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Die Elfen

Die Elfen

Titel: Die Elfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen , James Sullivan
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klang es länger, mal kürzer. Vielleicht war es ein Tier dieses Waldes. Ebenso gut konnte es der Manneber sein.
    Vorsichtig ließ Nuramon die Hand zum Schwert gleiten. Er überlegte, ob er nach Aigilaos und Brandan rufen sollte, entschied sich dann aber dagegen. Der launische Kentaur würde seine Pfeile auf ihn richten, wenn er durch einen unbedachten Ruf das Wild vertrieb.
    Das Geräusch schien ganz in der Nähe zu sein. Aber Nuramon wollte sich nicht zu sehr auf seine Sinne verlassen. Diese Welt war ihm zu sinnenverwirrend! Er hatte sich heute oft genug mit seinen Augen getäuscht. Das mochte mit seinen Ohren ebenso geschehen.
    Behutsam verließ Nuramon Aigilaos' Spur, um dem Zischen nachzugehen. Bald sah er eine Lichtung zwischen den Bäumen. Von dort schien das Geräusch zu kommen.
    Am Rand der Lichtung angekommen, versuchte Nuramon etwas zu erkennen. Etwa in der Mitte standen drei Eichen. Ein unangenehmer Geruch wurde vom Wind zu ihm getragen und ließ ihn einen Augenblick verharren. Irgendetwas stimmte nicht an diesem Geruch. Aber was stimmte in dieser Welt schon für Elfensinne?
    Vorsichtig trat er auf die Lichtung und schaute sich um. Es war niemand zu sehen. Aber mit jedem Schritt, den er machte, wurde das Zischen lauter. Was immer es war, hinter den drei Bäumen auf dieser Lichtung musste sein Ursprung liegen. Nuramons Hand umfasste den kühlen Knauf seines Schwertes fester.
    Als Nuramon fast bei den Bäumen angekommen war, erblickte er zu seiner Linken eine breite Fährte, die vom Wald her kam. Das waren Aigilaos' Spuren!
    Er hastete den drei Eichen entgegen. Das Zischen war nun entsetzlich laut und langatmig. Er sah einen zerbrochenen Stirnreif im Schnee. Rasch umrundete er die kleine Baumgruppe - und glaubte seinen Augen nicht zu trauen.
    Vor ihm im Schnee erblickte er Aigilaos! Sein Kopf war weit in den Nacken zurückgebogen, und mit offenem Mund stieß er dieses Zischen aus. Sein gelockter Bart war von Blut verklebt. Am Hals sah Nuramon vier schmale Wunden. Wären sie nicht gewesen, hätte man die Schreie des Kentauren gewiss im ganzen Wald gehört. Doch so war er kaum mehr fähig, einen Laut von sich zu geben. Man hatte ihm wahrhaftig die Stimme abgeschnitten. Sein Schrei war nichts weiter als ein langer Luftzug, der ihm aus dem Rachen wehte.
    In Aigilaos' Gesicht lag mehr Schmerz, als Nuramon je bei einem Wesen gesehen hatte. Seine Augen waren weit aufgerissen. Immer wieder verkrampfte er sich, wollte schreien, und konnte doch nur ein klägliches Zischen hervorbringen.
    Die vier Läufe des Kentauren waren gebrochen, bei einem ragte gar der Knochen hervor. Sein langer Bauch war aufgeschlitzt. Eine gefrorene Blutlache hatte sich im Schnee gebildet, und ein Teil der Innereien quoll heraus. Einer der Arme lag unter seinem Körper begraben, der andere war ausgekugelt und wie die Beine gebrochen. Sein Fell war von breiten Wunden gezeichnet, als hätte ihn ein Raubtier angefallen.
    Nuramon vermochte sich den Schmerz nicht vorzustellen, den Aigilaos verspüren musste. Er hatte noch nie ein Lebewesen gesehen, das so zugerichtet war wie der Kentaur.
    »Farodin! Mandred!«, rief er, unschlüssig, ob er Hilfe holen oder aber den Versuch wagen sollte, etwas für Aigilaos zu tun. Er blickte auf seine Hände hinab und sah, wie sie zitterten. Er musste einfach etwas tun! Seine Gefährten im Lager hatten ihn gewiss gehört.
    »Ich werde dir helfen, Aigilaos!«
    Der Kentaur hörte mit seinem stimmlosen Schreien auf und blickte Nuramon mit bebender Miene an.
    Es war aussichtslos. Die Bauchwunde allein würde den Kentauren umbringen. Die Halswunden hatten ebenfalls viel Schaden angerichtet. Sollte er den Kentauren anlügen? »Ich werde erst einmal deine Schmerzen lindern.« Nuramon legte die Hände auf Aigilaos' Stirn und blickte ihm in die tränenden Augen. Es war ein Wunder, dass er überhaupt noch bei Bewusstsein war. »Nur noch einen Augenblick!«, sagte Nuramon und konzentrierte sich auf den Zauber.
    Er begann mit einem Kribbeln in den Fingerspitzen. Nuramon achtete auf seinen Puls und spürte, wie kühle Schauer durch seine Arme zu den Händen hinabliefen. Unter seinen Fingern fühlte er, wie sich Aigilaos' Stirn wärmte. Er konnte den rasenden Puls des Kentauren spüren und merkte, wie sein eigener Herzschlag sich zunächst an den des Gefährten anpasste. Dann verlangsamten sich beide Herzschläge, und Aigilaos wurde ruhiger. So viel war geschafft, auch wenn der Kentaur nicht mehr zu retten war.
    Als Nuramon die

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