kopf.
Neben sich hörte er Mandred rufen: »Nein. Wach auf! Wach wieder auf! Geh nicht so! Sag mir noch etwas!«
Aber der Kentaur schwieg.
Nuramon versuchte sich aufzurichten. Langsam kehrten seine Kräfte zurück. Farodin half ihm auf. »Du hättest sterben können«, flüsterte er.
Nuramon starrte auf Aigilaos hinab; Mandred hatte sich über ihn gebeugt und weinte. Die Züge des toten Kentauren wirkten zwar entspannt, aber sein Leichnam bot immer noch einen erschreckenden Anblick.
»Hast du vergessen, was du Noroelle versprochen hast?«
»Nein, das habe ich nicht«, flüsterte Nuramon. »Und deswegen musste Aigilaos sterben.«
Nuramon wollte sich abwenden und gehen, doch Farodin hielt ihn fest. »Du hättest ihn nicht retten können.«
»Aber was, wenn er zu retten gewesen wäre?«
Farodin schwieg.
Mandred stand auf und wandte sich ihnen zu. »Hat er noch etwas gesagt?« Der Menschensohn blickte Nuramon erwartungsvoll an.
»Er wünschte mir Glück.«
»Du hast alles versucht. Das weiß ich.« Mandreds Worte vermochten Nuramon nicht zu trösten.
Er nahm das Schwert auf, betrachtete es und dachte an Aigilaos' Wunsch. Das konnte er Mandred nicht sagen.
»Was ist geschehen? Und wo ist Brandan?«, fragte Farodin.
»Ich habe keine Ahnung«, entgegnete Nuramon langsam.
Mandred schüttelte den Kopf. »Wir können von Glück sagen, wenn er noch lebt.« Er blickte auf Aigilaos und atmete geräuschvoll aus. »Bei allen Göttern! Niemand sollte so sterben.« Dann schaute er sich um. »Verdammt! Es ist viel zu dunkel geworden!«
»Dann lasst uns Brandan rasch finden«, sagte Farodin.
Sie warfen noch einen Blick auf Aigilaos und beschlossen, ihn später in der Nacht zu holen, sollte dies irgendwie möglich sein.
Nuramon führte Farodin und Mandred zurück zu Brandans Spur. Es war inzwischen Nacht geworden. »Hätte ich doch nur die Barinsteine aus dem Lager mitgenommen!«, sagte Farodin. Die Spur war an sich schon schwer zu verfolgen, aber im Dunkeln war es aussichtslos. So gute Fährtenleser waren sie nicht.
Mit einem Mal erhob sich ein Stück hinter ihnen ein monströses Geheul. Die drei wandten sich um. Dann rief Mandred: »Das Lager! Los!«
Sie hetzten zurück. Dabei erschien es Nuramon, als hätte Mandred große Schwierigkeiten, sich in der Dunkelheit zu bewegen. Dauernd streifte er niedrige Äste, bis er sich schließlich hinter Farodin zurückfallen ließ, um ihm nachzulaufen. Der Menschensohn fluchte darüber, dass er bis zu den Waden im Schnee versank, während die Elfen sich leichtfüßig darüber hinwegbewegten.
Endlich erreichten sie das Lager. Es war verlassen.
Das Feuer brannte, und die Pferde standen still. Vanna, Lijema und die Wölfe aber waren verschwunden. Während Farodin neben seinen Satteltaschen kniete, umkreiste Nuramon das Lager und suchte nach Spuren. Mandred war wie gelähmt. Er dachte wohl, alles wäre verloren.
Im Wald war es still.
Nuramon fand die Spuren der Wölfe und Elfen, sie führten am Waldrand entlang. Kampfspuren oder Ähnliches waren nicht zu sehen. Kaum hatte er seinen Gefährten die Entdeckung verkündet, warf Farodin ihm und Mandred je einen Barinstein zu. Sie waren klar und leuchteten in weißem Licht.
Als ihnen lautes Geheul tief aus
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